Man darf mir keine nackten Smartphones anvertrauen. Mein neues ist kaum eine Woche alt und hat bereits eine Delle im Rahmen als hätte ich damit Squash gespielt. Jetzt trägt es standesgemäß Kondom und Folie. Aber das nur am Rande.
Die Feiertage waren ein interessantes Sozialexperiment, wie jedes Jahr, wir pflegen Traditionen, komme was wolle. Selbst einwöchiges, penetrantes Pfeifen im Ohr kann da nichts dran ändern; und auch das Pfeifen haben wir traditionsbewusst gehandelt. Ungefähr sieben Stimmen in meinem Kopf verfallen stehenden Fußes in Panik, ziehen sich an den Haaren, reißen anklagend die Hände gen Himmel und schreien unisono etwas in Richtung von DU MUSST STERBEN!, während eine einzelne Stimme sich indigniert den Staub von den Ärmeln streicht und dabei würdevoll unter gehobenen Brauen die Augen schließt und mit leiser, aber bestimmter Stimme Einwände anmeldet; es könnte ja auch sein, dass man nur gestresst ist, und vielleicht, ja ganz eventuell doch überleben könnte. Die sieben übrigen Stimmen halten dann in der Regel kurz inne und starren die einzelne Stimme entgeistert an, die die Gelegenheit nutzt, um erhaben wieder die Augen zu öffnen und aufgeräumt zurückzusehen. Für gewöhnlich wüten Stimmen 1 - 7 daraufhin weiter und Stimme 8 seufzt. Dennoch schaffe ich es gelegentlich, mich zu ihr in den Ohrenbackensessel zu zwängen, eine Pfeife zu rauchen und eine halbmondförmige Lesebrille aufzusetzen, die ich nicht brauche, und abzuwarten. Da ich immer noch unter den Lebenden weile, liegt die Vermutung nahe, dass Stimme 8 recht hatte. Stimmen 1 - 7 schmollen vorübergehend und proben derweil effektvolles Augenaufreißen, denn! Das nächste nicht identifizierte Ziepen kommt mit Sicherheit.
Feiertage und Silvester also, Zeitraffer. Wieder hinter uns. Wieder ein neues Jahr mit neuer Nummer, ein Schaltjahr; ich mag Schaltjahre. Bis Ende Februar ist es noch unangenehm weit. Vielleicht ist das auch gut, man sollte nicht immer nur darauf warten, dass irgendetwas vorbei ist, sondern das jetzt nehmen. Und andere arme Weisheiten zum Jahresbeginn.
Jetzt erstmal mitten rein in die posttraumatischen Stresstage nach Neujahr, in die weißen, stillen Tage Anfang Januar, während derer man das Gefühl hat, nicht einfach zwischen den Jahren, sondern zwischen den Zeiten und irgendwo in der Ritze zwischen verschiedenen Universen festzustecken, nichts ist wie zuvor und trotzdem ist alles gleich, man erwartet Neues und bekommt dasselbe wie immer, nur heller und kälter; man watet durch den seifigen Untergrund und kommt nicht recht voran, verliert sich aber in den schillernden Regenbögen auf dem Boden - niemand weiß, wohin mit sich, das neue Jahr am allerwenigsten, die Welt ist im Standbild eingefroren und tut ein paar seltsame, leere Tage lang nichts, als zwielichtig zu glitzern dabei, geräuschlos und irgendwie gefühllos wie ein Eiszapfen im Wald.
Ich will Frühling. Ich will morgens mit meinem Familieneimer Kaffee auf der Terrasse stehen und dem Raureif auf dem verbliebenen Gras dabei zusehen, wie er wegtaut, wie die Sonne langsam hinter den umliegenden Häusern hochkriecht und die Wildtauben beim Gurren beleuchtet. Ja, ich will irgendwo im Grünen sein, wenn der Frühling kommt, will wie Ronja Räubertochter durch den Wald rennen und schreien, so laut ich kann, um dem Winter leck mich zu sagen, und dem Frühling Willkommen. Willkommen Licht und Wärme und Neuanfang.
Irgendwie bin ich der Stadt gerade überdrüssig. Was seltsam ist, weil ich die vergangenen zwei Wochen in der tiefsten Pampa zugebracht habe, der Regelfall wäre erleichtertes Aufatmen, endlich wieder U-Bahn fahren zu können (endlich wieder überhaupt irgendwelche Öffis nehmen zu können; das heißt, häufiger als einmal die Stunde). Aber irgendwie - nein.
Gestern habe ich The End Of The Tour zum zweiten Mal gesehen. Jeder, der gerade eine ausgewachsene David Foster Wallace Obssession ausbrütet (so wie ich - ja, ich bin mir der Möglichkeit bewusst, dass ich damit in meinem näheren Umfeld zurzeit allein auf weiter Flur bin) sollte sich das mal anschauen, und am besten die präferierte Fassung von Infinite Jest oder auch Unendlicher Spaß (das käme jetzt auf die gewählte Präferenz an; und es ist keine Schande, dieses Buch auf Deutsch zu lesen, liebe fellow anglophiles, absolut keine Schande) griffbereit haben, denn, oh! Da tun sich Welten auf. Und Abgründe zwischen Welten, zwischen dem eigenen Schreiben und dem eines David Foster Wallace zum Beispiel, aber darüber sollte man der geistigen Gesundheit zuliebe nicht zuviel nachdenken. In jedem Fall lohnt es sich, beides, Film wie Buch, wobei ich beim Buch bislang nur wenig sagen kann. Ich erreiche Seite 100 (von ... 1500?) und erahne so langsam, was ich auf die ungeliebte Frage "Und worum gehts da?" antworten könnte. Vielleicht.
In jedem Fall aber - Frühling. The End Of The Tour spielt zu Teilen in der Abgeschiedenheit irgendwo in Illinois, und irgendwas daran fasziniert mich gerade fast so sehr wie die Sätze im genannten Buch, die sich über eineinhalb Seiten erstrecken, Fußnoten nicht eingerechnet. Morgens aufwachen (ja, morgens. In meinem Kopf werde ich in ländlichen Gegenden automatisch zum Frühaufsteher) und raus in den Schnee gehen, auf dem die Sonne gleißt und blendet und den Kaffee wilder dampfen lässt als eine Achtzigerdisko gegen zwei Uhr morgens. Alleine, nicht denken, nur schauen und warten und sein. Einfach nur sein und nicht grübeln, akzeptieren statt ändern wollen, im Nichts und im Schnee und im langsam über die Schneedecke, den Raureif, die im aktuellen Szenario am besten abwesenden Häuserfronten gegenüber kriechenden Frühling existieren. Dann wieder reingehen, wenn es zu kalt wird, und mehr Kaffee kochen. Sein und leben. Manchmal gar nicht so einfach.
Ich bin mir im Klaren darüber, dass meine mentale Landflucht momentan vermutlich mehr Ausdruck eines gewissen, uns natürlich vollkommen unbekannten, Fluchtinstinkts ist, der allem Anschein nach gerade mal wieder beschlossen hat, den Status quo für dumm zu erklären (wer könnte es ihm verübeln), und dass das Ganze weniger mit dem ländlichen Illinois zu tun hat als mit dem Drang, einfach irgendwo anders zu sein, am besten irgendjemand anders zu sein, aber das hat sich in der Vergangenheit ja schon mehrmals als schwieriger in die Tat umzusetzen erwiesen, also geben wir uns mal keinen Illusionen hin hier. Trotzdem. Gründe und Wahnvorstellungen mal beiseite, ein bisschen Abgeschiedenheit und Ruhe im Schnee wären geradezu fantastisch zurzeit. Geht nicht. Stattdessen lesen wir eben den Unendlichen Spaß. Zumindest der Titel suggeriert ja bessere Zeiten (der Rest nicht, aber das mal beiseite).
Und sonst so? Tja mal sehen. Heute sitzen und lesen. Alles weitere wird sich finden.
Frohes Neues, allerseits! Schön, mein Inneres mit euch zu teilen. Ich hoffe, ihr seid wohlauf. Alles weitere - wird sich finden.
Sonntag, 3. Januar 2016
Montag, 21. Dezember 2015
Des Drärchens unnötige Fortsetzung, Teil III
3. Akt,
2. Szene
Wenig später vor der königlichen Bühne. Es dämmert bereits. Einige
Fackeln wurden angezündet. Die Dorfbewohner haben sich reichlich mit Snacks und
Getränken versorgt und johlen auf der einen Hälfte der Zuschauerränge, während
der Hofstaat auf der anderen Seite still auf seine Linie achtet und sich damit
begnügt, dem Pöbel spitze Blicke zuzuwerfen und ab und an in Ohnmacht zu
fallen. Gelegentlich sieht man ein Gesicht durch den Vorhang auf der Bühne
spähen, entsetzt die Augen aufreißen und sich hastig wieder hinter dem Stoff
verstecken. Hinter den Zuschauern sitzen Gustavo und der Handlanger im ersten
Stock des Schlosses auf den königlichen Rängen und lächeln tapfer, gelegentlich
winken sie auch. Der Handlanger wirkt ein wenig blass.
HANDLANGER (nervös): Müsste
es nicht bald anfangen?
GUSTAVO (betont ruhig):
Mach dir keine Sorgen, Schatz.
HANDLANGER (nickt und streicht sich dabei fahrig die Halskrause glatt):
Natürlich … keine Sorgen … (schließt die Augen, atmet tief) Ich bin
eine Topfpflanze … nichts kann mir
etwas anhaben …
GUSTAVO (legt ergeben
die Stirn in Falten und sieht den Handlanger lang an; murmelt dann kopfschüttelnd zu sich selbst):
Ich muss unbedingt ein Wörtchen mit dem Entspannungsgärtner wechseln.
Vor der Bühne werden die Fackeln gelöscht und der dissonante Kammerton
der königlichen Trompeten und der königlichen Triangel verstummt nach und nach.
Übrig bleibt nur das gleichmäßige Pauken der Pauke, das auch das Öffnen des
Vorhangs untermalt. Dahinter steht ein einsamer, gelangweilter Schauspieler in
Königinnenrobe und beruft sich im Stillen auf Brecht, während er zu seinem
ersten Satz ansetzt.
GELANGWEILTER
SCHAUSPIELER 1: Oh! Schon wieder ist es Weihnachten!
STATISTEN (strömen auf
die Bühne, formieren sich, und beginnen zu singen): Weihnachten! Weihnachten!
URALTER MANN (mit
durchdringender Stimme von den Zuschauerrängen): Jetzt machen die auch noch diesen Scheiß!
Eine Schippe Gelee fliegt entschlossen auf die Bühne und klatscht gelangweiltem
Schauspieler 1 ins Gesicht.
GELANGWEILTER
SCHAUSPIELER 1 (bleibt stehen, starrt in die Menge und durchbricht damit aus Versehen die vierte Wand. Am
Bühnenrand sieht man den königlichen Intendanten
die Hände über dem Kopf zusammenschlagen): Wer war das?!
Aus der Menge hört man eine durchdringende Stimme kichern. Die
tanzenden Statisten hören nacheinander auf zu singen und werfen dem Intendanten
unsichere Blicke zu. Dieser gestikuliert wild, sie sollen weitermachen, was
aber keiner tut. Stattdessen beginnt einer der Statisten zackig zu steppen. Die
anderen werfen ihm befremdete Blicke zu, die er ignoriert, bis ihn ein Kürbis
trifft.
GELANGWEILTER
SCHAUSPIELER 1: Und wenn wir bis morgen früh hier sitzen!
Keiner antwortet ihm. Am Bühnenrand sieht man den Intendanten weinen.
Dann wird er resolut mit einem Brett niedergeschlagen und hört auf zu weinen,
stattdessen geht er zu Boden. Der einsame Rächer betrachtet ihn und nickt
zufrieden. Dann winkt er hinter sich, setzt sich auf den Boden und packt ein
Sandwich aus.
KNOCHIGE FRAU (tritt
leise hinter gelangweiltem Schauspieler 1 und den Statisten auf die Bühne): So höret mich an, Volk!
Das Volk beachtet sie nicht, sondern wirft einige Tomaten auf die
Statisten.
KNOCHIGE FRAU
(räuspert sich nachdrücklich): So höret - ! (Eine Tomate fliegt haarscharf an ihr vorbei. Sie überlegt kurz, dann geht sie entschlossen auf Meger Vohn zu): Du
da! Komm und hilf mir.
MEGER VOHN (verwirrt):
Soll ich nun singen?
STIMME AUS DER MENGE: Bitte nicht …
KNOCHIGE FRAU: Du sollst sie zum
Schweigen bringen.
MEGER VOHN: Aber …
KNOCHIGE FRAU: Sag ihnen, sie
sollen leise sein.
MEGER VOHN (vollkommen
durcheinander): Aber wer sind sie denn überhaupt?
KNOCHIGE FRAU (mit lauter Stimme in die
unpraktischerweise genau in diesem Moment eintretende,
kurze Stille, in der ihre Worte ausnehmend gut über den extra dafür konzipierten Platz vor der Bühne tragen und
auch noch bis in die unterirdischen Küchen
der königlichen Kinderarbeiter dringen): ICH BIN DIE SCHWESTER DER KÖNIGIN!
Eisiges Schweigen flutet über die Menge.
Eine Tomate bleibt erschrocken in der Luft stehen und geht daraufhin klatschend
zu Boden. Alle Augen sind auf die Schwester der Königin gerichtet. Irgendwo aus
der Menge hört man zustimmendes Murmeln, die Ähnlichkeit sei in der Tat
unverkennbar. Im ersten Stock des Schlosses sieht man den Handlanger sich ans
Herz fassen und diskret umfallen. Gustavo stürzt sich auf ihn und ruft etwas in
die Tiefen des Schlosses, dann fühlt er den Puls des Handlangers und beginnt
mit der Herzmassage. Seine festliche Stola wippt im Takt.
DIE SCHWESTER DER KÖNIGIN (überrascht von der plötzlichen
Aufmerksamkeit): Ja … Ich
bin die rechtmäßige Thronanwärterin, und keiner wird mich von meinem Recht abhalten können!
Das Volk starrt sie nach wie vor ungläubig
an. Das einzige Geräusch in der Stille ist das leise Zählen Gustavos und
schließlich das Röcheln des Handlangers. Die Schwester der Königin steht ein
wenig unentschlossen auf der Bühne und bemüht sich, königlich auf die Menschen
hinabzusehen. Der einsame Rächer verschluckt sich an seinem Sandwich und
beginnt zu husten.
Dann kriecht auf einmal ein kalter Windhauch
über den Platz und die verbliebenen Fackeln hauchen knatternd ihr Leben aus. Es
wird dunkel, Gemurmel kommt auf. Man hört unerklärlicherweise hallende Schritte
das Theater betreten und die Stille darum herum scheint undurchdringlich zu
werden. Ein einziges Spotlight geht an und zeigt den Zauberer in seinem Umhang.
ZAUBERER (an die Schwester der Königin gewandt): So musste es ja
kommen!
DIE SCHWESTER DER KÖNIGIN (ungeduldig): Und Sie sind - ?
EINSAMER RÄCHER (schaut um die Ecke, sieht den Zauberer und beginnt
wieder zu husten, wobei
er rot anläuft, wofür es verschiedene Ursachen geben könnte)
ZAUBERER (drohend): Ich bin der, der deine Schwester zu Fall
gebracht hat …
DIE SCHWESTER DER KÖNIGIN (mustert ihn von Kopf bis Fuß und fragt, zweifelnd
bis mitleidig):
… wirklich?
ZAUBERER (bemüht sich
sehr, den Einwurf zu überhören und weiterhin ein gewisses Maß an
Autorität zu projizieren):
WIRKLICH! (seine Stimme hallt ebenso unerklärlich
wie seine Schritte. Einige Höflinge sehen ihn ehrfürchtig an. Der Zauberer fährt leiser fort und fixiert die Schwester der Königin durchdringend) Aber dich werde ich nicht zu Fall bringen …
DIE SCHWESTER DER KÖNIGIN (herablassend): Das dachte ich mir. (Als die durchdringende
Stille sich nicht legt, legt sie stattdessen ihre Stirn in Falten. Der Pöbel
sowie die Höflinge sehen sie düster an. Der Handlanger steht wieder aufrecht, wenngleich auf Gustavo gestützt
und ein wenig grau im Gesicht. Der Statist von zuvor
versucht einige, auflockernde Steppschritte und wird von seinem Nachbarn k.o. geschlagen. Dann wenden sich
gleichzeitig alle Blicke dem Zauberer zu, dessen Stimme wie nordisches Grollen in Asgard über den Theaterplatz
rollt)
ZAUBERER (wie oben beschrieben): Das Volk wird das tun.
Das Volk nickt hemmungslos und sieht wieder
auf die Bühne. Dann schwemmt nach und nach erst Verunsicherung, dann Erkenntnis
über die Gesichter. Höflinge wie Pöbel sehen sich untereinander ratlos, dann
immer entschlossener an. Schließlich beginnt einer von ihnen laut zu schreien,
die anderen stimmen ein. Es dauert nicht lange, ehe Hofstaat und Dorfbewohner
an geschlossener Front auf die Bühne stürmen und auf die Schwester der Königin
losgehen, die zwar noch versucht, ihre Gewänder zu raffen und davonzueilen, aber
zu langsam ist. Der einsame Rächer tut mehr oder weniger gekonnt, als würde er
ihre schrillen Aufrufe, ihr zu helfen, nicht hören, und betrachtet eingehend
einen Fleck auf seinem Sandwichpapier. Der ehemals steppende Statist wacht
wieder auf und schlägt seinen Nachbarn k.o. Im ersten Stock des Schlosses sieht
man Gustavo und den Handlanger sich unbemerkt küssen. Tomaten, faulige
Kürbisse, Gelee und Lametta fliegen feierlich durch die Luft. Dann fliegen
Fetzen der Gewänder der Schwester der Königin in die Höhe und die Angehörigen
des Hofstaats, die das Pech hatten, zu nah dran zu stehen, in Ohnmacht. Das königliche
Trompetenorchester und die königliche Triangel stimmen gemeinsam mit der Pauke
einen treibenden Marsch an. Ein wenig am Rand sieht man ein paar betrunkene
Eichhörnchen mit einem ganzkörperbandagierten Geier schunkeln. Der
Zauberlehrling und Jutta entfernen sich unauffällig aus der Menge und
verschwinden hinter einem Gebüsch. Alkohol fließt in Strömen und das Volk
feiert.
Etwas abseits steht eine dunkle Figur in
einem langen Mantel, deren Anwesenheit bereits wieder vergessen wurde, was
genau ist, was von der dunklen Figur im langen Mantel, bei der es sich
natürlich um den Zauberer handelt, antizipiert wurde. Langsam rückt der Lärm
der Feier in den Hintergrund und die Lichter dimmen sich, bis nur noch er im
Spotlight steht und das Treiben schweigsam beobachtet. Dann dreht er sich um
und schreitet mit wehendem Mantel langsam von der Bühne, das Licht folgt ihm, und erstirbt letztendlich ganz.
Vorhang.
Nachhall
Ist die Wut nur groß
genug
Bedarf es keiner
Monster mehr
Da gibt die Wut an
sich
Genug schon her.
So gings ins Land,
das Weihnachtsfest,
Nach dem Sturz der
Königin.
Auch ihre Schwester
ist nun hin
Und ward gefunden
wenig später
Einen knappen
Kilometer
Weiter südlich.
Bleibt nur zu hoffen
für die Zukunft,
Dass die Royals es nun
belassen.
Dem Volk jedoch, dem
ists egal –
Denn scheinbar kann
es alles schaffen.
Doch für dieses Jahr
wars auch genug,
Ein weiteres Fest
ward vergonnen.
So viel nun zu: neu
ersonnen …
Frohe Weihnachten!
Samstag, 19. Dezember 2015
Des Drärchens unnötige Fortsetzung, Teil II
1.
Akt,
1. Szene
Weihnachten, früher Morgen. Die königliche Bühne. Die Generalprobe zum
Weihnachtsdrama, das anlässlich des ersten Jahrestages des Todes der Königin
aufgeführt werden soll (gegen Nachmittag), ist in vollem Gange.
GELANGWEILTER SCHAUSPIELER
1 (in Königinnenrobe und angemessen herablassend, was Teil der Rolle sein mag, oder auch nicht): Können wir
jetzt Frühstückspause machen?
GELANGWEILTER SCHAUSPIELER
2, 3 und 4 (nicken zustimmend)
KÖNIGLICHER INTENDANT
(mit leicht bebender Stimme): Wir hatten das geklärt, wir proben die Szene, wie die Königin im
Dorf ankommt, und dann können wir Pause
machen …
STATIST (aus dem
hinteren Teil der Bühne): Es ist aber schon beinahe acht.
KÖNIGLICHER INTENDANT
(fährt aufgebracht herum und sucht erfolglos den aufmüpfenden Statisten in der Menge der ansonsten angenehm
eingeschüchterten Höflinge, die
ihr Glück nicht fassen konnten, eine Rolle beim königlichen Weihnachtsdrama bekommen zu haben):
Wer war das?!
STATISTEN (Schweigen
unisono und äußerst unbefriedigend)
KÖNIGLICHER INTENDANT
(seufzt und reibt sich die Nasenwurzel; der Druck der drohenden Aufführung sprießt ihm in Form von übel
riechendem Schweiß aus jeder Pore): Gut,
dann also von vorne … Die Karawane kommt im Dorf an und die Königin beginnt, Geschenke des Pöbels
entgegenzunehmen …
LEISE STIMME VOM
BÜHNEHINTERGRUND: Der Handlanger hat gesagt, wir sollten die Dorfbewohner nicht ‚Pöbel‘ nennen.
KÖNIGLICHER INTENDANT (dramatisch;
gelegentlich fühlt er den Drang herauszustellen, dass er im Grunde der einzig wahre Schauspieler an der
königlichen Bühne ist, und nur aufgrund
eines blöden Fehlers die undankbare Rolle des Intendanten zugeschoben bekommen hat): So störet
mich nicht ewiglich mit euren niederen Gedanken!
Ich, und ich allein, …
Der königliche Intendant monologisiert mehrere Minuten. Die
Schauspieler ziehen nacheinander ihre Miniaturbarden[1]
aus den Taschen ihrer Kostüme und beginnen, gelangweilt darauf zu starren und
vereinzelte Nachrichten an ihre diversen Affären zu diktieren. Die Barden
machen blasierte Gesichter und entfernen sich zum Großteil zügig.
GELANGWEILTER SCHAUSPIELER
2 (deutet auf den Barden von Gelangweilter Schauspieler
4, der seit zwei Minuten versucht, mit leerem Ausdruck die Stufen der Bühne hinabzusteigen, aber nicht mit den
Füßen auf den Boden kommt): Was macht der
da?
GELANGWEILTER SCHAUSPIELER
4: Der hat Verbindungsprobleme in letzter Zeit.
GELANGWEILTER SCHAUSPIELER
2 (nickt wissend)
Der Intendant hat seinen Monolog beendet und sieht erwartungsvoll in
die Runde.
KÖNIGLICHER INTENDANT:
Also?
Schweigen macht sich breit, das nur vom elenden Röcheln des
Miniaturbarden von Gelangweilter Schauspieler 4 unterbrochen wird, der den
Barden verärgert vom Boden aufhebt und darauf herumdrückt, was darin endet,
dass der Barde einen Miniaturstrick aus seiner Tasche zieht und sich am
nächstbesten Balken aufhängt.
STIMME VOM
BÜHNENHINTERGRUND: Was? Entschuldigung, ich hatte gerade nicht zugehört.
KÖNIGLICHER INTENDANT
(explodiert, rein metaphorisch, aber mit hochrotem Gesicht): Was FÄLLT euch eigentlich ein …
Er wird von Gemurmel unterbrochen, ehe eine extrem laute Stimme, man
wäre beinahe versucht zu sagen: die lauteste Stimme der Welt, ihn unterbricht.
MEGER VOHN: TÄTÄTÄTÄÄ!
SO NEIGET EURE HÄUPTER; DER HANDLANGER!
Köpfe neigen sich zögerlich, während der Handlanger an Meger Vohn
herantritt.
HANDLANGER (leise,
dafür mit Nachtruck peinlich berührt): Wir hatten uns doch darauf geeinigt, dass Sie die königlichen
Trompeten nicht imitieren, falls die
Instrumente selbst unabkömmlich sind …
MEGER VOHN:
VERZEIHUNG!
HANDLANGER (zuckt
deutlich zusammen): Ist ja gut … Sie brauchen nicht so zu schreien …
MEGER VOHN:
SELBST- … Selbstverständlich.
KÖNIGLICHER INTENDANT
(nähert sich mit mühsam unterdrückt genervt schief gelegtem Kopf und interpretiert sein gequältes
Grinsen dabei aktiv als zuvorkommendes Lächeln
fehl): Eure Majestät! (knickst.
Gustavo kichert kokett im Hintergrund und erinnert
den Handlanger damit unbequem an die freizügige sexuelle Vergangenheit seines Gatten)
HANDLANGER: Ähm.
Ja. Ich wollte nur mal sehen, wie die Vorbereitungen so vonstatten gehen. Immerhin ist bereits Weihnachten und …
KÖNIGLICHER INTENDANT
(eilig): Das wissen wir natürlich, Eure Majestät.
HANDLANGER (irritiert;
sein Blick haftet seitlich an einem der gelangweilten Schauspieler, der eben sehr energisch seinen Miniaturbarden
mit einer kleinen Handkurbel aufzieht):
Äh – ja … Ich meinte. Sie wissen ja. Das Volk erwartet einiges. Wir leben in einem neuen Zeitalter und so weiter, Sie
kennen das. Stand alles im Pamphlet.
KÖNIGLICHER INTENDANT
(nickt eifrig und kann seine rechte Hand dabei nur knapp mit seiner linken Hand davon abhalten, sich dem
Handlanger in den Rücken zu legen und ihn
von der Bühne zu schieben)
HANDLANGER: Ja … (schüttelt einmal den Kopf und winkt
schließlich ab. Sofort dreht sich der
kleine Hofstaat, der ihn begleitet hatte, um und marschiert zurück in Richtung Schloss, sofort, nachdem sie den Karren
Lametta, den einige Dorfbewohner mühsam vorbeiziehen,
passieren haben lassen)
Der Intendant verdreht hinter ihnen heimlich die Augen und wendet sich
wieder seinen gelangweilten Schauspielern zu, nur, um einen eindrucksvollen
Blick darauf gewährt zu bekommen, wie sie geschlossen versuchen, im vorziehenden Baumbehang
ihr Spiegelbild zu erhaschen. Das Licht erstirbt, die letzten Geräusche, die
man wahrnimmt, sind das erneute Röcheln des Barden, untermalt vom leiser
werdenden Fluchen von gelangweilter Schauspieler 4. Vorhang.
1.
Akt,
2. Szene
Die Gemächer des Zauberers. In einer hohen, weitläufigen Halle befindet
sich, bis auf einige, leer an die Wand geschobene Umzugsweidenkörbe und einen
Karren, nichts. Im Dunkel hört man das leise, hektische Trippeln einer Ratte,
dicht gefolgt von einem deutlich lauteren, aber angestrengt unauffälligen
Trappen; kurz darauf lautes Quieken und Kaugeräusche. Vor dem Fenster sieht man
einen Uhu schuhuen; kurz darauf sticht die Silhouette eines großen Vogels, der
erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Geier hat, auf den Uhu hinab und fliegt
davon. In der Halle ist das lautere Trappen verstummt; ein leises Rülpsen dringt
durch die kalte Luft, ehe sich am hinteren Ende eine Tür öffnet, aus der sich
flackerndes Licht in den Raum ergießt. Dahinter sieht man den Zauberer gebeugt
an einem Tisch sitzen und primär die Stirn runzeln.
Im Labor des Zauberers. Hier neigen sich die billigen, schwedischen
Stellkästen, die die Wände bedecken, unter unzähligen Gläsern und Gefäßen.
Einige davon sind mit Schlössern verriegelt, andere mit Ketten an die Wand
geschmiedet. Ein paar getrocknete Ratten und Kröten sind zu sehen, ein
Ochsenhuf; ein wenig weiter rechts sitzt ein kleines, flauschiges Monster und
hüpft aufgeregt auf und ab. Daneben ein abgetrennter menschlicher Kopf, der den
unangenehmen Eindruck erweckt, sich gerne am Ohr kratzen zu wollen. Dazwischen
Unmengen von Büchern über Alchemie, Physiologie und Medizin; etwas weiter
hinten ein unauffällig an den Rand geschobenes Exemplar von 50 Shades of Grey.
Vor den Regalen sitzt der Zauberer und brütet. Neben ihm steht eine
Glaskugel, daneben befindet sich ein Kessel und sondert gelegentlich
unterdrückt hustende Rauchwolken ab. Wiederum daneben steht ein junger Mann und
starrt den Zauberer begierig an.
ZAUBERLEHRLING (hält
es nach mehreren Minuten Schweigen einfach nicht mehr aus): Meister
…
ZAUBERER (genervt): Nicht
jetzt!
ZAUBERLEHRLING (nach weiteren Minuten betretenen
Schweigens): Aber, Meister die …
ZAUBERER (ungehalten):
Ich habe nicht jetzt gesagt!
ZAUBERLEHRLING (nachdrücklich, dafür mit Beben in der
gelegentlich, sehr zu seinem Leidwesen,
immer noch brechenden Stimme): Aber Meister die Glaskugel!
ZAUBERER (wendet den Blick
unwillig auf die Glaskugel; das Design stößt ihm seit jeher sauer auf, aber seiner Zeit waren die
Glaswürfel aus und seither irgendwie aus der Mode
gekommen): Was ist denn … oh.
In der Glaskugel zeichnet sich zunehmend deutlicher das Bild einer knochigen
Frau und eines mürrischen Mannes ab, die sich dem Schloss zu Pferde nähern. Der
Zauberer beugt sich näher heran und dreht den Ton lauter. Sofort füllen die
Stimmen der beiden den Raum und bringen selbst das kleine, flauschige Monster
zum Stillsitzen.
MÜRRISCHER MANN: Wir
haben es beinahe geschafft!
KNOCHIGE FRAU (blickt versonnen auf das Schloss. Auf dem Weg
vor den Schlosstoren stehen bereits
unzählige Dorfbewohner, verteilen Popcorn und üben sich vorsorglich im lautstarken Rufen wüster Beschimpfungen und
Tomatenwerfen): Du hast recht, einsamer Rächer!
Der Zauberer runzelt die Stirn, lässt ein wenig zurücklaufen und hört
genau hin. Sie hat es wirklich gesagt. Der Zauberlehrling wippt unterdessen
eifrig von seinen Zehen auf die Fersen und zurück.
EINSAMER RÄCHER: Euer
Plan ist genial, Eure Hoh…
KNOCHIGE FRAU (fällt ihm ins Wort): Nennt mich noch nicht so! Obgleich es nur eine Frage der Zeit ist … (sie reibt ihre knochigen Hände
klischeehaft aneinander, dann kratzt
sie sich hektisch am Gesäß und wirft einen Kontrollblick auf den einsamen Rächer, der aber angestrengt so tut, als
habe er nichts gesehen)
EINSAMER RÄCHER (pflichtet ihr stattdessen bei): Nur eine Frage der Zeit!
Sie reiten aus dem Bild. Der Zauberer dreht den Ton leiser und kann
sich gerade noch davon abhalten, ebenfalls klischeehaft die Handflächen zu
reiben. Alternativ wendet er sich grimmig an seinen Lehrling.
ZAUBERER (blickt auf
die Sanduhr in der Ecke des Labors): In wenigen Stunden beginnt das königliche Weihnachtsdrama. Der Pöbel, äh- ist beinahe am Schloss
angekommen. Es funktioniert.
ZAUBERLEHRLING (reißt
die Augen auf): Tut es das?
ZAUBERER (schiebt
Augenbrauen zusammen, blickt seinen Lehrling an, setzt zum Sprechen an und unterbricht sich wieder; schüttelt
ergeben den Kopf): Ja, das tut es.
ZAUBERLEHRLING (nur
eine Spur zu laut): Das ist ja fantastisch!
RAUCHWÖLKCHEN (hustet)
ZAUBERER (senkt seinen
düsteren Blick wieder auf die Glaskugel und spricht mit leiser werdender Stimme): Das ist es
allerdings, das ist es …
Ein ausnehmend gut passender, steifer Windhauch zieht zügig durch den
Raum und verlässt ihn eilig. Dabei passiert er eine entschlossen blickende
Ratte mit einem Knüppel, die an der angelehnten Tür vorbeitrippelt und deren
Schritte sich langsam im kühlen Hall der leeren Halle hinter dem Labor
verlieren. Vorhang.
2.
Akt,
1. Szene
Vor dem Schloss, gegen früher Nachmittag. Die Zugbrücke wird langsam
und quietschend herabgelassen. Die Dorfbewohner drängen sich und kämpfen um die
besten Plätze. Schnee türmt sich vor den Schlossmauern, im Hintergrund sieht
man ein verzweifeltes, einsames Eichhörnchen über den Boden torkeln, es hält
eine Flasche in der Hand und schüttelt die andere Faust gelegentlich wütend in
den Himmel. Die Hofdiener, die auf der Schlossmauer stehen und versuchen, die
Zugbrücke gleichmäßig nach unten zu lassen, werfen in regelmäßigen Abständen
zunehmend befremdete Blicke auf die Dorfbewohner unter ihnen. Einer von ihnen
beginnt im Rhythmus der Brückenkurbel leise ein tragisches Solostück
anzustimmen, ehe er von einer fliegenden Tomate an der Backe getroffen wird und
sofort in würdevolles Schweigen verfällt. Neben ihm auf der Brüstung hockt mit
halbgeschlossenen Augen ein Geier und stößt unauffällig auf.
KLEINER MANN MIT HUT
(an große Frau neben ihm): Gib mir mehr Tomaten!
GROßE FRAU NEBEN IHM
(verdreht die Augen): Jetzt doch noch nicht!
KLEINER MANN MIT HUT
(vehement, die zusammengekniffenen Augen auf die Brüstung gerichtet): Aber der will schon
wieder anfangen zu singen, ich sehs ihm doch an!
MÄDCHEN (ein wenig
weiter rechts in der Menge; an seine Mutter): Mama, ich muss aufs Klo!
MUTTER (sieht Mann neben
ihr zunächst bohrend an, verfällt dann in süßlichen Singsang): Hattest du nicht gesagt, Schatz … ?
MANN NEBEN IHR (schürzt
die Lippen, sieht zu Boden, räuspert sich sehr laut und versucht, den Mann neben ihm, der gerade versucht, beiläufig einige
faulige Kürbisse unter seinem
Mantel verschwinden zu lassen, einen betretenen, wenngleich konspirativen, Blick zuzuwerfen)
MUTTER (sieht die
Kürbisse und plustert sich auf in Vorbereitung dafür, sich in Rage zu reden)
URALTER MANN (direkt
vor der Zugbrücke, die beinahe den Boden erreicht hat, mit durchdringender Stimme): Jutta?
Jutta! Gib mir die Geleeschleuder!
JUTTA (mit Nachdruck):
Noch nicht, Opa!
Die Zugbrücke landet knarzend auf dem gefrorenen Boden und die Tore zum
Schlosshof öffnen sich nur zögerlich. Der Pöbel stürmt ungeachtet dessen vor
und hilft ihnen ein wenig nach. Dahinter offenbart sich der augenscheinlich
gesamte Hofstaat, der geschlossen unruhig von einem Fuß auf den anderen tritt.
Über ihnen sieht man den Handlanger, den Handlanger des Handlangers, Gustavo
und Meger Vohn auf dem königlichen Verkündigungsbalkon stehen. Unterdessen
schiebt sich ein hektischer junger Mann wichtig und eilig an dem
voranstürmenden Pöbel vorbei und bleibt unter dem Balkon stehen. Er packt ein
Pergament aus und wendet sich an den Handlanger.
JUNGER MANN (mit
unerhört lauter Stimme): OH HANDLANGER! DIE DORFEBWOHNER HABEN DAS SCHLOSS BEINAHE ERREICHT!
HANDLANGER
(befremdet): Das, äh, sehe ich. (wendet
sich an seinen Handlanger) Weiß jemand,
wer … ?
MEGER VOHN (mit vor
Stolz geschwellter Brust): EURE HOHEIT, DIES IST MEIN BRUDER TELER!
HANDLANGER (zuckt
zusammen): Ihr Bruder - ?
MEGER VOHN: MEIN
BRUDER TELER VOHN[2]!
ER ÜBERBRINGT NACHRICHTEN!
HANDLANGER (den Blick
auf Teler Vohn gerichtet): Ach.
TELER VOHN: STELLT
EUCH AUF GROßEN ANDRANG … (wird von
stürmender Masse zu Boden
geworfen und verstummt)
GUSTAVO (trocken): Gott
sei Dank kam der noch rechtzeitig. Sonst hätten wir das ja nie bemerkt.
Die Menge sammelt sich, hinter ihr fallen die Tore wieder ins Schloss.
Eine Weile schreien die Dorfbewohner noch durcheinander, dann gehen sie dazu
über, den ihnen gegenüber aufgestellten Hofstaat finster anzufunkeln. Meger
Vohn ergreift die Gelegenheit und mit ihr das Wort.
MEGER VOHN: OH
DORFBEWOHNER … OHNER … OHNER …
HANDLANGER (leise):
Was soll das denn, Herr Vohn?
MEGER VOHN: ICH
HABE IM VERGANGENEN SOMMER EINEN KURS BESUCHT. „HALL
FÜR FORTGESCHRITTENE“.
HANDLANGER (fasst sich
an die Nasenwurzel, murmelt): Könnten Sie diesen, äh, Specialeffekt vielleicht für die Party nach
dem Weihnachtsdrama aufheben? Wir werden
sie doch mit Sicherheit ohnehin nicht davon abbringen zu können, für uns zu singen .. ? (blickt Meger Vohn hoffnungsvoll an. Die Ironie stürmt freudig los,
rümpft dann die Nase und bleibt stehen.
Sie wirft dem Handlanger noch einen pikierten Blick zu, ehe aus dem Nichts ein Geier auf sie herabstößt)
MEGER VOHN (strahlt): SELBSTVERSTÄNDLICH
WERDE ICH SINGEN! INGEN!
INGEN! (hält
inne, denkt angestrengt nach) ENTSCHULDIGUNG.
HANDLANGER (seufzt):
Na wunderbar. Wenn Sie jetzt bitte fortfahren würden - ?
MEGER VOHN (dreht sich
schwungvoll wieder ans Volk. Hinter ihm sieht man Gustavo gelangweilt an seinem Nagellack knibbeln,
dann zieht er seine Federstola enger um den
Hals.): DORFBEWOHNER! DER HANDLANGER UND SEIN HOFSTAAT HEIßEN EUCH HERZLICH AM HOFE WILLKOMMEN ZUM
ERSTEN JAHRESTAG DES STURZES DER KÖNIGIN!
(wendet sich selbstzufrieden ab. Unsicheres Schweigen schlägt ihm vom
Pöbel entgegen, eine einsame Tomate fliegt und
zerplatzt drei Meter neben dem Balkon. Von irgendwo aus der Menge hört man ein leises ‚Autsch!‘)
HANDLANGER
(nachsichtig, wenngleich ein wenig desillusioniert): Fehlt da nicht noch etwas, Herr Vohn?
MEGER VOHN (blickt
Handlanger mit zusammengezogenen Brauen an, dann erhellt sich seine Miene schlagartig und er dreht sich
wieder um): DAS WEIHNACHTSDRAMA
BEGINNT IN WENIGEN MINUTEN AUF DER KÖNIGLICHEN
BÜHNE ZU IHRER RECHTEN. SNACKS UND GETRÄNKE GIBT
ES AM EINGANG. WIR BITTEN DARUM, WÄHREND DER VORSTELLUNG
KEINE PORTRAITS VON DEN SCHAUSPIELERN ZU ZEICHNEN,
DANKE. FROHE WEIHNACHTEN!
HANDLANGER (leise zu
sich): Na geht doch …
Schleppend setzt sich die Menge in Bewegung. Ein wenig verspätet fliegt
ein fauliger Kürbis und zerplatzt spritzend auf dem leeren Verkündigungsbalkon.
Man hört zweistimmig unterdrücktes Glucksen aus der Menge und eine erboste
Frauenstimme, die damit droht, sich scheiden zu lassen [3].
Nach und nach leert sich der Hof, bis nur noch wenige, verwirrte Höflinge,
sowie etwas am Rand eine knochige Frau und ein einsamer Rächer, und noch etwas
weiter am Rand eine dunkle Gestalt mit langem Mantel und Kapuze zurückbleiben.
Es wird merklich dunkler. Im Hintergrund bricht ein Eiszapfen vom Schloss und
ersticht im Fallen einen Geier, der träge auf dem Boden hockt. Kurz darauf
tanzen einige offensichtlich betrunkene Eichhörnchen in einer Polonaise an dem regungslosen
Geier vorbei. Eins von ihnen hält eine Säge in der Hand.
KNOCHIGE FRAU: Die
große Stunde ist gekommen!
EINSAMER RÄCHER
(abgelenkt von der Figur im langen Mantel, die ihn dunkel anstarrt. Blickt erst interessiert zurück, dann
verwirrt, dann ein wenig genant und erfolglos unterdrückt
grinsend zu Boden): Hm-hm …
KNOCHIGE FRAU (wirft
ihm einen verständnislosen Blick zu und beschließt, unqualifizierte Einwürfe künftig zu ignorieren): Lasst
uns der Menge folgen … eine Bühne ist genau, was
ich brauche …
EINSAMER RÄCHER (folgt
ihr, nimmt vorher aber noch schnell allen Mut zusammen und zwinkert der Figur in Kapuze zu, bei der es
sich natürlich um den Zauberer handelt,
wie der aufmerksame Leser inzwischen verstanden hat)
Der einsame Rächer und die knochige Frau entfernen sich. Es wird noch dunkler,
bis schließlich der Zauberer als einziger noch im Licht steht und den beiden
nachsieht, ehe er seinen Kopf in den Nacken wirft und in schallendes Gelächter
ausbricht, was selbstverständlich außer uns niemandem auffällt, weswegen er
sich hinterher auch ungehindert mit dramatisch schwingendem Mantel umdrehen und
von der Bühne schreiten kann. Vorhang.
[1] Nevermind.
[2] Der, seinem Bruder nicht
unähnlich, mit der Intelligenz eines Bettsteins gesegnet war. Trotz dieser
widrigen Umstände erfand er einige Jahre später, nachdem er sich von seinem
Unfall erholt hatte, das Telefon und wurde unerhört reich.
[3] Was zur Zeit des Drärchens
natürlich noch eine unerfundene Maßnahme war, weswegen die Frau kurz darauf von
ihrem eigenen Mann der Hexerei beschuldigt und verbrannt wurde. Einige Jahre später jedoch kam ein Geist, der erstaunliche Ähnlichkeit mit der Verstorbenen
hatte, zurück ins Dorf und zündete das Bett des Exmannes an, während er darin
lag. Damit waren nicht nur dringende Gelüste befriedigt, sondern praktischerweise auch
gleich noch das Barbecue erfunden worden.
Donnerstag, 17. Dezember 2015
Des Drärchens unnötige Fortsetzung, Teil I
Vorab!
Ich freue mich ganz fürchterlich, ein neues Drärchen in die Welt hinaus zu pusten und damit natürlich (selbstverständlich) einen unerlässlichen Beitrag zur Weihnachtsstimmung und allem beizutragen.
So. Wer will, darf gerne hier, hier und hier Teil eins bis drei des letztjährigen Originaldrärchens nachlesen.
Damit nun also, ne.
Vorspiel
Vor einem Jahr, so
munkelt man,
War Ferniziens
Königin dran.
Nackt ward sie
gefunden (von einem armen Schwein)
Der Faltenwurf war wunderbar!
Das Volk feierte.
Und als es wieder
nüchtern war,
Nach mehreren kurzen
Wochen,
War sie schon steif
und angerottet,
Die Krone wurde
eingemottet,
Und der Handlanger
zum Haupt ernannt,
Die arme Sau; doch so
gings ins Land.
Ein Jahr ists her und
wieder
Weihnachtets sehr
In Fernizien, doch
dieses Mal
Mit neuen Exerzitien.
So hört und staunt
und lest gebonnen,
Es war einmal, neu
ersonnen.
Es folgt: des Weihnachtsdrärchens unnötige Fortsetzung
Es treten auf:
Der Handlanger
Gustavo
Der Handlanger des
Handlangers
Der Königliche
Intendant
Gelangweilte
Schauspieler 1 - 4
Meger Vohn
Teler Vohn in einer
Gastrolle
Eine knochige Frau
Ein einsamer Rächer
Ein Zierfischer
Der Zauberlehrling
Diverse Dorfbewohner
Einige Eichhörnchen
Ein Geier
Und: Der Zauberer …
Intro
Es war einmal in einem fernen, fernen Königreich. Oder nein,
es war einmal in Fernizien, streichen sie den ersten Teil … Haben Sie das? Gut.
Was? Nein, Sie sollen das nicht mit aufschreiben … ach geben Sie her! Zu nichts
zu gebrauchen, dieser Meger Vohn …
Intro, zweiter Versuch
Es war einmal im fernen Königreiche Fernizien,
mon.fr.K.reich[3].
Ein Jahr war vergangen, seitdem die Königin am vergangenen Weihnachtsabend
durch den heroischen und im Großen und Ganzen doch beeindruckenden Einsatz des
Zauberlehrlings gestürzt worden war. Seither war Fernizien ein friedliches und
beschauliches Reich geworden, dem es an nichts mangelte außer adäquater
Monarchie; hieran hatte sich also nicht viel verändert. Auch sonst waren viele,
liebgewonnene Traditionen aufrechterhalten worden. Im Dorfe lebte der Pöbel,
trat Hunde, jagte Ratten und ärgerte sich über den Hofstaat; am Hofe lebte man
in Saus und Braus und ignorierte den Pöbel weitestgehend. Doch wie
bedauerlicherweise jedes Jahr so näherte sich auch in diesem Jahr das
Weihnachtsfest schneller als eine Schwindsüchtige dem Medikamentenschrank, und
es wollten Vorbereitungen getroffen werden. Vorbereitungen, die mehr denn je
dem Handlanger oblagen, der sich in seiner neuen Rolle als Interimsherrscher
mehr als unwohl fühlte, dennoch aber fand, eine ganz gute Figur abzugeben auf
dem Thron; zumindest, wenn er sich ein wenig seitlich setzte und das Kinn auf
die Faust stützte, weswegen er sich auch gleich in dieser Position hatte malen
lassen. Aber ich schweife ab.
Weihnachten näherte sich also, und die Vorbereitungen liefen
auf Hochtouren, im fernen Königreich Fernizien, mon.fr.K.reich. Doch Düsteres
näherte sich …
1.
Akt, Ouvertüre
Ein dunkler Wald, früher Morgen. Es raschelt dramatisch im Geäst und
würde ebenso dramatisch im Laub rascheln, wären die Bäume nicht winterlicher
Wipfeldürre zum Opfer gefallen. Ebenfalls der Wipfeldürre zum Opfer gefallen
ist der Mann, der mürrisch auf seinem Pferd sitzt und an seiner Mütze zupft,
mit der er die Wipfeldürre zu kaschieren versucht. Neben seinem Pferd, das
ebenso mürrisch wie er aussieht, aber bedeutend mehr Haar besitzt, steht ein
weiteres Pferd, dessen Knochen sich stalagmitengleich in die kalte Luft bohren
und gelegentlich klirrend an einen weiteren Satz spitzer Knochen stoßen, den
der Frau, die auf ihm sitzt, nämlich. Alle vier produzieren kleine, weiße
Wölkchen und sehen preisverdächtig verdrießlich drein. In einiger Entfernung
sieht man ein Eichhörnchen sehr entschlossen mit einem Stein auf den gefrorenen
Boden einschlagen, während ein anderes Eichhörnchen ein Stück daneben steht und
unmerklich den Kopf schüttelt. Im Hintergrund erscheint die spitze Nase eines
Fuchses, die unmissverständlich auf die beiden Eichhörnchen gerichtet ist. Als
er zum Sprung ansetzt, wird er jedoch in letzter Sekunde von einem
herabstechenden Geier zur Seite geworfen, der in der nahrungsknappen Not dazu
übergegangen ist, seine Definition von Aas ein wenig zu dehnen. Im Vordergrund
lässt das erste Eichhörnchen seinen Stein fallen und zeigt dem zweiten
Eichhörnchen einen Vogel. Der mürrische Mann und die knochige Frau blicken weiterhin
verdrießlich.
MÜRRISCHER MANN:
Seid Ihr sicher, dass dies der richtige Weg ist?
KNOCHIGE FRAU:
Selbstverständlich! Wie könnt Ihr es wagen - !
MÜRRISCHER MANN (hebt abwehrend die Hände, sagt jedoch
nichts. Man weiß ja nie.)
KNOCHIGE FRAU
(entschlossen): Da entlang!
MÜRRISCHER MANN
(mürrisch): Wenn Ihr meint.
Hufgetrappel setzt ein. Sie entfernen sich. Wir verweilen noch einige
Sekunden an Ort und Stelle, gerade noch lang genug, um zu sehen, wie eines der
Eichhörnchen von einem Geier aus dem Flug geschnappt wird und das andere ihnen
ungläubig nachstarrt. Im Hintergrund sehen wir einen Fuchs unmerklich den Kopf
schütteln.
1.
Akt,
1. Szene
Am Hofe Ferniziens, im Thronsaal, am Tag vor Weihnachten. Der
Handlanger sitzt steif auf dem Thron und fühlt sich aktiv unwohl. Ihm gegenüber
steht ein dünner, junger Mann und fühlt mit ihm. Gustavo sitzt auf einem
prächtigen Stuhl am Fenster und übt sich im Augenverdrehen.
HANDLANGER: Nun,
äh, Handlanger, ähm …
HANDLANGER DES
HANDLANGERS: Richtig, Eure, äh, Hoheit?
HANDLANGER: Ja,
hm, eigentlich nicht …
HANDLANGER DES
HANDLANGERS: Aber …
GUSTAVO (springt
dramatisch auf, wirft die Hände in die Luft und den Kopf in den Nacken): Bitte, könnte sich wenigstens
einer von euch beiden einen anderen Titel geben? Nicht mal ich komme noch nach!
WACHE (steht am Rand
und kichert verschämt in seine Rüstung)
GUSTAVO (redet sich
ein wenig in Rage): Du könntest wenigstens das Schild an deinem Büro ändern. Was soll denn eigentlich das
Volk denken!
HANDLANGER (senkt
seinen Blick auf seine in roten Bommelschuhen steckenden Füße): Ja, Schatz …
GUSTAVO (setzt an,
wird aber vom Handlanger des Handlangers unterbrochen)
HANDLANGER DES
HANDLANGERS: Ich störe ja nur höchst
ungern …
WACHE (leise an Wache
neben sich): Was er nicht sagt …
ANDERE WACHE (reißt
weit die Augen auf und nickt wissend)
HANDLANGER DES
HANDLANGERS: Aber …
GUSTAVO (fährt herum
und funkelt zweiten Handlanger an): Hat das nicht vielleicht einen Moment
Zeit?
HANDLANGER DES
HANDLANGERS: Sicher; aber, mit Verlaub, der Lamettalieferant dürfte da anderer Meinung sein. Zudem sollten
die letzten Vorbereitungen für das Weihnachtsdrama
getroffen werden. Ihr seid euch doch sicher im Klaren darüber, dass morgen bereits Weihnachten ist und
das Volk nach dem Sturz der Königin etwas Besonderes
erwartet.
HANDLANGER: Ja, natürlich
…
Es klopft lautstark an der Tür. Der Handlanger sinkt ein wenig auf
seinem Thron in sich zusammen. Gustavo seufzt theatralisch und macht ein
Geräusch, das stark an „Argh!“ erinnert. Unzählige Wachen treten aus ihren
Verstecken hinter den schweren Samtvorhängen, die den Thronsaal säumen, und
formieren sich. Man hört einen von ihnen leise einzählen. Die meisten der
Wachen wippen bereits im Takt mit; ehe sie zu ihrem penetrant musicalhaften Stück
ansetzen können fliegt jedoch die enorm schwere Doppeltür des Thronsaals auf
und ein dafür erstaunlich kleiner und alter Mann betritt strammen Schrittes und
sichtlich verstimmt die Szene.
KLEINER ALTER MANN (an
Handlanger; mit unangenehm hoher, zum Räuspern animierender
Stimme): Was soll denn die Scheiße? Im Hof stehen die bestellten zwei Tonnen Lametta. Würde sich einer dazu
herablassen, mich zu bezahlen? Und versucht
gar nicht erst, es in Naturalien zu versuchen, das zieht nicht mehr!
Die Wachen verschwinden verschämt wieder hinter den Vorhängen. Gustavo
wirft beiden Handlangern bedeutungsschwere Blicke zu; der Handlanger rutscht
unbequem auf dem Thron herum, der trotz all seiner Bemühungen auch nach einem
Jahr noch kein Sitzkissen bekommen hat. Der Handlanger des Handlangers schürzt
die Lippen und sieht selbstzufrieden auf den Boden.
HANDLANGER: Nun,
äh. Wir sind ein wenig im Verzug!
KLEINER ALTER MANN
(resolut): Das sehe ich!
HANDLANGER: Wir
werden selbstverständlich … (wird von vor
dem Fenster aufkommendem Tumult
unterbrochen)
SCHRILLE STIMME AUS
DEM HOF: Himmelarsch, Karl!
KARL (vermutlich):
Reg dich ab, Gerda.
Man hört einige Rüstungen in rhythmischen Trab verfallen, zunehmend
aufgeregte Stimmen rufen durcheinander. Die königlichen Trompeter nutzen die
Gunst der Stunde, um das königliche Trompeten zu üben, ehe die Instrumente
nacheinander abrupt verstummen. Schließlich legt sich unheimliche Stille über
den Hof, fast so, als schritte ein Zauberer bedeutungsschwer über dessen Mitte
und würde dabei düster unter seiner Kapuze hervor nach links und rechts sehen.
GUSTAVO (am Fenster): Schatz,
sieh nur!
HANDLANGER (eilt zu
ihm, wirft einen Blick auf den lehmigen, wenngleich winterlich gefrorenen Hof): Oh.
Es wird langsam dunkel. Vorhang.
1.
Akt,
2. Szene
Der Zauberer, ehemals Zauberlehrling, schreitet bedeutungsschwer über
den Hof des Schlosses. Dabei wirft er düstere Blicke nach rechts und links. Der
anwesende Hofstaat geht theatralisch aus dem Weg, vereinzelte Hofdamen fallen
strategisch in Ohnmacht. Nachdem die königlichen Trompeten allesamt erstorben
sind, hört man nur noch die königliche Pauke düstere und erstaunlich
gleichmäßige Paukenschläge über den Hof pauken. Alle Augen sind auf den
Zauberer gerichtet, der langsam im Spotlight weiterschreitet, während der Rest
des Hofes dunkler zu werden scheint.
ZAUBERER (murmelt): Dem
Untergang geweiht war der Hof; die Königin war weg, und ihre Schwester fand das gar nicht doof …
ZIERFISCHER (der die
Schwere der Situation noch nicht begriffen zu haben scheint): Was?
ZAUBERER (bleibt kurz
stehen, wirft dem Zierfischer einen irritierten Blick zu, geht weiter): Ach, nichts …
Vorhang.
[1] Wir entschuldigen uns im
Voraus bei der Steincommunity und verweisen nur zu gerne auf die moralisch
geradezu mittelalterlichen Verhältnisse, die zur Zeit des Drärchens in
Fernizien geherrscht haben. Die Verfasser sind nach Beendigung der
Niederschrift ein paar Hexen verbrennen und Gänse vergewaltigen gegangen; des
Nachdrucks wegen.
[2] Wir entschuldigen uns auch
bei den Gänsen und werden nun aus Platzgründen darauf verzichten, weitere
Minderheiten zu erwähnen.
[3] Monarchiefreies Königreich
Dienstag, 1. Dezember 2015
Advent!*
Dear everyone,
heute hatte ich ein interessantes Gespräch mit meiner Namens- und Schreibgefährtin Isa, die sagte, aber auf dem Blog ist doch alles erlaubt.
Und wo sie recht hat, da hat sie so recht. Ist ja nicht so, als hätte ich Pulitzerambitionen hier. Oder irgendwelche Ambitionen (Ehrgeiz wird völlig überbewertet), außer dem ewigen zynischen Murmeln in meinem Kopf Auslauf zu verschaffen, damit es mal wieder ordentlich irgendwo hinkacken kann. Muss ja keiner reintreten.
Vor fünf Jahren war meine Expertise (Substantiv, feminin) diesbezüglich noch ein wenig ausladender (blümerant! Und weitere kreative Fehlverwendung hübsch klingender Worte. Dada! Es ist alles erlaubt im Krieg und in der Sprache. Oder dem anderen Dings mit L, brr). Heute wird jedes Komma hinterfragt, was ja bei Gedichten nett und wichtig sein mag (eine Tatsache, die Schüler nie verstehen werden), auf einem Blog, der einzig und allein dem endlosen verbalen Dünnschiss geschuldet ist, aber ein wenig hinderlich daherkommt.
[Viele sinnentleerte, nachträglich eingefügte Zeilen zum Test, ob der Link funktioniert, wenn er tiefer unten steht. Anekdote: gestern hat es auch geregnet. Oder gelb. Oder was auch immer. Am allermeisten stört es mich, wenn der Satz mitten drin]
Deswegen nun also und früher war mehr Plastikgebimmel zum an den Baum hängen:
Soeben kochte ich Nudeln. Ich hasse das Wetter so passend es auch erscheinen mag. Dereinst weihnachtete es sehr in meinem Kopf jetzt regnet es und lässt das Weihnachten bleiben. Draußen wie drinnen. In der Wohnung über mir bellt ein Hund. Jetzt klingelt auch noch das Telefon bei denen! Ich mag das Ausrufezeichen als solches nicht und nehme die Interpunktion des vorangegangenen Satzes zurück. Überhaupt Interpunktion. Versuch, ohne Kommas zu schreiben, an innerem Pingel gescheitert. Das Grauen überkam sie, als sie die Sätze ohne ihre Kommas sah, und nahm sich fest vor, sie im neuen Jahr auf die Transplantationsliste zu setzen. Sowieso, das neue Jahr, schon wieder eins, verdammt. Vor vielen Jahren schrieb ich ein Erhardeskes Gedicht über eine Waschmaschine, aber das finde ich nicht mehr. Ich habe kein Waschmittel gekauft, Mist.
recht haben, Recht haben, es gibt eine Duden-Sprachberatung (guten Tag! Was kann ich für Sie tun?), quasi die Grammatikhotline unseres Landes. Unseren Landes. Von unserm Land. 0900 1870098 Isa.
Letzte Woche war Thanksgiving und wir gaben reichlich, dann aßen wir reichlich, niemand musste sich übergeben. Der Backofen stand nur kurz in Flammen, quasi zu vernachlässigen. Wir sind heute noch satt. Und ausreichend mit Senf und Bürsten bestückt, die Apokalypse darf jetzt kommen (was, schon wieder?).
Auf meinem Schreibtisch steht seit gestern die LED Dekofigur "Schnee", halb verdeckt von bekritzelten Papieren und vollgerotzten Taschentüchern (Räum mal deine Taschentücher weg! dicht gefolgt von Häng mal deine Wäsche ab! auf der Hitliste der meistgehörten wie -gehassten Sätze meiner Jugend). Mein Virenscanner ist heute wieder sehr entschlossen. Manch einer kann Kathedralen in seine Nase stecken.
Und noch das hier (und alle so Isaaa).
*Womit dieser Text rein gar nichts zu tun hatte.
heute hatte ich ein interessantes Gespräch mit meiner Namens- und Schreibgefährtin Isa, die sagte, aber auf dem Blog ist doch alles erlaubt.
Und wo sie recht hat, da hat sie so recht. Ist ja nicht so, als hätte ich Pulitzerambitionen hier. Oder irgendwelche Ambitionen (Ehrgeiz wird völlig überbewertet), außer dem ewigen zynischen Murmeln in meinem Kopf Auslauf zu verschaffen, damit es mal wieder ordentlich irgendwo hinkacken kann. Muss ja keiner reintreten.
Vor fünf Jahren war meine Expertise (Substantiv, feminin) diesbezüglich noch ein wenig ausladender (blümerant! Und weitere kreative Fehlverwendung hübsch klingender Worte. Dada! Es ist alles erlaubt im Krieg und in der Sprache. Oder dem anderen Dings mit L, brr). Heute wird jedes Komma hinterfragt, was ja bei Gedichten nett und wichtig sein mag (eine Tatsache, die Schüler nie verstehen werden), auf einem Blog, der einzig und allein dem endlosen verbalen Dünnschiss geschuldet ist, aber ein wenig hinderlich daherkommt.
[Viele sinnentleerte, nachträglich eingefügte Zeilen zum Test, ob der Link funktioniert, wenn er tiefer unten steht. Anekdote: gestern hat es auch geregnet. Oder gelb. Oder was auch immer. Am allermeisten stört es mich, wenn der Satz mitten drin]
Deswegen nun also und früher war mehr Plastikgebimmel zum an den Baum hängen:
Soeben kochte ich Nudeln. Ich hasse das Wetter so passend es auch erscheinen mag. Dereinst weihnachtete es sehr in meinem Kopf jetzt regnet es und lässt das Weihnachten bleiben. Draußen wie drinnen. In der Wohnung über mir bellt ein Hund. Jetzt klingelt auch noch das Telefon bei denen! Ich mag das Ausrufezeichen als solches nicht und nehme die Interpunktion des vorangegangenen Satzes zurück. Überhaupt Interpunktion. Versuch, ohne Kommas zu schreiben, an innerem Pingel gescheitert. Das Grauen überkam sie, als sie die Sätze ohne ihre Kommas sah, und nahm sich fest vor, sie im neuen Jahr auf die Transplantationsliste zu setzen. Sowieso, das neue Jahr, schon wieder eins, verdammt. Vor vielen Jahren schrieb ich ein Erhardeskes Gedicht über eine Waschmaschine, aber das finde ich nicht mehr. Ich habe kein Waschmittel gekauft, Mist.
recht haben, Recht haben, es gibt eine Duden-Sprachberatung (guten Tag! Was kann ich für Sie tun?), quasi die Grammatikhotline unseres Landes. Unseren Landes. Von unserm Land. 0900 1870098 Isa.
Letzte Woche war Thanksgiving und wir gaben reichlich, dann aßen wir reichlich, niemand musste sich übergeben. Der Backofen stand nur kurz in Flammen, quasi zu vernachlässigen. Wir sind heute noch satt. Und ausreichend mit Senf und Bürsten bestückt, die Apokalypse darf jetzt kommen (was, schon wieder?).
Auf meinem Schreibtisch steht seit gestern die LED Dekofigur "Schnee", halb verdeckt von bekritzelten Papieren und vollgerotzten Taschentüchern (Räum mal deine Taschentücher weg! dicht gefolgt von Häng mal deine Wäsche ab! auf der Hitliste der meistgehörten wie -gehassten Sätze meiner Jugend). Mein Virenscanner ist heute wieder sehr entschlossen. Manch einer kann Kathedralen in seine Nase stecken.
Und noch das hier (und alle so Isaaa).
*Womit dieser Text rein gar nichts zu tun hatte.
Samstag, 26. September 2015
30 ist eine Zahl zwischen 1 und 100.
Folgendes. Ich hatte mehrere Anläufe gestartet, einen Text zum Thema "30 werden" zu verfassen, und habe immer irgendwann aufgegeben. Dementsprechend lang haben meine Weisheiten jetzt auch gebraucht.
Und zwar, weil -
Weil ich immer irgendwann gemerkt habe, was soll ich denn sagen, das irgendwem irgendetwas bringen würde? Was bringt es, wenn ich hundert Seiten darüber schwadroniere, wie krass ich die Idee von drei Jahrzehnten finde, wenn es andere völlig kalt lässt (auch nurn Geburtstag ... wo sie recht haben)? Oder wenn ich der Welt mitteile, was man meiner Meinung nach vor der 30 mal gemacht haben könnte, womit man sich arrangiert haben könnte, worüber man schon mal nachgedacht haben könnte etc. etc. und bla bla bla. Nix bringts nämlich. Seltsame Idee, dieses etwas an einer Zahl festmachen. Der Gedanke, dass man mehr vom Leben verstehen muss, wenn man älter wird. Oder sich selbst besser verstehen muss. Ohne Zweifel lernt man über die Jahre dazu, nichtsdestotrotz gibt es Leute, die sind mit 24 weiser als andere mit 50. Altersweisheit, überhaupt. Was, wenn dieser Zustand nicht existiert und wir ihn uns bloß einreden? Was, wenn die Solipsisten recht hatten und sowieso alles nur ein einziger Bluff ist? (Oder so. Philosophen, bitte steinigt mich nicht.)
Was, wenn einfach bei allen alles anders ist als bei allen anderen, weil wir alle Individuen sind, deren Leben nicht anhand von Alterserwartungen gemessen werden kann?
Tja, verdammt. Was machen wir bloß, wenn wir uns nicht mehr in Schubladen ordnen können, wenn jemand mal was anders macht oder sich anders entwickelt als alle anderen. Wenn jemand mit 30 noch nicht erwachsen sein will oder kann, oder wenn jemand mit 40 kein Bock auf Kinder hat, oder wenn jemand schon mit 16 Mutter wird. Scheiße, da fallen die Leute durch alle Raster hier - und jetzt?
In jedem Fall: es gibt kein Fazit zum Thema "30 werden". Es gibt auch keine Liste, oder Ratschläge, oder irgendwas. Stattdessen gibt es ein: tut doch, was ihr wollt! Und tut es, wann ihr wollt. Ich persönlich (und ich bin ja leider auch jemand, der irgendwo viel zu viel auf das gibt, was erwartet wird. Weswegen ich schrecklich viel Zeit damit zugebracht habe, über diesen blöden Geburtstag nachzudenken. Aber! Nachdenken tut Not. Und ob man das jetzt tut, weil man 30 wird, oder weil man einfach nur nachdenken will, ist ja auch irgendwie egal) finde 30 bislang ziemlich geil. Und nein, nicht nur, weil ich jetzt die nächsten zehn Jahre eine 3 an mir pappen haben werde (fantastische Zahl, besser wird nur 70). Also, nicht nur.
So! Nachdem dieses Thema nun also abgearbeitet ist, ein wenig weniger esohafte Gefilde. Denn! Es existiert eine Liste (oh nein, also doch ...) über die Filme, die ich sehen will, zwischen jetzt und Silvester (Schwein gehabt). Sie ist vorläufig, sie ist großartig, sie ist lang.
Obacht! Here it goes:
(Man beachte, dass dieser Text eine Weile vor sich hingestaubt hat schon. Demenstprechend sind ein paar der Filme bereits angelaufen ... aber es ist ja nichts gegen einen guten Filmbinge einzuwenden, also gehet hin und schauet alle am Stück. Ich befürworte.)
- Frank (27.8. - hat mich auch überrascht! Dachte, der wäre schon gelaufen hier)
- Queen of the Desert (3.9.)
- Knight of Cups (10.9.)
- Life (24.9.)
- Maze Runner II (24.9. - Juchee! Juchee!)
- The Martian (8.10.)
- American Ultra (15.10. - Jesse Eisenberg, ach, wat ham wir dich vermisst!)
- Crimson Peak (15.10. - wenn ich nicht zu sissy bin dafür ...)
- The Tribe (15.10. - vielleicht. Vielleicht auch nicht)
- James Bond: Spectre (5.11. - Lalaa! Lalaa! Tataratataa! Ich freu mich)
- Irrational Man (12.11. - YES. Absolut. Woody Allen, Joaquin Phoenix UND Emma Stone. YES.)
- Mockingjay II (19.11. - Aaah. Ich bin SO gespannt)
- Diary of a Teenage Girl (19.11. - vielleicht)
- Me an Earl and the Dying Girl (3.12.)
- By the Sea (10.12.)
- Mistress America (10.12. - YES the sequel. Und wer Frances Ha noch nicht gesehen hat, der tue das. Schnell.)
- Star Wars (17.12. - aah. Die Musik spielt in meinem Kopf. Jetzt schon. Unablässig.)
- Carol (17.12. - Cate Blanchett and Rooney Mara go lesbian. Yay!)
- Joy (31.12. - we'll see)
- The Danish Girl (7.1. - jahaa, ich weiß, dass Silvester da schon rum ist. Trotzdem!)
Ja. Falls ich noch dazu komme, werde ich eventuell gelegentlich dazwischen duschen und ein Häppchen essen. Ansonsten findet ihr mich im Kino ...
Zusatz: Maze Runner. Erwähnte ich, dass ich die ganze Reihe in einer Woche gesuchtet habe? War ne gute Woche. Vermutlich die besten eigentlich irgendwie schlechten Bücher aller Zeiten. Und! Ich habe sie mir nun auch als Print gekauft. In einem Schuber. Einem Buchschuber. Mein erster, teurer, zu viel Wert auf Optik legender Buchschuber. Aber!
Ich darf das jetzt. Ich bin jetzt 30!
Und zwar, weil -
Weil ich immer irgendwann gemerkt habe, was soll ich denn sagen, das irgendwem irgendetwas bringen würde? Was bringt es, wenn ich hundert Seiten darüber schwadroniere, wie krass ich die Idee von drei Jahrzehnten finde, wenn es andere völlig kalt lässt (auch nurn Geburtstag ... wo sie recht haben)? Oder wenn ich der Welt mitteile, was man meiner Meinung nach vor der 30 mal gemacht haben könnte, womit man sich arrangiert haben könnte, worüber man schon mal nachgedacht haben könnte etc. etc. und bla bla bla. Nix bringts nämlich. Seltsame Idee, dieses etwas an einer Zahl festmachen. Der Gedanke, dass man mehr vom Leben verstehen muss, wenn man älter wird. Oder sich selbst besser verstehen muss. Ohne Zweifel lernt man über die Jahre dazu, nichtsdestotrotz gibt es Leute, die sind mit 24 weiser als andere mit 50. Altersweisheit, überhaupt. Was, wenn dieser Zustand nicht existiert und wir ihn uns bloß einreden? Was, wenn die Solipsisten recht hatten und sowieso alles nur ein einziger Bluff ist? (Oder so. Philosophen, bitte steinigt mich nicht.)
Was, wenn einfach bei allen alles anders ist als bei allen anderen, weil wir alle Individuen sind, deren Leben nicht anhand von Alterserwartungen gemessen werden kann?
Tja, verdammt. Was machen wir bloß, wenn wir uns nicht mehr in Schubladen ordnen können, wenn jemand mal was anders macht oder sich anders entwickelt als alle anderen. Wenn jemand mit 30 noch nicht erwachsen sein will oder kann, oder wenn jemand mit 40 kein Bock auf Kinder hat, oder wenn jemand schon mit 16 Mutter wird. Scheiße, da fallen die Leute durch alle Raster hier - und jetzt?
In jedem Fall: es gibt kein Fazit zum Thema "30 werden". Es gibt auch keine Liste, oder Ratschläge, oder irgendwas. Stattdessen gibt es ein: tut doch, was ihr wollt! Und tut es, wann ihr wollt. Ich persönlich (und ich bin ja leider auch jemand, der irgendwo viel zu viel auf das gibt, was erwartet wird. Weswegen ich schrecklich viel Zeit damit zugebracht habe, über diesen blöden Geburtstag nachzudenken. Aber! Nachdenken tut Not. Und ob man das jetzt tut, weil man 30 wird, oder weil man einfach nur nachdenken will, ist ja auch irgendwie egal) finde 30 bislang ziemlich geil. Und nein, nicht nur, weil ich jetzt die nächsten zehn Jahre eine 3 an mir pappen haben werde (fantastische Zahl, besser wird nur 70). Also, nicht nur.
So! Nachdem dieses Thema nun also abgearbeitet ist, ein wenig weniger esohafte Gefilde. Denn! Es existiert eine Liste (oh nein, also doch ...) über die Filme, die ich sehen will, zwischen jetzt und Silvester (Schwein gehabt). Sie ist vorläufig, sie ist großartig, sie ist lang.
Obacht! Here it goes:
(Man beachte, dass dieser Text eine Weile vor sich hingestaubt hat schon. Demenstprechend sind ein paar der Filme bereits angelaufen ... aber es ist ja nichts gegen einen guten Filmbinge einzuwenden, also gehet hin und schauet alle am Stück. Ich befürworte.)
- Frank (27.8. - hat mich auch überrascht! Dachte, der wäre schon gelaufen hier)
- Queen of the Desert (3.9.)
- Knight of Cups (10.9.)
- Life (24.9.)
- Maze Runner II (24.9. - Juchee! Juchee!)
- The Martian (8.10.)
- American Ultra (15.10. - Jesse Eisenberg, ach, wat ham wir dich vermisst!)
- Crimson Peak (15.10. - wenn ich nicht zu sissy bin dafür ...)
- The Tribe (15.10. - vielleicht. Vielleicht auch nicht)
- James Bond: Spectre (5.11. - Lalaa! Lalaa! Tataratataa! Ich freu mich)
- Irrational Man (12.11. - YES. Absolut. Woody Allen, Joaquin Phoenix UND Emma Stone. YES.)
- Mockingjay II (19.11. - Aaah. Ich bin SO gespannt)
- Diary of a Teenage Girl (19.11. - vielleicht)
- Me an Earl and the Dying Girl (3.12.)
- By the Sea (10.12.)
- Mistress America (10.12. - YES the sequel. Und wer Frances Ha noch nicht gesehen hat, der tue das. Schnell.)
- Star Wars (17.12. - aah. Die Musik spielt in meinem Kopf. Jetzt schon. Unablässig.)
- Carol (17.12. - Cate Blanchett and Rooney Mara go lesbian. Yay!)
- Joy (31.12. - we'll see)
- The Danish Girl (7.1. - jahaa, ich weiß, dass Silvester da schon rum ist. Trotzdem!)
Ja. Falls ich noch dazu komme, werde ich eventuell gelegentlich dazwischen duschen und ein Häppchen essen. Ansonsten findet ihr mich im Kino ...
Zusatz: Maze Runner. Erwähnte ich, dass ich die ganze Reihe in einer Woche gesuchtet habe? War ne gute Woche. Vermutlich die besten eigentlich irgendwie schlechten Bücher aller Zeiten. Und! Ich habe sie mir nun auch als Print gekauft. In einem Schuber. Einem Buchschuber. Mein erster, teurer, zu viel Wert auf Optik legender Buchschuber. Aber!
Ich darf das jetzt. Ich bin jetzt 30!
Dienstag, 25. August 2015
Bücher! Bücher!
Freunde des gehobenen Unfugs!
(Vorab: vor lauter Begeisterung über diesen nun folgenden Blog habe ich mich eben unter der Dusche am Duschwasser verschluckt. Da seht ihr mal, was ich hier auf mich nehme.)
Ich bin Literaturwissenschaftler. Naturgemäß sollte ich euch nun also erzählen, wie sehr ich es genossen habe, meine bisherigen Semesterferien damit zuzubringen, nochmal Goethes Gesamtwerk zu lesen und, zur Erholung nebenbei, alle Rollen im Othello auswendig zu lernen, im Original und mit Akzenten (ich weiß nicht, was ich für ein komisches Bild von Literaturwissenschaftlern habe, eigentlich kenn ich ja genug, um es besser zu wissen, aber das mal dahingestellt. Suhlen wir uns in Vorurteilen und erfreuen uns maßlos daran). Fakt ist aber, dass ich mich statt im Kanon in der Young Adult Unterhaltungs(igitt)literatur gewälzt habe und noch wälze, und es ist wunderbar. Es ist besser als Kaffee mit Butterbrezel und Brownies zu jeder Mahlzeit. Und da ich dieses wunderbare Gefühl ja nicht vor euch verheimlichen kann, hier nun also der überhaupt nicht polemische Aufruf zum nachmachen.
So höret und staunet!
Erstens:
The Maze Runner
Ja. Ich gebe es zu. Ich musste erst den Film sehen, ehe ich mit den Büchern angefangen habe. Hierzu sei zu sagen: der Film ist super. Man darf sich auf Teil zwei freuen.
Und die Bücher ... sind wirklich schlecht geschrieben. Und trotzdem total gut. Und wer diesem Mysterium auf die Schliche kommen will, der schalte nächsten Samstag wieder ein, bei Isa Erzählt Unsinn!
...
Nein. Es ist folgendermaßen: James Dashner bricht auf entnervendste Art und Weise sämtliche Schreibregeln, weigert sich standhaft, zu showen statt zu tellen (show don't tell, Freunde, show don't tell), hat inkohärente Charaktere, die alle ein bisschen bipolar wirken und sich nicht so richtig entscheiden können, wer sie eigentlich sind, wen sie mögen und wen nicht und warum. Dazu kommen haarstreubende Logiklücken und ein Plot, der zwar einen nachvollziehbaren Konflikt hat, aber trotz allem streckenweise grauenhaft konstruiert und unauthentisch wirkt.
Hab ich mal richtig Werbung gemacht hier, wa.
Trotz allem aber kann man das Buch nicht weglegen. Auf der ersten Hälfte vielleicht noch, ja (wer also entkommen will - tut es schnell!), danach, vergesst es. Ich habe Teil eins zum Großteil in einer Nacht gelesen (dabei alle fünf Minuten James Dashners Vertreter - das Buch - angeschrien, er könne überhaupt nicht schreiben! Und dann umgeblättert und weiter gelesen. Bis ungefähr morgens um vier), und mir innerhalb von zehn Minuten nach dem letzten Satz das zweite gekauft. Es ist ein bisschen rätselhaft. Andererseits: aller Makel zum Trotz will man wissen, wie es weitergeht. Irgendwie wachsen einem die Charaktere (oder: manche der Charaktere) doch ans Herz und man bekommt es mit der Angst zu tun (wehe, Mr. Dashner, wehe du ermordest meinen Lieblingscharakter). Außerdem ist das Tempo durchgängig gut, ausbalanciert, mal ruhiger, ziemlich oft ziemlich rasant, nie langatmig, zwar auch nie wirklich tiefgründig, aber mei. Wer stundenlang Charakteren beim Teetrinken zusehen will, dem empfehle ich dann doch eher ein paar englische Klassiker.
In jedem Fall: dieses Buch lohnt sich. Man sehe über Mängel hinweg, und ja, es gibt bessere YA Literatur da draußen. Aber das Gute am Lesen ist ja, dass man einfach alles lesen kann, es nicht dick oder krank macht, nicht verpönt ist, nicht illegal ist, und eigentlich auch sonst überhaupt keine Fehler hat. Keine! Also Ruhe jetzt.
Zweitens:
Silber
Von Kerstin Gier. Ja, eine Deutsche, hört hört! Es gibt sie noch, die deutsche Fantasy Jugendliteratur.
Zur Info: Die liebe Kerstin hat vor ein paar Jahren die Edelsteintrilogie geschrieben, Rubinrot und Irgendwasblau und Smaragdgrün, oder so. Letzter Teil dann Kackbraun, zumindest laut des toternst abgegebenen Statements meines Vaters nach einem ähnlichen Rant wie diesem hier eben, nur noch untermalt von aufgerissenen Augen und wedelnden Armen, da in der Unvirtualität (ja, so sollte man das nennen) angesiedelt. Das aber nur am Rande.
Jetzt ist es also so, dass Kerstin was neues hat, oder eigentlich nicht mehr neu. Okay, nochmal.
Nach der Edelsteintrilogie(r) hat Kerstin dann also was anderes geschrieben, nämlich die Silbertrilogie (Trilogien sind so in man, total fesch. Und eigentlich auch schon wieder out, mittlerweile). Auch Fantasy, auch Young Adult, auch schön. Ein Pageturner. Sogar ein gut geschriebener, mit Ausnahme einiger kleiner Beanstandungen, die aber vermutlich nicht der Rede wert und im Grunde nur meinem inneren Pingel geschuldet sind. Was muss man auch so verdammt akribisch sein, meine Fresse. Kann man nicht einmal ...
Alles auch sehr lesenswert also. Edelsteine wie Silber, anbei. Was die gute Frau sonst noch so geschrieben hat unterschlagen wir mal, denn das befindet sich in den Sphären der ChickLitHausfrauenMännersuche Literatur, und das ist ja nun wirklich unter unserer LitWiWürde ...
Drittens (und hier begeben wir uns in spekulative Gewässer):
Der Zahlenmörder
Ja. Es ist weder Young Adult, noch Fantasy. Es handelt von echten, erwachsenen Menschen, noch dazu in Bielefeld (vielleicht also doch ein bisschen Fantasy ... ach, wat ham wir gelacht). Und eigentlich lese ich es, weil es der (huch, Werbung) Grafit Verlag herausgebracht hat - und stellt sich heraus, da hatte der Grafit Verlag recht mit. Gutes Buch! Obwohl ich erst auf Seite 50 bin. Soviel zum Spekulativen. Andreas Hoppert, anbei. Ich lege es euch ans Herz, vorläufig. Wenn ich fertig bin und nicht mehr gut finde, lege ich es aber auch wieder weg, versprochen.
(Nachträgliche Anmerkung: es ist ein Krimi. Erwähnte ich, dass es ein Krimi ist? In jedem Fall ist es ein Krimi. Und nein, der Ermittler ist kein depressiver, geschiedener Endvierziger. Auch mal schön.)
Soho! Das wars.
Ich weiß nicht, wie diese Booktuber es schaffen, jeden Monat mindestens 37 neue Bücher zu empfehlen. Vielleicht lesen sie einfach schneller, wer weiß. Vielleicht sind sie auch alle Aliens, die auf die Erde geschickt wurden, um Menschen wie mir ein schlechtes Gewissen zu bereiten.
(Vorab: vor lauter Begeisterung über diesen nun folgenden Blog habe ich mich eben unter der Dusche am Duschwasser verschluckt. Da seht ihr mal, was ich hier auf mich nehme.)
Ich bin Literaturwissenschaftler. Naturgemäß sollte ich euch nun also erzählen, wie sehr ich es genossen habe, meine bisherigen Semesterferien damit zuzubringen, nochmal Goethes Gesamtwerk zu lesen und, zur Erholung nebenbei, alle Rollen im Othello auswendig zu lernen, im Original und mit Akzenten (ich weiß nicht, was ich für ein komisches Bild von Literaturwissenschaftlern habe, eigentlich kenn ich ja genug, um es besser zu wissen, aber das mal dahingestellt. Suhlen wir uns in Vorurteilen und erfreuen uns maßlos daran). Fakt ist aber, dass ich mich statt im Kanon in der Young Adult Unterhaltungs(igitt)literatur gewälzt habe und noch wälze, und es ist wunderbar. Es ist besser als Kaffee mit Butterbrezel und Brownies zu jeder Mahlzeit. Und da ich dieses wunderbare Gefühl ja nicht vor euch verheimlichen kann, hier nun also der überhaupt nicht polemische Aufruf zum nachmachen.
So höret und staunet!
Erstens:
The Maze Runner
Ja. Ich gebe es zu. Ich musste erst den Film sehen, ehe ich mit den Büchern angefangen habe. Hierzu sei zu sagen: der Film ist super. Man darf sich auf Teil zwei freuen.
Und die Bücher ... sind wirklich schlecht geschrieben. Und trotzdem total gut. Und wer diesem Mysterium auf die Schliche kommen will, der schalte nächsten Samstag wieder ein, bei Isa Erzählt Unsinn!
...
Nein. Es ist folgendermaßen: James Dashner bricht auf entnervendste Art und Weise sämtliche Schreibregeln, weigert sich standhaft, zu showen statt zu tellen (show don't tell, Freunde, show don't tell), hat inkohärente Charaktere, die alle ein bisschen bipolar wirken und sich nicht so richtig entscheiden können, wer sie eigentlich sind, wen sie mögen und wen nicht und warum. Dazu kommen haarstreubende Logiklücken und ein Plot, der zwar einen nachvollziehbaren Konflikt hat, aber trotz allem streckenweise grauenhaft konstruiert und unauthentisch wirkt.
Hab ich mal richtig Werbung gemacht hier, wa.
Trotz allem aber kann man das Buch nicht weglegen. Auf der ersten Hälfte vielleicht noch, ja (wer also entkommen will - tut es schnell!), danach, vergesst es. Ich habe Teil eins zum Großteil in einer Nacht gelesen (dabei alle fünf Minuten James Dashners Vertreter - das Buch - angeschrien, er könne überhaupt nicht schreiben! Und dann umgeblättert und weiter gelesen. Bis ungefähr morgens um vier), und mir innerhalb von zehn Minuten nach dem letzten Satz das zweite gekauft. Es ist ein bisschen rätselhaft. Andererseits: aller Makel zum Trotz will man wissen, wie es weitergeht. Irgendwie wachsen einem die Charaktere (oder: manche der Charaktere) doch ans Herz und man bekommt es mit der Angst zu tun (wehe, Mr. Dashner, wehe du ermordest meinen Lieblingscharakter). Außerdem ist das Tempo durchgängig gut, ausbalanciert, mal ruhiger, ziemlich oft ziemlich rasant, nie langatmig, zwar auch nie wirklich tiefgründig, aber mei. Wer stundenlang Charakteren beim Teetrinken zusehen will, dem empfehle ich dann doch eher ein paar englische Klassiker.
In jedem Fall: dieses Buch lohnt sich. Man sehe über Mängel hinweg, und ja, es gibt bessere YA Literatur da draußen. Aber das Gute am Lesen ist ja, dass man einfach alles lesen kann, es nicht dick oder krank macht, nicht verpönt ist, nicht illegal ist, und eigentlich auch sonst überhaupt keine Fehler hat. Keine! Also Ruhe jetzt.
Zweitens:
Silber
Von Kerstin Gier. Ja, eine Deutsche, hört hört! Es gibt sie noch, die deutsche Fantasy Jugendliteratur.
Zur Info: Die liebe Kerstin hat vor ein paar Jahren die Edelsteintrilogie geschrieben, Rubinrot und Irgendwasblau und Smaragdgrün, oder so. Letzter Teil dann Kackbraun, zumindest laut des toternst abgegebenen Statements meines Vaters nach einem ähnlichen Rant wie diesem hier eben, nur noch untermalt von aufgerissenen Augen und wedelnden Armen, da in der Unvirtualität (ja, so sollte man das nennen) angesiedelt. Das aber nur am Rande.
Jetzt ist es also so, dass Kerstin was neues hat, oder eigentlich nicht mehr neu. Okay, nochmal.
Nach der Edelsteintrilogie(r) hat Kerstin dann also was anderes geschrieben, nämlich die Silbertrilogie (Trilogien sind so in man, total fesch. Und eigentlich auch schon wieder out, mittlerweile). Auch Fantasy, auch Young Adult, auch schön. Ein Pageturner. Sogar ein gut geschriebener, mit Ausnahme einiger kleiner Beanstandungen, die aber vermutlich nicht der Rede wert und im Grunde nur meinem inneren Pingel geschuldet sind. Was muss man auch so verdammt akribisch sein, meine Fresse. Kann man nicht einmal ...
Alles auch sehr lesenswert also. Edelsteine wie Silber, anbei. Was die gute Frau sonst noch so geschrieben hat unterschlagen wir mal, denn das befindet sich in den Sphären der ChickLitHausfrauenMännersuche Literatur, und das ist ja nun wirklich unter unserer LitWiWürde ...
Drittens (und hier begeben wir uns in spekulative Gewässer):
Der Zahlenmörder
Ja. Es ist weder Young Adult, noch Fantasy. Es handelt von echten, erwachsenen Menschen, noch dazu in Bielefeld (vielleicht also doch ein bisschen Fantasy ... ach, wat ham wir gelacht). Und eigentlich lese ich es, weil es der (huch, Werbung) Grafit Verlag herausgebracht hat - und stellt sich heraus, da hatte der Grafit Verlag recht mit. Gutes Buch! Obwohl ich erst auf Seite 50 bin. Soviel zum Spekulativen. Andreas Hoppert, anbei. Ich lege es euch ans Herz, vorläufig. Wenn ich fertig bin und nicht mehr gut finde, lege ich es aber auch wieder weg, versprochen.
(Nachträgliche Anmerkung: es ist ein Krimi. Erwähnte ich, dass es ein Krimi ist? In jedem Fall ist es ein Krimi. Und nein, der Ermittler ist kein depressiver, geschiedener Endvierziger. Auch mal schön.)
Soho! Das wars.
Ich weiß nicht, wie diese Booktuber es schaffen, jeden Monat mindestens 37 neue Bücher zu empfehlen. Vielleicht lesen sie einfach schneller, wer weiß. Vielleicht sind sie auch alle Aliens, die auf die Erde geschickt wurden, um Menschen wie mir ein schlechtes Gewissen zu bereiten.
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