Montag, 12. Juli 2010

Und nun das Wetter

Ja, normalerweise widmen wir uns hier gewichtigeren Themen. Männern zum Beispiel. Entscheidungsfindung, dem Leben als solches.
Aber heute... entweder es liegt an den hirnerweichenden Temperaturen, die eben selbiges auch mit mir angestellt haben, weswegen mir nichts besseres mehr einfällt als den Smalltalk (selbstverständlich auf literarisch hohem Niveau, nichts für Ungut) zur Kolumne auszutreten, oder es liegt daran, dass ein für mitteleuropäische Verhältnisse derartiges Riesenevent wie eine Woche über 35 Grad am Stück OHNE Regen einfach besprochen werden muss.
Aus welchen Gründen auch immer, ich habe beschlossen, mich heute dem WETTER zuzuwenden.
Die Fakten wurden ja bereits dargelegt, wobei eigentlich jeder, der seinen Hauptwohnsitz nicht gerade in arktischen Gefilden aufgeschlagen hat, wahrscheinlich ohnehin bereits gargekocht und dementsprechend im Bilde ist. Richten wir unser Augenmerk jetzt also auf die Auswirkungen, die dieses blöde Hoch auf unser sonst so langweiliges deutsches Leben hat:
Zunächst, um mal an der biologischen Basis anzufangen, reagieren die meisten Körper auf derartige Hitze, insbesondere bei gleichzeitig weiterbestehenden schnöden Alltagstätigkeiten wie arbeiten, essen, atmen, sein, mit schwitzen und roter Haut, manch Glücklicher wird auch braun. Der Schweiß zieht folgende Kollateralschäden nach sich: Schweißhübbel auf der Haut, den ständigen Drang zu duschen und andauerndes Wäsche waschen (also, häufiger als einmal alle zwei Wochen). Angeblich stinkt man auch. Und Busfahren wird zum quasi kulinarischen Hochgenuss, lauter kleine Menschchen in einem großen fahrenden Topf, im eigenen Saft gedünstet.
Außer solch profanen körperlichen Reaktionen aber geschehen auch sonst recht seltsame Dinge: die Frohnaturen unter uns, die -zumeist- unerklärlicherweise auch gleichzeitig fanatische Sonnenanbeter sind, werden bei Temperaturen über 25 Grad aufrdringlich fröhlich, bei welchen über 30 geradezu abstoßend frenetisch und steigt das Thermometer noch weiter an näherungsweise unerträglich glücklich. Und da soll jetzt einer mal in Ruhe melancholisch sein- unmöglich.
Aber lassen wir den Glücklichen unter uns ihr Glück. MEIN potentielles Glück wäre vor ungefähr einer halben Stunde das Gewitter gewesen, das sich verheißungsvoll am Himmel abgezeichnet hatte, nur um daraufhin 5 Minuten genieselte Abkühlung vorzutäuschen, um die herrschenden Gegebenheiten nahtlos von finnischer Outdoorsauna zu allgemeinem römischen Dampfbad übergehen zu lassen.
Das wirklich Schlimme ist aber, dass (mal abgesehen von ein paar wenigen Gleichgesinnten) die allermeisten Menschen dieses Wetter als (ich zitiere) "irre geil" oder ähnlich obszön titulieren. Dabei fällt es mir wirklich extrem schwer nachzuvollziehen, was an dauervollen Waschmaschinen, klebriger Haut, unangenehmen Ausdünstungen, Sonnenbrand, Armadas von Moskitos und der schieren Unmöglichkeit, nachts zu schlafen, toll sein soll. Geschweige denn irre geil.
Aber was solls, wenigstens fühlt sich duschen bei diesem Wetter mal nicht nur nach Arbeit, sondern tatsächlich nach Erleichterung an. Außerdem ist die Gelegenheit gerade wirklich günstig, neue Weltrekorde im Ventilatorendauergebrauch aufzustellen, alternativ könnte man aber auch versuchen, ein Spiegelei auf der Straße zu braten, geht im Winter auch nicht. Und Winter muss es ja auch gar nicht sein, nur...
20 Grad, leicht bewölkt, Wind, eventuell von Zeit zu Zeit ein leichter Niesel... herrlich.
Mit dieser Vorstellung im Kopf können wir uns jetzt mal kühle Gedanken machen gehen und den Sommerfans ihren Sommer lassen- denn, genau betrachtet, ist jeglicher Warmwetterfanatismus wahrscheinlich auch Ausgeburt von einem: dem Wissen, dass wir, trotz 35 Grad, nach wie vor in Deutschland leben und der ganze Spuk bald wieder gräulichem Nieselwetter weichen wird, womit wir Wettermuffel wieder unsren Willen hätten und die Sommermenschen ein weiteres Jahr warten müssen, bevor sie wieder in den Genuss von zwei Wochen Hitze kommen. Und, wenn wir mal ganz ehrlich sind, tropische Nächte sind ja eigentlich auch wirklich ziemlich geil...

Und damit entlasse ich euch in die Sommerferien.
Farewell!
Oh: Fussball! So, jetzt haben wir auch über die WM geredet.

Dienstag, 6. Juli 2010

Ja, nein- ich mein, Jain!

Seid gegrüßt, Freunde der Volksmusik!

Long time no speak, ich weiß. Aber wenn man so schrecklich busy ist sein Leben gemanaged zu bekommen dann hat man ab und an die tendencies, manche Sachen zu vernachlässigen, weniger relevante Aspekte des zu managenden Lebens werden einfach kurzerhand outgesourced, um in ruhigeren Zeiten reactivated zu werden. So, genug kluggeschissen.

Wisst ihr, was ich glaube? Oh Gott, zu allererst glaube ich gerade, dass das Ablagesystem auf meinem Schreibtisch eventuell einer Überarbeitung bedarf, wenn ich mir den Stapel unglaublich wichtiger Zettel, die gerade aus ihrer dekorativen Schräglage über CD Spindeln und Brillenetuis, Taschenrechnern, Teepackungen und ähnlich essentiellen Dingen, die sich hier so tümmeln, sanft auf den Boden gesegelt sind, um sich dort zu ein paar weitaus weniger wichtigen Zetteln zu gesellen, die, wie ich vermute, da schon eine ganze Weile liegen. Wenigstens habe ich aber die Olive wiedergefunden, die sich gerade auch noch neben den Zetteln abgelegt hat. Wobei die Olive jetzt nichts mit meinem Ablagesystem im eigentlichen Sinne zu tun hat, obwohl sie sich schon ganz gut neben dem Instantkaffee und der Tamponbox machen würde. Nun.
Was ich aber eigentlich zum Besten geben wollte, war Folgendes: ob ihr es glaubt oder nicht, aber ich habe die grundlegende Ursache aller Entwicklungen des Lebens entdeckt. Die eine, alles entscheidende Basisfunktion des universellen Geistes. Quasi den Dietrich unter den Schlüsseln des Lebens... ja, und so weiter.
Meine höchst wissenschaftlichen Forschungen gelangten nämlich zu folgendem Ergebnis: das Leben besteht aus einer Aneinanderreihung von Entscheidungen (ich weiß nicht, obs euch aufgefallen ist, aber 'Entscheidungen' sind ein zentrales Thema in meinem Kopf, schon mitbekommen?), von wichtigen und unwichtigen , kleinen und großen, langweiligen und aufregenden Entscheidungen. Das fängt morgens nach dem Aufstehen an: Müsli oder Brot (diese Entscheidung wird Menschen wie mir meistens durch höhere Gewalten, die den Kühlschrank auf mysteriöse Weise leer werden lassen, abgenommen. Aber ich habe mir sagen lassen, dass andere Leute tatsächlich Essen in selbigem aufbewahren, und zwar nicht nur, um es zu vergessen und 7 Wochen später wegzuschmeißen)? Kaffee oder Tee? Rock oder Hose? Etc. Gemeinhin würde man solche Entscheidungen als klein und langweilig bezeichnen, hat man aber gewisse grüblerische Neigungen und ein bisschen Fantasie, dann kann man auch aus solchen Dingen gewichtige Dinge machen: Was, wenn der tolle Typ auf Arbeit mich jetzt heute endlich angesprochen hätte, wenn ich nur nicht diesen blöden Rock sondern die tolle Jeans angehabt hätte?!!
Tja, da seht ihrs mal, das Leben ist viel komplexer, als ihr denkt. Aber weiter. Wir haben also das Frühstück hinter uns gelassen, jetzt stellt sich folgende Frage: fahre ich heute Fahrrad? U-Bahn? Auto? Laufen? Reiten? Schwimmen??
Gut, nur die wenigsten Leute schwimmen zur Arbeit, Reiten soll ja auch nicht mehr so verbreitet sein. Aber trotz allem: was, wenn ich den Bus genommen hätte? WÄRE ich noch am Leben?!!
Jaja, makaber, schreit ihr jetzt, aber so schauts aus. Einmal mehr wird verdeutlicht: auch kleine Entscheidungen können weitreichende Folgen haben.
Nachdem wir nun also die 'kleinen' Dinge des Lebens bereits als weitaus schwerwiegender enttarnt haben, als sie auf den ersten Blick zu sein scheinen, wenden wir uns doch den auch oberflächlich betrachtet größeren Entscheidungen zu, die es so zu fällen gilt. Fangen wir an mit "Was soll ich werden?" über "Wo soll ich leben?" bis "WIE soll ich leben?" zu "SOLL ich leben?!!".
Ihr seht schon, es wird tiefschürfend. Und genau DA liegt der Knackpunkt: während andere Entscheidungen meist leichtfertig getroffen werden (zumindest vom Gros der Menschheit, mir sind auch Individuen bekannt, die an der Bäckertheke jeden vorlassen, der sich auch nur in vager Reichweite der Bäckerei befindet (also im Umkreis von rund zwei Kilometern), weil die Entscheidung zweischen Croissant, Brezel und Berliner einfach unfällbar ist. Aber das sind seltene, bedauernswerte Geschöpfe...), sind die angesprochenen schon härtere Nüsse. Manch einer lässt zwar auch diese ganz profan vom Universum übernehmen ('Ja, mei, jetzt hat mich halt der Bus überfahren. Was sollst machen...'), die meisten verwenden auf das oben genannte jedoch ein bisschen mehr Energie. Und manch einer, nein, wir nennen keine Namen, verwendet quasi ALL seine Energie auf derartige Dinge... Und wenn man erstmal diesen Zustand erreicht hat, wird man verstehen, was die grundlegende, von mir entlarvte Regel des Lebens ist:
Der Mensch WILL keine Entscheidungen treffen.
Deswegen tun wirs einfach. Und tun wirs nicht, fängt es im Kopf an zu summen, kontinuierlich, ständig, morgens, abends, während wir andere lästige Entscheidungen treffen ("Müsli oder Kaffee oh GOTT!!!"), während wir kacken, fernsehen, uns unterhalten, arbeiten, Sex haben, schlafen, aufwachen....
Wir wägen quasi ständig und unablässig das Für und Wider bestimmter Dinge ab, überlegen so lange hin und her, schreiben Pro und Contra Listen, schreiben neue Pro und Contra Listen, entscheiden uns, um die Entscheidung sofort wieder zu revidieren, können an nichts anderes mehr denken nerven unsere Umwelt wissen selber nicht mehr was wir eigentlich wollen und ob wir ÜBERHAUPT etwas wollen oder ob wir nicht lieber einfach nur ein Vogel sein wollen usw!! bis wir schließlich in einer Kurzschlussreaktion IRGENDWAS tun, nur, um etwas getan zu haben.
Das, liebe Freunde, ist der Kern des Lebens. Bei kleineren Dingen im Kleinformat, wahrscheinlich ohne das innere Dilemma überhaupt mitzubekommen. Bei größeren Dingen im großen Stile, gelegentlich theatralisch- ja, ich glaube sogar, viele Leute haben sich einfach nur deswegen umgebracht, um der ewigen Diskussion mit sich selbst, ob man sich denn nun umbringen solle oder nicht, ein Ende zu setzen.
Seht ihr, so einfach ist das. Und so unendlich schwer gleichermaßen. Denn selbst, wenn man diese Weisheit erkannt hat, kann man sich nicht einfach so entscheiden, man muss trotz allem auf den Kurzschluss warten, denn sonst könnte man ja die falsche Entscheidung treffen...
In diesem Sinne: ich nähere mich dem Kurzschluss, und nein, ich will mich nicht umbringen.

Cheers!

PS: Übrigens fand ich immer den Film Lola Rennt ganz vorzüglich im Bezug auf kleine Unterschiede mit großer Wirkung. Oder Butterfly Effect. Im Übrigen habe ich kürzlich Shutter Island gesehen und kann ihn durchaus weiterempfehlen, obgleich die ganze Sache ein bisschen vorhersehbar ist. Trotzdem, gut gemacht ist er allemal. Ah, und in Kürze werde ich hier mal meinen Senf zum neuen Doors Film zum Besten geben, den ich noch nicht gesehen habe, aber nächste Woche. Und, nebenbei, wenn ihrs noch nicht getan habt, dann schaut mal How I met your mother (bei akuten Suchttedenzen sei hiervon jedoch abzuraten).
So long-