Dienstag, 25. August 2015

Bücher! Bücher!

Freunde des gehobenen Unfugs!
(Vorab: vor lauter Begeisterung über diesen nun folgenden Blog habe ich mich eben unter der Dusche am Duschwasser verschluckt. Da seht ihr mal, was ich hier auf mich nehme.)

Ich bin Literaturwissenschaftler. Naturgemäß sollte ich euch nun also erzählen, wie sehr ich es genossen habe, meine bisherigen Semesterferien damit zuzubringen, nochmal Goethes Gesamtwerk zu lesen und, zur Erholung nebenbei, alle Rollen im Othello auswendig zu lernen, im Original und mit Akzenten (ich weiß nicht, was ich für ein komisches Bild von Literaturwissenschaftlern habe, eigentlich kenn ich ja genug, um es besser zu wissen, aber das mal dahingestellt. Suhlen wir uns in Vorurteilen und erfreuen uns maßlos daran). Fakt ist aber, dass ich mich statt im Kanon in der Young Adult Unterhaltungs(igitt)literatur gewälzt habe und noch wälze, und es ist wunderbar. Es ist besser als Kaffee mit Butterbrezel und Brownies zu jeder Mahlzeit. Und da ich dieses wunderbare Gefühl ja nicht vor euch verheimlichen kann, hier nun also der überhaupt nicht polemische Aufruf zum nachmachen.

So höret und staunet!

Erstens:
The Maze Runner
Ja. Ich gebe es zu. Ich musste erst den Film sehen, ehe ich mit den Büchern angefangen habe. Hierzu sei zu sagen: der Film ist super. Man darf sich auf Teil zwei freuen.
Und die Bücher ... sind wirklich schlecht geschrieben. Und trotzdem total gut. Und wer diesem Mysterium auf die Schliche kommen will, der schalte nächsten Samstag wieder ein, bei Isa Erzählt Unsinn!
...
Nein. Es ist folgendermaßen: James Dashner bricht auf entnervendste Art und Weise sämtliche Schreibregeln, weigert sich standhaft, zu showen statt zu tellen (show don't tell, Freunde, show don't tell), hat inkohärente Charaktere, die alle ein bisschen bipolar wirken und sich nicht so richtig entscheiden können, wer sie eigentlich sind, wen sie mögen und wen nicht und warum. Dazu kommen haarstreubende Logiklücken und ein Plot, der zwar einen nachvollziehbaren Konflikt hat, aber trotz allem streckenweise grauenhaft konstruiert und unauthentisch wirkt.
Hab ich mal richtig Werbung gemacht hier, wa.
Trotz allem aber kann man das Buch nicht weglegen. Auf der ersten Hälfte vielleicht noch, ja (wer also entkommen will - tut es schnell!), danach, vergesst es. Ich habe Teil eins zum Großteil in einer Nacht gelesen (dabei alle fünf Minuten James Dashners Vertreter - das Buch - angeschrien, er könne überhaupt nicht schreiben! Und dann umgeblättert und weiter gelesen. Bis ungefähr morgens um vier), und mir innerhalb von zehn Minuten nach dem letzten Satz das zweite gekauft. Es ist ein bisschen rätselhaft. Andererseits: aller Makel zum Trotz will man wissen, wie es weitergeht. Irgendwie wachsen einem die Charaktere (oder: manche der Charaktere) doch ans Herz und man bekommt es mit der Angst zu tun (wehe, Mr. Dashner, wehe du ermordest meinen Lieblingscharakter). Außerdem ist das Tempo durchgängig gut, ausbalanciert, mal ruhiger, ziemlich oft ziemlich rasant, nie langatmig, zwar auch nie wirklich tiefgründig, aber mei. Wer stundenlang Charakteren beim Teetrinken zusehen will, dem empfehle ich dann doch eher ein paar englische Klassiker.
In jedem Fall: dieses Buch lohnt sich. Man sehe über Mängel hinweg, und ja, es gibt bessere YA Literatur da draußen. Aber das Gute am Lesen ist ja, dass man einfach alles lesen kann, es nicht dick oder krank macht, nicht verpönt ist, nicht illegal ist, und eigentlich auch sonst überhaupt keine Fehler hat. Keine! Also Ruhe jetzt.

Zweitens:
Silber
Von Kerstin Gier. Ja, eine Deutsche, hört hört! Es gibt sie noch, die deutsche Fantasy Jugendliteratur.
Zur Info: Die liebe Kerstin hat vor ein paar Jahren die Edelsteintrilogie geschrieben, Rubinrot und Irgendwasblau und Smaragdgrün, oder so. Letzter Teil dann Kackbraun, zumindest laut des toternst abgegebenen Statements meines Vaters nach einem ähnlichen Rant wie diesem hier eben, nur noch untermalt von aufgerissenen Augen und wedelnden Armen, da in der Unvirtualität (ja, so sollte man das nennen) angesiedelt. Das aber nur am Rande.
Jetzt ist es also so, dass Kerstin was neues hat, oder eigentlich nicht mehr neu. Okay, nochmal.
Nach der Edelsteintrilogie(r) hat Kerstin dann also was anderes geschrieben, nämlich die Silbertrilogie (Trilogien sind so in man, total fesch. Und eigentlich auch schon wieder out, mittlerweile). Auch Fantasy, auch Young Adult, auch schön. Ein Pageturner. Sogar ein gut geschriebener, mit Ausnahme einiger kleiner Beanstandungen, die aber vermutlich nicht der Rede wert und im Grunde nur meinem inneren Pingel geschuldet sind. Was muss man auch so verdammt akribisch sein, meine Fresse. Kann man nicht einmal ...
Alles auch sehr lesenswert also. Edelsteine wie Silber, anbei. Was die gute Frau sonst noch so geschrieben hat unterschlagen wir mal, denn das befindet sich in den Sphären der ChickLitHausfrauenMännersuche Literatur, und das ist ja nun wirklich unter unserer LitWiWürde ...

Drittens (und hier begeben wir uns in spekulative Gewässer):
Der Zahlenmörder
Ja. Es ist weder Young Adult, noch Fantasy. Es handelt von echten, erwachsenen Menschen, noch dazu in Bielefeld (vielleicht also doch ein bisschen Fantasy ... ach, wat ham wir gelacht). Und eigentlich lese ich es, weil es der (huch, Werbung) Grafit Verlag herausgebracht hat - und stellt sich heraus, da hatte der Grafit Verlag recht mit. Gutes Buch! Obwohl ich erst auf Seite 50 bin. Soviel zum Spekulativen. Andreas Hoppert, anbei. Ich lege es euch ans Herz, vorläufig. Wenn ich fertig bin und nicht mehr gut finde, lege ich es aber auch wieder weg, versprochen.
(Nachträgliche Anmerkung: es ist ein Krimi. Erwähnte ich, dass es ein Krimi ist? In jedem Fall ist es ein Krimi. Und nein, der Ermittler ist kein depressiver, geschiedener Endvierziger. Auch mal schön.)

Soho! Das wars.
Ich weiß nicht, wie diese Booktuber es schaffen, jeden Monat mindestens 37 neue Bücher zu empfehlen. Vielleicht lesen sie einfach schneller, wer weiß. Vielleicht sind sie auch alle Aliens, die auf die Erde geschickt wurden, um Menschen wie mir ein schlechtes Gewissen zu bereiten.

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