Dienstag, 14. Februar 2012

Happy Valentines!

Ich liege auf dem Boden. Die Musik, die laute, in meinen Ohren dröhnende und für niemanden außer mir hörbare Musik schreit in meinen Ohren. Vor meinem Fenster hat die Nacht die Oberhand gewonnen und die Welt verdunkelt, wie eine Decke, nicht warm, aber die Sicherheit der Ungesehnheit spendend. Vielleicht Trost spendend. Vielleicht.
Warum kannst du nicht sehen, warum könnt ihr nicht sehen, warum sieht niemand- kryptische Fragezeichen tauchen auf und hüllen uns in betretenes Schweigen. Warum kann keiner sagen, was nicht stimmt, warum sind wir alle so involviert in unsere eigenen Probleme, so einzig und allein in unserem eigenen Kopf, als dass mir keiner sagen kann, was verdammt noch mal nicht stimmt, wo die Abzweigung in die falsche Richtung und uns alle ins Verderben geführt hat?
Lange Stunden, voll von makellosem Nichts, nichts, dass ablenken würde von der Leere, der Neutralität, der absoluten.
Ich sitze in einem Vakuum.
Nichts erreicht mich, während ich die Welt betrachte. Mein Stützpunkt ist die Sicherheit meines leeren Ballons, kein Gedanke, kein Gefühl, kein Atem, der mich stört.
Ich frage mich, was alle tun? Was tut ihr alle? will ich rufen, aber ich kann nicht, keine Luft.
Ich sitze in einem Vakuum und ich frage mich, wie lange ich schon hier bin, und ob es allen so geht. Sitzt jeder in seiner luftleeren Blase und schaut dem Leben beim Wahnsinn zu?
Fühlen Sie sich leer, antriebslos, fehlt Ihnen die Motivation, ihr Leben so zu leben, wie die Gesellschaft es von Ihnen erwartet, nine to five, everyday, get up! Nimm am Leben teil! Sei vorbildlich, trage zu unserer schönen, gepflegten, Rasen-trimm-Dich Gesellschaft bei und sei verdammt nochmal NÜCHTERN dabei! Und glücklich! Und ERFOLGREICH!
Ja, Herr Doktor...
Erfolg! Wie good ol' Michael Moore einst schon sagte, das Wort hat sein eigenes Ausrufezichen. Erfolg!, statt Erfolg. Wie langweilig und unmodisch wäre es denn auch. Und da wir ja hipp und zeitgemäß sind müssen wir nun also Erfolg! haben; alle, ausnahmslos, selbst die, die eigentlich lieber in ihrer luftleeren Blase sitzen und dem Vakuum frönen würden. Erfolg!'s not for everyone. Erfolg schon.
Niemand rettet uns, nicht einmal Gott. Was sollte Gott auch tun? Wenn ich Gott wäre und sehen würde, was wir, die gloreiche Menschheit, die göttliche Spezies, die Herrscher der Erde, da mit uns und unseren Leben anstellen, dann würde ich auch resignieren und mir'n Bier holen. Fuck it.
Vakuum. Ich bin betrunken, aber trotzdem wird keiner kommen, mich in den Arm nehmen und sagen, dass doch alles gar nicht so schlimm ist. Natürlich nicht.
Als ich ein kleines Kind war bin ich mit meinen Eltern umgezogen. Kaum in der neuen "Stadt" angekommen, sind wir zu einem kleinen, erholsamen Spaziergang aufgebrochen, ich, fünf Jahre alt, meine Mutter, mein Vater. Keinen Kilometer sind wir weit gekommen, da stand groß und angeberisch in asymmetrisch gesprayten Buchstaben FUCK an der weißen, bis dato unbefleckten, perfekten Rasen-trimm-Dich Wand einer soliden Vorortgarage. Ich fragte meinen Vater, was das seltsame Wort heißen soll- und, um ganz ehrlich zu sein, ich weiß nicht mehr, was er genau geantwortet hat, aber mit Sicherheit nicht- Fuck, fick dieses Leben, fick die akkurat geschnittenen Rasenflächen, fick den Erfolg!, obwohl ich es ihm, aus heutiger Sicht, zutrauen würde. Nein, er sagte etwas kindgerechtes, etwas, das den Schein des SINNS aufrecht erhält, das mich davon abhalten sollte, schon mit fünf eine der tieferliegenden Wahrheiten übers Leben zu erfahren: FUCK. Alles, was in amerikanischen Filmen ausgeblendet und überspielt wird, zensiert! Fuck.
Und jetzt, 21 Jahre später, sitze ich hier und philosophiere über ein Vakuum. Über das allgemeine Nichts. Seit Jahren. Seit Jahren tue ich nichts anderes, habe ich den Eindruck. Hier sitzen, zu laute Musik hören, Vodka trinken und mir überlegen, was zur HÖLLE das eigentlich alles soll. Sieben Umzüge haben es mir nicht gesagt. "Diverse" Studienversuche auch nicht. Alkohol nicht. Sex nicht. Kunst? Vielleicht, an guten Tagen. Alle anderen Klischees- klar, natürlich. Nein, natürlich nicht. Sonst wärs ja fast schon kein Klischee mehr.
Schaut man eben, in aller Unersprießlichkeit aller seiner verdammten LUXUSprobleme, Serien. Streckenweise mit religiösem Eifer- zur Zeit Friends. Und ich überlege mir, warum haben diese sechs so verdammt fehlerfreie Leben? Warum haben sie immer Spaß, auch wenn sie nur Tag für Tag in irgendeinem lahmen Coffeehouse sitzen, um sich die gewieften und von tatsächlich bezahlten Autoren in Schweißarbeit ausgeabeiteten Dialoge um die Ohren zu werfen, von Gelächter und Musik untermalt, das ideale Leben, attraktiv, sociable, erfolgreich (da ist es wieder) ?
Nun. Unter Umständen, weil es eine Serie ist (und eine amerikanische noch dazu...).
Ja, lacht ruhig, Menschen wie ich brauchen zwei Jahrzehnte, um zu realisieren, dass uns dort, auf dem immer flacher, demnächst wird er konkav, werdenden Blidschirm nicht das Leben, sondern die gepimpte und von jeglichem Misston befreite und außerdem elegant zusammengeschnittene und musikalisch unterlegte Version von "Leben" gezeigt wird. Manch einer braucht seine Zeit, um festzustellen, das FUCK eben doch das ist, was eigentlich dominiert. Well, no one told you life was gonna be this way MY ASS.
Kontrolle:
Ich bin 21 Jahre älter als fünf und habe mittlerweile gemerkt, dass wir nicht hier sind, um den Gänseblümchen die Blüten auszureißen, um sie als kindliche Delikatesse zu uns zu nehmen, sondern dass wir die Gänseblümchen SIND (ich würde mir wirklich wünschen, hier eines Tages wieder KURSIV schreiben zu können).
Wir wachsen, arglos, um uns dann, so unangenehm und beschissen das auch sein mag, die Blüten auszupfen zu lassen. Und was können wir machen? Nichts.
Keiner weiß, wo wir falsch abgebogen sind oder zumindest will keiner mit seinem Wissen rausrücken und jetzt müssen wir mit den Konsequenzen zu Rande kommen- well, so be it.
Und trotzdem- ich betrachte das Leben und seinen Wahnsinn von hier aus, Valentinstag, Tag der Liebe und der ganze Schwachsinn, und ich frage mich:
WAS ZUR HÖLLE ?