Donnerstag, 17. Dezember 2015

Des Drärchens unnötige Fortsetzung, Teil I


Vorab!
Ich freue mich ganz fürchterlich, ein neues Drärchen in die Welt hinaus zu pusten und damit natürlich (selbstverständlich) einen unerlässlichen Beitrag zur Weihnachtsstimmung und allem beizutragen. 
So. Wer will, darf gerne hierhier und hier Teil eins bis drei des letztjährigen Originaldrärchens nachlesen.
Damit nun also, ne. 




Vorspiel
Vor einem Jahr, so munkelt man,
War Ferniziens Königin dran.
Jetzt ist sie töter als ein Stein[1][2]
Nackt ward sie gefunden (von einem armen Schwein)
 Der Faltenwurf war wunderbar!
Das Volk feierte.
Und als es wieder nüchtern war,
Nach mehreren kurzen Wochen,
War sie schon steif und angerottet,
Die Krone wurde eingemottet,
Und der Handlanger zum Haupt ernannt,
Die arme Sau; doch so gings ins Land.
Ein Jahr ists her und wieder
Weihnachtets sehr
In Fernizien, doch dieses Mal
Mit neuen Exerzitien.
So hört und staunt und lest gebonnen,
Es war einmal, neu ersonnen.


Es folgt: des Weihnachtsdrärchens unnötige Fortsetzung
Es treten auf:
Der Handlanger
Gustavo
Der Handlanger des Handlangers
Der Königliche Intendant
Gelangweilte Schauspieler 1 - 4
Meger Vohn
Teler Vohn in einer Gastrolle
Eine knochige Frau
Ein einsamer Rächer
Ein Zierfischer
Der Zauberlehrling
Diverse Dorfbewohner
Einige Eichhörnchen
Ein Geier
Und: Der Zauberer …




Intro
Es war einmal in einem fernen, fernen Königreich. Oder nein, es war einmal in Fernizien, streichen sie den ersten Teil … Haben Sie das? Gut. Was? Nein, Sie sollen das nicht mit aufschreiben … ach geben Sie her! Zu nichts zu gebrauchen, dieser Meger Vohn …
Intro, zweiter Versuch
Es war einmal im fernen Königreiche Fernizien, mon.fr.K.reich[3]. Ein Jahr war vergangen, seitdem die Königin am vergangenen Weihnachtsabend durch den heroischen und im Großen und Ganzen doch beeindruckenden Einsatz des Zauberlehrlings gestürzt worden war. Seither war Fernizien ein friedliches und beschauliches Reich geworden, dem es an nichts mangelte außer adäquater Monarchie; hieran hatte sich also nicht viel verändert. Auch sonst waren viele, liebgewonnene Traditionen aufrechterhalten worden. Im Dorfe lebte der Pöbel, trat Hunde, jagte Ratten und ärgerte sich über den Hofstaat; am Hofe lebte man in Saus und Braus und ignorierte den Pöbel weitestgehend. Doch wie bedauerlicherweise jedes Jahr so näherte sich auch in diesem Jahr das Weihnachtsfest schneller als eine Schwindsüchtige dem Medikamentenschrank, und es wollten Vorbereitungen getroffen werden. Vorbereitungen, die mehr denn je dem Handlanger oblagen, der sich in seiner neuen Rolle als Interimsherrscher mehr als unwohl fühlte, dennoch aber fand, eine ganz gute Figur abzugeben auf dem Thron; zumindest, wenn er sich ein wenig seitlich setzte und das Kinn auf die Faust stützte, weswegen er sich auch gleich in dieser Position hatte malen lassen. Aber ich schweife ab.
Weihnachten näherte sich also, und die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren, im fernen Königreich Fernizien, mon.fr.K.reich. Doch Düsteres näherte sich …

1.     Akt, Ouvertüre
Ein dunkler Wald, früher Morgen. Es raschelt dramatisch im Geäst und würde ebenso dramatisch im Laub rascheln, wären die Bäume nicht winterlicher Wipfeldürre zum Opfer gefallen. Ebenfalls der Wipfeldürre zum Opfer gefallen ist der Mann, der mürrisch auf seinem Pferd sitzt und an seiner Mütze zupft, mit der er die Wipfeldürre zu kaschieren versucht. Neben seinem Pferd, das ebenso mürrisch wie er aussieht, aber bedeutend mehr Haar besitzt, steht ein weiteres Pferd, dessen Knochen sich stalagmitengleich in die kalte Luft bohren und gelegentlich klirrend an einen weiteren Satz spitzer Knochen stoßen, den der Frau, die auf ihm sitzt, nämlich. Alle vier produzieren kleine, weiße Wölkchen und sehen preisverdächtig verdrießlich drein. In einiger Entfernung sieht man ein Eichhörnchen sehr entschlossen mit einem Stein auf den gefrorenen Boden einschlagen, während ein anderes Eichhörnchen ein Stück daneben steht und unmerklich den Kopf schüttelt. Im Hintergrund erscheint die spitze Nase eines Fuchses, die unmissverständlich auf die beiden Eichhörnchen gerichtet ist. Als er zum Sprung ansetzt, wird er jedoch in letzter Sekunde von einem herabstechenden Geier zur Seite geworfen, der in der nahrungsknappen Not dazu übergegangen ist, seine Definition von Aas ein wenig zu dehnen. Im Vordergrund lässt das erste Eichhörnchen seinen Stein fallen und zeigt dem zweiten Eichhörnchen einen Vogel. Der mürrische Mann und die knochige Frau blicken weiterhin verdrießlich.

MÜRRISCHER MANN: Seid Ihr sicher, dass dies der richtige Weg ist?

KNOCHIGE FRAU: Selbstverständlich! Wie könnt Ihr es wagen - !

MÜRRISCHER MANN (hebt abwehrend die Hände, sagt jedoch nichts. Man weiß ja nie.)

KNOCHIGE FRAU (entschlossen): Da entlang!

MÜRRISCHER MANN (mürrisch): Wenn Ihr meint.

Hufgetrappel setzt ein. Sie entfernen sich. Wir verweilen noch einige Sekunden an Ort und Stelle, gerade noch lang genug, um zu sehen, wie eines der Eichhörnchen von einem Geier aus dem Flug geschnappt wird und das andere ihnen ungläubig nachstarrt. Im Hintergrund sehen wir einen Fuchs unmerklich den Kopf schütteln.

1.     Akt, 1. Szene
Am Hofe Ferniziens, im Thronsaal, am Tag vor Weihnachten. Der Handlanger sitzt steif auf dem Thron und fühlt sich aktiv unwohl. Ihm gegenüber steht ein dünner, junger Mann und fühlt mit ihm. Gustavo sitzt auf einem prächtigen Stuhl am Fenster und übt sich im Augenverdrehen.

HANDLANGER: Nun, äh, Handlanger, ähm …

HANDLANGER DES HANDLANGERS: Richtig, Eure, äh, Hoheit?

HANDLANGER: Ja, hm, eigentlich nicht …

HANDLANGER DES HANDLANGERS: Aber …

GUSTAVO (springt dramatisch auf, wirft die Hände in die Luft und den Kopf in den Nacken): Bitte, könnte sich wenigstens einer von euch beiden einen anderen Titel geben? Nicht mal ich komme noch nach!

WACHE (steht am Rand und kichert verschämt in seine Rüstung)

GUSTAVO (redet sich ein wenig in Rage): Du könntest wenigstens das Schild an deinem Büro ändern. Was soll denn eigentlich das Volk denken!

HANDLANGER (senkt seinen Blick auf seine in roten Bommelschuhen steckenden Füße): Ja, Schatz …

GUSTAVO (setzt an, wird aber vom Handlanger des Handlangers unterbrochen)

HANDLANGER DES HANDLANGERS: Ich störe ja nur höchst ungern …

WACHE (leise an Wache neben sich): Was er nicht sagt …

ANDERE WACHE (reißt weit die Augen auf und nickt wissend)

HANDLANGER DES HANDLANGERS: Aber …

GUSTAVO (fährt herum und funkelt zweiten Handlanger an): Hat das nicht vielleicht einen Moment Zeit?

HANDLANGER DES HANDLANGERS: Sicher; aber, mit Verlaub, der Lamettalieferant dürfte da anderer Meinung sein. Zudem sollten die letzten Vorbereitungen für das Weihnachtsdrama getroffen werden. Ihr seid euch doch sicher im Klaren darüber, dass morgen bereits Weihnachten ist und das Volk nach dem Sturz der Königin etwas Besonderes erwartet.

HANDLANGER: Ja, natürlich …

Es klopft lautstark an der Tür. Der Handlanger sinkt ein wenig auf seinem Thron in sich zusammen. Gustavo seufzt theatralisch und macht ein Geräusch, das stark an „Argh!“ erinnert. Unzählige Wachen treten aus ihren Verstecken hinter den schweren Samtvorhängen, die den Thronsaal säumen, und formieren sich. Man hört einen von ihnen leise einzählen. Die meisten der Wachen wippen bereits im Takt mit; ehe sie zu ihrem penetrant musicalhaften Stück ansetzen können fliegt jedoch die enorm schwere Doppeltür des Thronsaals auf und ein dafür erstaunlich kleiner und alter Mann betritt strammen Schrittes und sichtlich verstimmt die Szene.

KLEINER ALTER MANN (an Handlanger; mit unangenehm hoher, zum Räuspern animierender Stimme): Was soll denn die Scheiße? Im Hof stehen die bestellten zwei Tonnen Lametta. Würde sich einer dazu herablassen, mich zu bezahlen? Und versucht gar nicht erst, es in Naturalien zu versuchen, das zieht nicht mehr!

Die Wachen verschwinden verschämt wieder hinter den Vorhängen. Gustavo wirft beiden Handlangern bedeutungsschwere Blicke zu; der Handlanger rutscht unbequem auf dem Thron herum, der trotz all seiner Bemühungen auch nach einem Jahr noch kein Sitzkissen bekommen hat. Der Handlanger des Handlangers schürzt die Lippen und sieht selbstzufrieden auf den Boden.

HANDLANGER: Nun, äh. Wir sind ein wenig im Verzug!

KLEINER ALTER MANN (resolut): Das sehe ich!

HANDLANGER: Wir werden selbstverständlich … (wird von vor dem Fenster aufkommendem Tumult unterbrochen)

SCHRILLE STIMME AUS DEM HOF: Himmelarsch, Karl!

KARL (vermutlich): Reg dich ab, Gerda.

Man hört einige Rüstungen in rhythmischen Trab verfallen, zunehmend aufgeregte Stimmen rufen durcheinander. Die königlichen Trompeter nutzen die Gunst der Stunde, um das königliche Trompeten zu üben, ehe die Instrumente nacheinander abrupt verstummen. Schließlich legt sich unheimliche Stille über den Hof, fast so, als schritte ein Zauberer bedeutungsschwer über dessen Mitte und würde dabei düster unter seiner Kapuze hervor nach links und rechts sehen.

GUSTAVO (am Fenster): Schatz, sieh nur!

HANDLANGER (eilt zu ihm, wirft einen Blick auf den lehmigen, wenngleich winterlich gefrorenen Hof): Oh.

Es wird langsam dunkel. Vorhang.

1.     Akt, 2. Szene
Der Zauberer, ehemals Zauberlehrling, schreitet bedeutungsschwer über den Hof des Schlosses. Dabei wirft er düstere Blicke nach rechts und links. Der anwesende Hofstaat geht theatralisch aus dem Weg, vereinzelte Hofdamen fallen strategisch in Ohnmacht. Nachdem die königlichen Trompeten allesamt erstorben sind, hört man nur noch die königliche Pauke düstere und erstaunlich gleichmäßige Paukenschläge über den Hof pauken. Alle Augen sind auf den Zauberer gerichtet, der langsam im Spotlight weiterschreitet, während der Rest des Hofes dunkler zu werden scheint.

ZAUBERER (murmelt): Dem Untergang geweiht war der Hof; die Königin war weg, und ihre Schwester fand das gar nicht doof …

ZIERFISCHER (der die Schwere der Situation noch nicht begriffen zu haben scheint): Was?

ZAUBERER (bleibt kurz stehen, wirft dem Zierfischer einen irritierten Blick zu, geht weiter): Ach, nichts …

Vorhang.




[1] Wir entschuldigen uns im Voraus bei der Steincommunity und verweisen nur zu gerne auf die moralisch geradezu mittelalterlichen Verhältnisse, die zur Zeit des Drärchens in Fernizien geherrscht haben. Die Verfasser sind nach Beendigung der Niederschrift ein paar Hexen verbrennen und Gänse vergewaltigen gegangen; des Nachdrucks wegen.

[2] Wir entschuldigen uns auch bei den Gänsen und werden nun aus Platzgründen darauf verzichten, weitere Minderheiten zu erwähnen.
[3] Monarchiefreies Königreich

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