Mittwoch, 5. Dezember 2012
Stollen und Scheiß
Ho ho ho*,
wenn einem Last Christmas aus den Lautsprechern sämtlicher Läden entgegen plärrt, wenn die Fußgängerzonen verstopft sind und die Menschen aus Festtagsgründen scheinbar extra langsam gehen, wenn man den Eindruck hat, seit Anbeginn der Zeit nichts anderes als Schokolade und Glühwein zu sich genommen zu haben, wenn einen quälende Überlegungen zum alles überschattenden Thema 'Geschenk' plagen und einen das seltsame Bedürfnis überkommt, Ally McBeal zu schauen (gut, das ist jetzt vielleicht ein individuelleres Problem) - dann, ja dann, Freunde des Lamettas, dann ist Weihnachten.
Schon wieder.
Meine Jahre vergehen so schnell, manchmal hab ich ja den Eindruck, da ein bisschen hinterher zu hinken. Seit ungefähr drei bis vier Jahren zum Beispiel will ich zu Weihnachten ein Märchen für Erwachsene schreiben. Immer noch nicht gemacht, auch dieses Jahr nicht. Generell habe ich dieses Jahr nicht viel weihnachtliches getan bislang: keine Kekse, keine Kerzen. Kam aber auch so plötzlich, grad war noch August und zwusch! Weihnachten. Verrückt. Und das, wo sie einen doch ab ca. September daran erinnern, dass es bald wieder soweit ist; Stichwort Stollen und Scheiß. Tja mei, der geübte Mensch kann auch am heimatlichen Bahnhof auf der Suche nach dem Ausgang die falsche Tür nehmen und aufs Gleis zurückgehen, von dem er gerade gekommen ist - da ist son bisschen Süßkram übersehen ja fast schon eine Anfängerübung.
In jedem Fall aber, und da werden wir uns wohl alle einig sein, stecken wir - überraschend oder nicht, manch einen hat die ganze Festtagsgeschichte ja vielleicht auch nicht ganz so überrumpelt wie mich dieses Jahr - schon wieder mitten drin, der Punsch steht uns quasi bis zum Hals. Und sobald man das festgestellt hat verfällt man in Weihnachtsstandardmodus und steht auf einmal auf Al Green, Schnulzen (Love Actually...), Charles Dickens, Kerzen und in der Kälte rumstehen, sofern man dabei eine Tasse in der Hand hält. Gegebenenfalls fängt man auch an, ein bisschen über die Zeit zu lamentieren...
Wie dem auch sei - es weihnachtet mal wieder sehr. Macht damit, was ihr wollt, baut meinetwegen Schneepenisse und hängt Girlanden drumrum, solange ihrs ein bisschen genießt und bei längeren Aufenthalten im Freien die Tasse nicht vergesst. Weil eigentlich, wenn man jetzt mal dem Zynismus ein bisschen Pause gönnt, der freut sich ja auch, dann ist Weihnachten ja doch ganz schön. Und mir ists auch allemal lieber, dass ständig Weihnachten ist als ständig Luftangriff oder sowas. Wenn es nur nicht immer ganz so plötzlich käme...
In diesem Sinne: Schöne Weihnachtszeit - und früher war mehr Lametta!
*Nicht das, was ihr jetzt denkt. Ihr versauten kleinen Schweinderln.
Donnerstag, 25. Oktober 2012
Shenanigans.
Ich sitze auf einer Treppe vor der Kirche und versuche über den Straßenlärm hinweg dem Organisten zuzuhören. Ein riesiger Köter biegt um die Ecke und starrt mich aus großen, runden Augen in einem Kopf von der Größe eines Medizinballs an - erst auf den zweiten Blick sehe ich die Leine, an der der Köter seinen Besitzer nach sich zieht. Immerhin. Mein erster verräterischer Blick muss all meinen Schrecken über die unerwartete Konfrontation mit dem Hund der Baskervilles freigelegt haben, der Besitzer lächelt mich milde an, der tut nix. Der will nur spielen. Haben sie das von King Kong nicht auch gesagt? Keine Ahnung. Will nur spielen, okay. Dann geht er weiter, der Hund, und zieht sein lächelndes Herrchen nach sich, komm, Mensch. Mensch, komm doch endlich.
Alle anderen tun es ihm gleich, Passanten und Passäntchen. Gehen an mir vorbei und gucken vielleicht kurz, aber dann gehen sie weiter, alle von ihnen, irgendwohin, nach hause, in die Kneipe, ins Kino. Ins Kino will ich auch, später.
Ein Roller fährt vorbei und bohrt seinen durchdringenden Klang in die durch die dicken Kirchenmauern ohnehin dumpfe Orgelmusik. Der Wind weht mir die Haare ins Gesicht und sie bleiben auf meinen Lippen kleben, auf halbfeuchten, halbtrockenen Lippen, ein paar Haare, rote.
Wo der Köter von eben jetzt wohl ist und wie viele Mitmenschen er auf dem Weg dorthin noch erschreckt hat?
An der Straßenecke kurbelt eine blonde Frau Anfang fünfzig die Markise vor ihrem Laden nach oben; Zeit, abzuschließen, nach hause zu gehen. Nach hause, noch eine. Ich will immer noch ins Kino.
Vereinzelte, mollige Harmonien dringen durch die schwere Holztür. Es ist schön hier zu sitzen, die Passanten ziehen vorbei und die Musik trägt meine eckige Stimmung mit sich heraus, heraus aus meinem kleinen Quadratmeter Welt. Hier fühlt es sich gut an, okay. Das Leben, auf meinem Meter auf dem Meter auf dem Meter, Kubikmeter statt Quadrat. Mein Kubikmeter Leben, mit allen Menschen und Hunden und noch dazu in Moll. Vielrohrige Tongebilde, die von innen gegen das alte Gemäuer stoßen und sich eisern gegen den Metall aus dem schwarzen Auto an der Ampel wehren; Musik, die für den Bruchteil einer Sekunde in meiner Welt ist und dann nicht mehr. Genau wie der Hund und sein Besitzer, die blonde Frau und alle anderen. Kurz schieben sie ihre Fühler in mein Leben, dann ziehen sie weiter und lassen nichts zurück außer einen schalen Nachgeschmack, war da was? Immer ein bisschen mehr. Sammelsurium.
Wo sie hinwollen? Nach hause, in die Kneipe?
Keine Ahnung. Ich - ich will ins Kino.
PS: Oxymoron. Jetzt haben wir auch ein Stilmittel.
Good nite.
Dienstag, 25. September 2012
Herbst.
Der Herbst ist mein Liebling. Schon immer gewesen und immer noch. Wenn alles bunt wird, windig und kühl, dann bin ich glücklich und freue mich darüber, wieder in Pullover und Stiefeln allein im Regen spazieren zu gehen- und ja, auch das habe ich schon immer gemacht und überall. Und überall hat es was für sich, in großen Städten ist der Herbst grauer und für manche vielleicht unfreundlicher, aber nirgends ist es so schön, sich mit einem Buch und einer Tasse Irgendwas in ein Café zu setzen und dem Herbst beim stürmen zuzusehen, wie in einer Stadt, in der besagter Herbst in regelmäßigen Abständen von U-Bahnen verdeckt wird und Unmengen von Menschen mit aufgespannten Schirmen vor dem Wasser flüchten, das auf sie niederprasselt und sie daran erinnert, dass der Sommer vorbei ist. Die meisten fluchen dann, und ich bin zufrieden.
Als Kind im Kaff, in dem meine Eltern wohnen, wars aber auch schön, wobei man U-Bahn da vermutlich im Fremdwörterlexikon nachschlagen würde und generell sowieso zu beschäftigt damit ist, seine Schafe zu scheren, als dass man sich groß Gedanken um den Herbst machen könnte (schert man Schafe im Herbst?). Da, wo niemand ist, geht auch keiner spazieren, der einen in seiner verregneten Ruhe stören könnte, und erst recht nicht wenns stürmt. Immer diese Schönwetterspazierer.
Hier ists aber auch schön- Tübingen mag ja klein sein, aber der Neckar unter schweren, bunten Bäumen, uralte Giebelhäuser am Ufer, Schwäne, die sich mental auf die Abreise in den Süden einstellen- das ist schon auch schön. Ein leichter Regenschauer- Cafés hats hier auch. Nur keine U-Bahnen.
Alles in allem ist der Herbst das Beste vom Jahr. Erst halbwarm und sonnig, dann immer kühler und deutlich weniger bunt- die Sonne wärmt nicht, "sie lässt uns kalt, sie scheint zum Schein" (der Kästner Erich, "Herbst auf der ganzen Linie")- ein Glück, sonst schwitzt man immer so in Mantel und Schal.
In jedem Fall aber- ich wünsche euch einen wunderschönen, orange-roten Herbst, viel Tee und Bücher, Peanuts (der große Kürbis wird kommen!), schöne Zugfahrten, knisterndes Laub, Drachen, Kastanienmännchen, Laternen, alte Kirchen im Abendlicht, Gruselgeschichten und ein bisschen Nachts im Wald ;)
Oder, um es (mehr oder weniger) mit Erin Morgenstern's Worten zu sagen:
I wish you a glorious autumn, pumpkin-flavored and sweater-cozy!
Dienstag, 18. September 2012
Das liest doch nur wieder keiner.
So. Ich bin grad so im Schreibfluss und habe geständigerweise auch bissl Wein getrunken, also dachte ich, ich sülz mal ein wenig im Äther herum, immer wieder nett, zumindest für mich, ich weiß ja nicht, wie ihr da so drüber denkt, und ja: Punkte.
Also. Heute war ich im Kino (oh nein, kollektives Aufstöhnen, die ersten verlassen ihre Plätze und gehen pissen, um sich währenddessen zu überlegen, ob sie nochmal zurückkommen oder lieber gleich nach hause fahren, wo ihre Frau Hackbraten mit Kartoffeln gekocht hat), in 'To Rome With Love', mal wieder ein bisschen Woody Allen, hat ja auch was. Das heißt, meistens hat Woody Allen was, You Will Meet A Tall Dark Stranger fand ich jetzt nicht so überzeugend, aber hey, jeder hat mal nen schlechten Tag oder ein schlechtes Jahr oder wie auch immer. It's not your day, your week, your month or even your year, wir kennen das ja. Zumindest die unter uns, die sich durch zehn Staffeln Friends geschaut haben, die dürften das ganz gut kennen, und ja, da zähle ich mich dazu (au weia).
In jedem Fall fand ich den ganz nett, kürzlich hab ich mir auch mal Midnight In Paris angeschaut, ja, auch schon, den fand ich echt gut. Den heute fand ich auch gut, ganz nett ist vielleicht ne Untertreibung und Mister Allen wäre wohl auch nicht so angetan von dem Urteil- wobei es ihm vermutlich eher egal ist, was kleine Mädchen aus der schwäbischen Provinz so über seine Filme denken. Wobei, Neurotiker denken über alles nach. Glaubt mir, ich spreche aus Erfahrung.
Also, wo war ich- ach ja. Der Film. War schon gut. Obwohl ich eigentlich nicht so ein Fan von Episodenfilmen bin, da gibts immer wen, den ich nicht mag, und dann muss ich ein Viertel vom Film damit zubringen (oder ein Fünftel oder Drittel, je nachdem eben, wie viele Episoden es so gibt) mir diesen Idioten anzuschauen. Ich glaube, deswegen habe ich auch einen Hang zu Büchern, die nur aus einer Sicht erzählt werden- wenn ich den einen Erzähler mag, schön, wenn nicht, weg damit. Wenn da ständig neue kommen ist das ja völlig unvorhersehbar.
Also, Woody Allen. Ich werde mir Annie Hall anschauen, den habe ich noch nicht gesehen, oh ja, steinigt mich. Den Paten hab ich ja inzwischen mal angeschaut, aber mit den Klassikern ist das ja auch so ne Sache. Alle sagen, musst du gesehen haben und dann schämt man sich, wenn mans dann nicht gut findet, obwohl wahrscheinlich niemand wirklich überzeugt davon war und alle nur so tun, weils ja ein Klassiker ist. So ist das eben, mit Tolstoi im Bücherregal gibt sichs viel besser an als mit Stephen King und trotzdem gefällt mir King besser. Okay, ich hab jetzt noch nie Tolstoi gelesen, aber ich schließ jetzt einfach rück. Also, von anderem. Egal.
Gut. Es regnet, der Sommer ist vorbei, ich find das ja immer sehr schön, andere weniger, so ist das eben, kann ich nichts machen. Aber ich find den Herbst super und auf Amazon bestellt hab ich auch heute. Also, nicht den Herbst, sondern Bücher, ja, noch mehr davon, manchmal spreche ich auch mit echten Menschen, im real life, nicht virtuell. Hätte das einer vor dreihundert Jahren gesagt, er wäre vermutlich verbrannt worden.
So weit, liebe Freunde des allenesken Humors, und nun ein wenig Werbung.
Samstag, 15. September 2012
50 Shades of Bienchen and Blümchen
Alternativtitel: Exactly Two Shades of Grey And One Hell of An Annoying Chick
Da denkt man, man kauft sich den Hardcoreporno (ja, okay...) und dann stellt sich das Ding als ChickLit Roman erster Klasse heraus, der noch dazu mit reichlich und nach der zwanzigsten einfach langweiligen Sexszenen vollgestopft ist, die dann noch nicht mal wirklich schockieren. Ja, mei, ne Peitsche- süß.
Die zuckrige Ana Steele ist ja angeblich 22, wirkt aber eher wie 16 und erweckt den vagen Eindruck, irgendwie mit Bella Swan verwandt zu sein. Da könnt es einem ganz anders werden vor lauter Naivität, Unschuld, Unerfahrenheit, Ungeschicklichkeit; dazu konstantes Erröten wegen allem und eine gewisse, gewaltig an den Nerven des gewillten Lesers zerrende Vergötterung dieses Kerls, der sich da Christian Grey nennt.
Der ist eigentlich auch das Einzige, was das Buch noch ein bisschen interessant macht, sofern man auf dark and twisted steht. Wobei auch da die Erzählkunst der Autorin an ihre Grenzen stößt: was ja ganz hübsch immer wieder angedeutet wird, wird nicht weiter erklärt als so kurz nebenbei, quasi zwischen zwei Orgasmen (die natürlich ausnahmslos alle überirdisch sind, is klar, ne) und auch da weniger zufriedenstellend. Wenn man sowas schon einbaut in seinen Sexroman, könnt man dann nich bitteschön vielleicht auch - ? Aber nein, sie vögeln lieber. Und ja, er will ganz fürchterliche Dinge und ja, Ana ist ja so unglaublich stark, dass sie das macht, und ihre Inner Goddess! Whoa...Oh my. Bah, Schreibstil, Miss James. Naja.
In jedem Fall- okay. Die 50 Shades lesen sich gut und ganz fix, gibt ja auch keine allzu verwirrende Handlung, die irgendwie verstanden werden will. Tatsächlich ist Handlung im Großen und Ganzen eher etwas, das man länger sucht und nachhaltig vermisst, aber gut. Bis Seite 200 ungefähr dachte ich ja noch, hm, okay, vielleicht kommt noch was, weil, wie gesagt, angedeutet wurde viel, gehalten wurden die Versprechen aber ja eher nur minimal. Die poppen halt. Er ist wunderschön und sie irgendwie doof. Die entscheidende, alles wendende Szene kommt 5 Seiten vor Schluss und das Ende selbst ist reichlich fad. Gelesen hab ichs trotzdem, offensichtlich, war ja auch ganz unterhaltsam, aber den zweiten Teil werd ich mir wohl dann doch nicht geben.
So weit so gut, jetzt ham wir auch mal nen Erotikroman gelesen.
Bleibt nur zu sagen: Säufste, stirbste; säufste nich, stirbste och- also: säufste!
Cheers!
Dienstag, 4. September 2012
Nachts im Zirkus
The Circus arrives without warning, no announcements precede it... It is simply there, when yesterday it was not.
Ich hatte mir dieses Buch gekauft, weil das Cover hübsch und der Titel interessant war. Zwei Anläufe habe ich dafür gebraucht, weil ich beim ersten Mal durch das Fehlen eines aussagekräftigeren Klappentexts als die obigen Sätze abgeschreckt war- wer weiß, was man sich da zulegt? Gemacht hab ich es dann trotzdem und bereut habe ich es keine Zeile lang: The Night Circus von Erin Morgenstern ist glaube ich eins der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe- und da kommen schon ein paar zusammen.
Wenn man ein Buch aufschlägt und vom ersten Satz an nicht mehr davon lassen kann, wenn einem die knapp 500 Seiten einfach zu kurz erscheinen, wenn man Teil des Buchs werden will, weil einem alles außerhalb plötzlich noch trostloser und grauer erscheint als ohnehin schon, dann ist es ein gutes Buch. Nicht unbedingt förderlich für Dinge wie Realitätsbezug, aber reality is overrated, anyway.
Eine Geschichte so einfallsreich und detailliert, so verschlungen und meisterlich erzählt wie ich es bislang glaube ich nur bei der Unendlichen Geschichte gelesen hatte. Ein Zirkus so dunkel und absorbierend und artistisch in jeglicher Hinsicht, ein schwarz-weißer Jahrmarkt der Wunderlichkeiten, mit dem vereinzelten Flecken Rot dazwischen. Eine Geschichte um Zauberei, Magie und Illusionen- und einen bizarren Wettstreit, ein bisschen Liebesgeschichte, viel erzählerische Finesse in Form kurzer Textabschnitte, die zu verschiedenen Zeiten am selben Ort oder zur selben Zeit an verschiedenen Orten spielen; erst ein wenig verwirrend, aber mit dem stärker werdenden Gefühl, dass sich die Fäden am Ende zu einem faszinierenderen Ganzen zusammenfügen werden, als man sich es erhofft hatte- ein Gefühl, das wohl kaum enttäuscht werden wird. Das Buch ist eine einzige Traumreise in eine Welt, in der Tiere aus Papier zum Leben erwachen und die Realität nach Belieben verändert werden kann, in der Uhren nicht einfach nur die Zeit anzeigen, in der niemand ist, wer er zu sein scheint und in der sich den Grenzen von dem, was vorgibt die Welt und das Leben zu sein nicht nur genähert wird, sondern in der sie mit wehenden Fahnen hinter sich gelassen werden.
Ein so schönes Buch. Ein dunkles Buch, ein bisschen Mysterium und viel Fantasieüberschwang. Viele lange Kleider und ein allgegenwärtiger Bowler-Hut, da in den späten Achzehnhunderten angesiedelt. Ein Buch, so schön, dass man gelegentlich verzückt schnurrend seine Wange daran reiben muss, um seine Zuneigung kundzutun...
Jetzt weiß ich, warum nicht mehr auf dem Buchrücken stand: man kann das, was sich alles zwischen den zwei Buchklappen befindet, unmöglich sinnvoll auf einer davon komprimieren, nicht mal ansatzweise.
Man muss: es einfach lesen.
Samstag, 25. August 2012
Französischer Fressblog
Bonsoir, mes amis-
über die Unterschiede zwischen französischen und deutschen Croissants könnte man wahrscheinlich wissenschaftliche Abhandlungen verfassen, wenn es einem nicht zu blöd wäre.
Das, meine Herren und jaja, die Damen auch, verbuche ich nun unter einem gelungenen Einstieg. Sowohl das Croissant in Nahrungsmittelform (wobei die französische Variante eher unter der Rubrik Frittierfett geführt werden sollte, wie ich finde) als Entrée ins Land der eigenwilligen Essenszeiten, als auch als literarischen blabla (Satz nach Belieben vollenden).
Essen ist ja sowieso so ne Sache in Frankreich, in jedem Fall hatte ich mehr als einmal den Eindruck, misstrauisch beäugt zu werden, während ich mir meine kreativen Kreationen aus davonlaufendem Weichkäse, Baguette und Keksen zu Gemüte geführt habe, vielleicht liegt das aber auch an der Paranoia. In jedem Fall aber kann ich ganz gut mit Käse und Baguette leben, kopfschüttelndes Äugeln hin oder her, nur mit der französischen Kaffeekultur komme ich irgendwie nicht so richtig klar, war der beste Kaffee meines einwöchigen Aufenthaltes doch einer, für den der Franzose wohl ein weiteres Mal verzweifelt den tête geschüttelt hätte; Automatenplörre am Gare de l'Est, in Montparnasse war ich zu sehr damit beschäftigt mich nicht in den steinernen Eingeweiden im Betonbauch Paris' zu verlaufen.
Und um dem Essen noch eins draufzusetzen: Moules. Nicht geschafft. Keine Moules für Isa, weil der echte Franzose die nicht vor acht abends isst, eine Uhrzeit, zu der ich zumeist schon wieder mit Lidlwein in guter Gesellschaft beschäftigt war (shame on us). Wie dem auch sei, es gab sie, die Muscheln, sie sind kein maritimer Mythos- in jedem Fall liegen sie zu Hauf im Watt herum und warten auf ihre Schlachtung, sofern man bei Muscheln von Schlachten sprechen kann. Wattwürmer gabs da auch, aber ich bezweifle stark, dass die jemand isst- nicht mal die Franzosen.
Abgesehen von Essen kann man in Frankreich aber auch noch andere schöne Dinge tun, wie zum Beispiel überraschende 10 Kilometer Wanderungen in Espandrillos (nicht empfehlenswert, zumindest nicht wenn man die Espandrillos ist), oder auch radebrechen. Französisch radebrechen, wohlgemerkt, man darf natürlich auch gern eine andere Sprache zur Rate ziehen, dann kann man mit den Franzosen zusammen falsche Sätze bilden, aber in der Regel radebreche ich in Frankreich gern auf Französisch, sehr zur gelegentlichen Erheiterung meiner bedauernswerten Gesprächspartner respektive der guten Gesellschaft- insbesondere nach dem Genuss einer Flasche Lidlwein. Trotz allem lässt man sich davon jedoch nicht abhalten, wobei man in der Regel überlebensnotwendige Dinge dazulernt: tire-bouchon wäre da so eins, oder auch café à porter. Womit ich eigentlich schon wieder beim Essen bin- bei der Gelegenheit kann also auch gleich noch angemerkt werden, dass das Gefühl, mit seinem Reisewörterbuch, dass als einzige essbare Tiere poule und crevette führt, das Übersetzen von Speisekarten nicht nur peinlich ist, sondern das Bestellen gleichermaßen ein wenig einem russisch Roulette gleicht. Nicht, dass unsereins so experimentierfreudig wäre- Galette avec fromage liegt noch im Bereich der gewagten, sprachlichen Möglichkeiten, auch wenn die auf den ersten Blick wenig zugehörige, nichtsdestotrotz bedauerlicherweise passende Antwort des leicht gelangweilten Kellners ('Feel free to speak English') dann doch ein winziges bisschen demütigt. Man gelobt Besserung und wälzt sich abends bestimmt zehn Minuten lang durch den A1 Wortschatz (Französisch Leistungskurs, o Holder Traum meiner schlaflosen Nacht im zugigen Zelt, lang ists her).
Zuzüglich ließe sich jetzt noch so einiges anmerken, Sand in der Badehose zum Beispiel, kostenlose Navettes, der Atlantik, lustige Jungs, die einen im Carrefour ansprechen, ob man ihnen Vodka kaufen kann. Eine prima Bucht in flimmernder Hitze, Möwen, Strand am Abend und in höchstem Maße gelungene Fotos von selbigem. Ach, erwähnte ich das Essen? ...
Nun. In jedem Fall ein gelungener Urlaub, Wetter gut, Wasser salzig, die Moules waren frites, auch wenn ich keine davon bekommen habe. Der Zeltplatznachbar war ein wenig gruslig und ich könnte schwören, dass er am letzten Abend meine letzte Dose Bier von vor dem Zelt geklaut hat, aber das ist jetzt ein anderes Kapitel, vielleicht sollte ich wirklich mal einen Blog zum Thema 'Die ungeahnten Freuden Paranoider Spinnereien' oder so ähnlich schreiben.
Ansonsten bleibt nur zu erwähnen, merci, pour des vacances formidables! Und:
Vive la France!
PS: Ich konnte mich nur mit Mühe davon abhalten, den ganzen Text auf Französisch zu verfassen. Dankt mir, dass ich es nicht getan habe, wahrscheinlich wars zum Besten aller Beteiligten.
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