Dienstag, 4. September 2012

Nachts im Zirkus


The Circus arrives without warning, no announcements precede it... It is simply there, when yesterday it was not.

Ich hatte mir dieses Buch gekauft, weil das Cover hübsch und der Titel interessant war. Zwei Anläufe habe ich dafür gebraucht, weil ich beim ersten Mal durch das Fehlen eines aussagekräftigeren Klappentexts als die obigen Sätze abgeschreckt war- wer weiß, was man sich da zulegt? Gemacht hab ich es dann trotzdem und bereut habe ich es keine Zeile lang: The Night Circus von Erin Morgenstern ist glaube ich eins der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe- und da kommen schon ein paar zusammen.

Wenn man ein Buch aufschlägt und vom ersten Satz an nicht mehr davon lassen kann, wenn einem die knapp 500 Seiten einfach zu kurz erscheinen, wenn man Teil des Buchs werden will, weil einem alles außerhalb plötzlich noch trostloser und grauer erscheint als ohnehin schon, dann ist es ein gutes Buch. Nicht unbedingt förderlich  für Dinge wie Realitätsbezug, aber reality is overrated, anyway.

Eine Geschichte so einfallsreich und detailliert, so verschlungen und meisterlich erzählt wie ich es bislang glaube ich nur bei der Unendlichen Geschichte gelesen hatte. Ein Zirkus so dunkel und absorbierend und artistisch in jeglicher Hinsicht, ein schwarz-weißer Jahrmarkt der Wunderlichkeiten, mit dem vereinzelten Flecken Rot dazwischen. Eine Geschichte um Zauberei, Magie und Illusionen- und einen bizarren Wettstreit, ein bisschen Liebesgeschichte, viel erzählerische Finesse in Form kurzer Textabschnitte, die zu verschiedenen Zeiten am selben Ort oder zur selben Zeit an verschiedenen Orten spielen; erst ein wenig verwirrend, aber mit dem stärker werdenden Gefühl, dass sich die Fäden am Ende zu einem faszinierenderen Ganzen zusammenfügen werden, als man sich es erhofft hatte- ein Gefühl, das wohl kaum enttäuscht werden wird. Das Buch ist eine einzige Traumreise in eine Welt, in der Tiere aus Papier zum Leben erwachen und die Realität nach Belieben verändert werden kann, in der Uhren nicht einfach nur die Zeit anzeigen, in der niemand ist, wer er zu sein scheint und in der sich den Grenzen von dem, was vorgibt die Welt und das Leben zu sein nicht nur genähert wird, sondern in der sie mit wehenden Fahnen hinter sich gelassen werden.

Ein so schönes Buch. Ein dunkles Buch, ein bisschen Mysterium und viel Fantasieüberschwang. Viele lange Kleider und ein allgegenwärtiger Bowler-Hut, da in den späten Achzehnhunderten angesiedelt. Ein Buch, so schön, dass man gelegentlich verzückt schnurrend seine Wange daran reiben muss, um seine Zuneigung kundzutun...
Jetzt weiß ich, warum nicht mehr auf dem Buchrücken stand: man kann das, was sich alles zwischen den zwei Buchklappen befindet, unmöglich sinnvoll auf einer davon komprimieren, nicht mal ansatzweise.
Man muss: es einfach lesen.

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