Montag, 20. Juli 2015
Mut zum Kontrollverlust
Erstaunliche Dinge sind geschehen in den vergangenen sechs Wochen. Nicht alles davon war schön, aber der Großteil zumindest richtungsweisend. Es ist eine seltsame Sache, dieses Leben, aber man wälzt sich trotzdem irgendwie jahrelang hindurch, und auf einmal stellt man fest, dass man eigentlich beinahe klar kommt, dass es irgendwie okay ist, und dass (und jetzt Obacht) man sich im Grunde ganz gut fühlt dabei.
Manch einer mag vertraut sein mit meiner Grundannahme, dass das Konzept des Glücklichseins ein Mythos und dementsprechend natürlich nur verächtlich unter hochgezogenen Augenbrauen beiseite zu wischen ist. Tatsächlich bin ich mir immer noch nicht ganz sicher, ob dauerhaftes Glücklichsein ohne konstante Alkoholzufuhr möglich ist. Worüber ich aber in den letzten Wochen eine geradezu bizarre Klarheit erlangt habe ist folgendes: man kann sich wohlfühlen, zufrieden sein und irgendwie Spaß am Leben haben, auch wenn man einfach lebt wie bisher. Klingt komisch, is aber so.
Es ist ein obskurer Moment, wenn man sich dabei ertappt, wie man einfach zufrieden ist, obwohl man sich in so viele Dinge hineinsteigern könnte, die mal wieder nicht so laufen, wie das ursprünglich angedacht war. Wenn man merkt, wie man sich zwar der suboptimalen Natur mancher Angelegenheiten bewusst ist und das auch liebend gerne ändern würde, es aber gleichermaßen akzeptiert, dass das eben gerade nicht geht. Außerordentlich ungewohnt.
Ich weiß nicht so wirklich, woran diese ganze höchst befremdliche Entwicklung liegt und rede mir ein bisschen ein, dass alles auf mein jetzt bereits sechs Wochen altes Veganexperiment zurückzuführen ist; andererseits kanns das allein auch nicht sein. Viele Bananen sind ja schon toll und so, aber das Leben steht und fällt nicht mit der Banane allein (man verkneife sich die Vielfalt der Sexwitzchen, die mit dieser Aussage mitgeliefert wurden).
Was also dann?
Ich habe die Hoffnung, dass das, was hier gerade passiert, eine normale Entwicklung ist, die sich "erwachsen werden" nennen könnte, sofern man in solchen ausgelutschten Terminologien herumpulen will. Wir setzen hier erwachsen jetzt mal nicht mit langweilig gleich, auch nicht mit eingefahren und unflexibel und dem allem, sondern eigentlich nur mit - hm. Vielleicht ein bisschen klüger als zuvor? Wie auch immer wir das jetzt definieren, vermutlich bleibt das ohnehin jedem selbst überlassen, in weniger als zwei Monaten werde ich dreißig - was, wie ich gerade feststelle, ausgeschrieben noch viel beängstigender wirkt als ausgesprochen. Anders betrachtet aber, wenn dreißig werden mit Zufriedenheit einhergeht, dann tue ich es liebend gerne.
Dann wiederum lässt sich natürlich nichts an einer Zahl festmachen. Die schwammige Klarheit, die ich nun in minutiöser Kleinstarbeit erlangt habe, und der ich immer noch nicht wirklich über den Weg traue, ist anderen vielleicht in die Wiege gelegt. Andere wieder nennen mich Esofreak und halten sämtliche Epiphanien meinerseits für Humbug. Letzten Endes ist das aber alles irgendwie egal; was zählt ist das Ergebnis und auf dem Weg vom Startschuss bis zum sich gut fühlen ist alles erlaubt, was keinen umbringt. Folgendes allerdings halte ich für eine gute Grundlage: Kontrolle ist eine Illusion. Eine schöne Illusion, aber eine Illusion nichtsdestotrotz.
So wirklich weiß sowieso keiner, was er tut. Keiner weiß irgendwas und am wenigsten was er will. Morgens klingelt der Wecker und man steht auf, abends geht man wieder ins Bett, schon wieder zu spät, wieder keine acht Stunden Schlaf. Dazwischen weißes Rauschen, durchsetzt von Kaffeepausen.
Ich habe die Theorie, dass sich die Menschheit in folgende zwei Gruppen einteilen lässt: die, die ihre Wohnungstür abschließen, statt sie nur ins Schloss fallen zu lassen, wenn sie morgens aus dem Haus gehen, und die, die dasselbe tun, wenn sie sich nachts ins Bett legen, aber nicht umgekehrt. Noch bin ich zu keinem befriedigenden Pauschalurteil gekommen, was welche Gruppe aussagt, aber ich gehöre zu letzterer, fürchte um Leib und Leben und verwirkliche meinen Kontrollzwang in luxuriösem Türverriegeln.
"Universum hier, Isa hier, alles, wo es hingehört. Ich denke nicht nach. Ich schlafe." *
Ich befinde mich im eigentümlichen Zustand unabänderlichen Unwissens. Tun wir alle. Traditionell ist Nachdenken die Waffe meiner Wahl und ein Mangel an Kontrolle meine größte Angst, also baue ich Scheinsicherheiten mittels Grübeln und versuche, das Unkontrollierbare durch Gedanken kleinzusortieren. Ich lege im Kopf Butterbrotpapier über alles und ziehe mit weichen Bleistiften Linien um Zusammengehöriges, dann beschrifte ich, kritzele einzelne Worte in die formlosen Blasen: Freunde. Uni. Bücher. Sonstiges.
Oft ist das in Ordnung. Manchmal aber läuft der Verstand ins Leere, steuert auf etwas zu und verliert es kurz davor aus den Augen, rennt daran vorbei und braucht ein paar Meter, um seinen Lauf abzubremsen und umzudrehen und dasselbe noch mal zu tun, in die andere Richtung. Manche Sachen entziehen sich dem Nachdenken und verunsichern damit. Werden unberechenbar wie die schwarze Spinne, die man jeden Moment an der weißen Wand erwartet, abends, kurz bevor man das Licht ausschaltet.
Dann traut man sich nicht, hinzusehen. Will man aber. Und wenn man es tut, dann will man die Störung wegüberlegen, geht aber nicht. Man kann sie noch nicht mal wegdiskutieren. Kann keine schlüssigen Argumente finden und läuft im Kreis.
Wo soll das nur alles mal enden, fragst du dich jeden Tag die angemessenen siebzehn Mal und schüttelst dabei langsam den Kopf. Wohin soll das nur alles mal führen! Optionen:
a) zu Rum und Ehre
b) siehe c)
c) in die Klappsmühle
d) [Lücken bitte mit Kreativem füllen]
e) Arbeitslosigkeit, Geldnot und einem fürchterlichen Dasein im Freien bei Regen
f) nichts davon, mit Milch
Das Problem an allem: Kontrolle.
Man wird es schrecklich leid. Werde in Zukunft nur noch existentialistische Lyrik verfassen. Beginne Unterfangen mit Googlesuche 'Haiku'.
Was also jetzt? Ikeamöbel zusammenschrauben brachte keine Erleuchtung (obgleich die Erfahrung, ein "selbsterklärendes" Regal aufzustellen, um es am Tag darauf wieder ab- und dann richtig nochmal aufzubauen durchaus therapeutisch war). Nach fünfminütigem Überlegen stellt man fest: mehr fällt einem nicht dazu ein. Nichts, was wirklich irgendetwas bringen würde oder Sicherheit gäbe oder sonst irgendwie gut wäre. Alle Kontrollnetze, die man seinem Leben und sich auferlegt, sind schlechte Imitate von schlechten Imitaten von irgendetwas, das man sich in monatelangem Nachdenken als Theoriekonstrukt im Kopf zurechtgelegt hat und das vermutlich auch nur dort funktioniert.
Wenn einer fragt, was wir tun; wir proben das Reenactment von Zombieland. Alternativen wären in der Wüste Sterne anschauen, gerne auch mit Weltraumteleskop, obwohl eventuell schwer umzusetzen. Oder auch in Südfrankreich am Strand liegen. Man sollte viel mehr in Frankreich an Stränden liegen, macht halt bloß keiner, vermutlich nicht mal die Franzosen.
Sinnig wäre jedoch:
Den Kontrollfreak sperren wir im Keller ein. Zumindest planen wir, es zu tun, sobald wir ihn vom Treppengeländer losgerissen haben, an dem er sich krampfhaft festklammert und in voller Lautstärke IHR SEID ALLE DEM UNTERGANG GEWEIHT! schreit, seit ungefähr einer Woche.
Klingt durchaus plausibel; alles weitere findet sich dann.
Wir sehen: hat man erst einmal akzeptiert, nie wirklich Kontrolle über irgendetwas zu haben, lebt sichs deutlich entspannter. Vielleicht ist das ja des Rätsels Lösung, vielleicht komme ich langsam zu dem Schluss, dass Entscheidungen nicht so wichtig sind, wie ich immer dachte, dass es "das Richtige" nicht gibt, und dass man sich sein Leben zur Hölle machen kann, indem man mit diesen Tatsachen nicht klarkommt - oder es eben lässt und stattdessen Wein trinken geht. Seit einer Weile plädiere ich irgendwie für letzteres, und habe außerordentlich viel Spaß daran. Es lebt sich ziemlich gut in diesem eigenartigen Zustand des Zufriedenseins. Jetzt nur versuchen, nicht in alte Verhaltensmuster zurückzuverfallen, denn ein bisschen fremd bin ich mir schon, momentan. Andererseits kann man auch mit Fremden Wein trinken gehen, dann lernt man sich erfahrungsgemäß schneller kennen als ohne (vielleicht liegt ja doch alles nur am Alkohol, wer weiß).
In diesem Sinne, cheers!
* Wolfgang Herrndorf, Bilder deiner großen Liebe
Montag, 2. März 2015
Das Wort Problem schon allein.
Es ist seltsam, wenn es draußen schon dunkel ist, aber noch Vögel schreien. Es fühlt sich deplatziert an, Anfang März, und gleichzeitig wie ein unauffälliges Winken vom Frühling, der zwar noch schnell ein paar emails beantworten muss, dann aber bestimmt gleich da ist, sofern er die nächste Bahn bekommt.
Boyhood war ein wirklich guter Film. Am Anfang mochte ich ihn nicht besonders, und nach den drei Stunden war ich auch nur halb vom Gegenteil überzeugt. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr merke ich: Boyhood war ein wirklich guter Film; I just thought there would be more.
Man denkt, es kommt mehr, mehr Handlung, mehr Spannungsbögen, mehr von allem und größer. Kam es aber nicht, nicht im Film und nicht im Leben, weswegen wir irgendwann am Tisch sitzen und die Welt verfluchen: I just thought there would be more.
Ist das der Grund, weswegen wir uns immer neue Ziele stecken, um den Zustand der Stagnation, der Resignation und des allgemeinen Wahnsinns zu umgehen? In battle to preserve sanity one must remember the following rules. Um immer mehr zu bekommen. Immer größer und bunter und besser. Und während wir auf immer bunter warten tragen wir schwarz, während wir auf größer hoffen arbeiten wir an den Babysteps.
Wahrscheinlich ist die Fähigkeit, zufrieden zu sein, die beste, die man haben kann. Zufrieden zu sein mit farbig statt neongrell, mit medium size statt extra large. Man strebt nach dem Ultimum, obwohl man bereits weiß, dass man es nicht bekommen kann; aber statt sich mit anderem zufrieden zu geben und vielleicht eine medium sized version an Zufriedenheit zu erreichen verbeißt man sich im perfekt unerreichbaren und ist unglücklich, denn! Das ist was wir können, darin sind wir gut.
Filme für die Quarterlifecrisisgeplagten:
- Frances Ha
- Appropriate Behavior
Ein bisschen nicht wissen, ob man schon falsch abgebogen ist, ob man noch darauf zusteuert, ob mans irgendwie umgehen kann; so many possible indentities and none of them seem right.
Vielleicht war früher alles besser? Man hat geheiratet und Kinder bekommen. Keine Wahl, keine Qual (alternativ: no brain no pain).
(Es ist nichts Verwerfliches an der Lebensabschnittskrise. Ich habe den Eindruck, die letzten vierzehn Jahre in einer zugebracht zu haben. Vielleicht ist manch einer aber auch dazu geneigt, sein ganzes Leben dementsprechend anzulegen, verschachtelt und mit Hang zur Sackgasse, lauter blättrige Labyrintheinbähner, an deren Ende Sphinxen warten und unlösbare Rätsel in den Äther spucken. So linear wie ein Chemiebaukasten. Wir bedrucken grüne Jacken mit Fragezeichen und tragen sie bei jeder Gelegenheit; ein Trip ins Krisengebiet, man beachte den wunderschönen Wildwuchs zur Rechten. Aber keine Scheu vor Risiken, Freunde, heute mal ohne Zähneputzen ins Bett!)
Und aber: über das ver-zweifeln. Nicht zweifeln. Nicht immer so viel denken. Don't think, just do. Wer nicht reinpasst passt daneben und wer nicht daneben passt passt darüber; Heterogenität ist die Struktur, die unter allem liegt und alles dabei aneinanderleimt, so uneben wie ein Uhrwerk (Orange), in Dauerbewegung, ewiges Klicken und rasten, ein- wie aus-, weiter und weiter und am Ende wird im Rückblick sowieso alles schön geredet. Schön geredet? Vielleicht war es ja tatsächlich schön. Ein bisschen vom fragezeichenförmigen Grünspan abkratzen und das Rot genießen, wie Sonnenaufgang, wie Rotwein, wie die [xxx] (ich werds nicht sagen, nein).
Dementsprechend also:
THUS spoke (Sarah Schuster) Zarathustra.
He said: if he's not the word of God God never spoke.
Amen.
PS: Birdman. That's all.
Samstag, 24. Januar 2015
I'm not a fighter, I won't fight you
... und irgendwann kann man richtig nicht mehr von falsch unterscheiden und vorwärts nicht mehr von rückwärts, man weiß nicht mehr, ob was man tut einen Sinn ergibt, oder ob man sich den Sinn nur einredet, weil er eben gerade so schön ins Bild passen würde; man weiß nicht, ob man sich selbst täuscht, indem man sich sagt das ist jetzt so, oder ob man nicht vielleicht eigentlich gar nicht mehr weiß, ob irgendetwas eigentlich noch einen Nutzen hat oder ob wir im Grunde nicht sowieso alle nur wie die kopflosen Hühner über unseren kosmischen Spielplatz torkeln, ab und an gegeneinander stoßen und die Bedeutung davon hoffnungslos falsch verstehen.
Vielleicht sind wir auch einfach alle irgendwo auf der Strecke wahnsinnig geworden und keiner hats gemerkt.
Die Tage sind zu kurz und ähneln mehr denn je der Messywohnung; deckenhoch schwankende Stapel schlecht sortiertes Irgendwas, mit Mühe und dem System jahrelanger Unordnung findet man ungefähr die Hälfte von dem, was man sucht. Der Rest modert vor sich hin, wird vergessen, oder später wiedergefunden; zu viel von allem und nichts scheint entbehrlich, heute habe ich schon wieder das alles nicht gemacht, ich sollte anfangen Not To Do Listen zu schreiben, so viele Dinge, die ich nicht getan habe und dann abhaken könnte. Vielleicht ist man auch einfach zu langsam, vielleicht sollte man aufhören zu schlafen oder weniger grübeln.
Man schleppt ein ständiges Gefühl irgendetwas vergessen zu haben mit sich herum. Irgendetwas, auf dem Weg zwischen Vergangenheit und Zukunft. Es ist nicht das Jetzt, nein, das drängt sich sehr penetrant in den Vordergrund und schiebt damit den Konjunktiv in die hinteren Hirnregionen, wo er zum schlechten Gewissen wird. Das Jetzt ist groß und pulsiert wie eine Eiterbeule, manchmal tut es auch weh. Am Fuße des Jetzt hat sich viel bald, morgen, heute Abend, vielleicht später angesammelt und wartet, klein und ein bisschen unscheinbar und halb vergessen im alles unter sich begrabenden Schatten der Gegenwart, die mit zu viel gefüllt ist, was vielleicht nie hätte darin sein sollen und trotzdem auf eine perfide Art Sinn ergibt (da ist er wieder).
Und so oft droht einfach alles im Dunkel zu verschwinden, obwohl man sich nichts mehr herbeisehnt als Licht; so häufig liegt man nachts wach, obwohl man nur schlafen will; andauernd droht einen das Leben zu überfluten mit all seinen kleinen, hinterhältigen Komponenten, die einem in den Rücken fallen, sich anhäufen und groß werden, eine Flutwelle, die sich meterhoch auftürmt, den Himmel zur Erinnerung verkommen lässt und auf einen zurast, bis man in einer letzten Momentaufnahme den Dreck darin sieht, eine braune Wand, eingefroren in den Details der letzten Sekunde, ehe sie über einem zusammenschlägt, unter sich begräbt und alles, was war, mit sich nimmt.
So oft, zu oft, fühlt sich das Leben so an. Manchmal ist es laut dabei, schreit einen an, hundert Stimmen aus weit aufgerissenen Mündern, der Zug, der durch den Kopf rast, von nirgendwo nach nirgendwo fährt, voller Menschen mit Augen, die nur aus Weiß zu bestehen scheinen, Haare flattern im Wind.
Und manchmal ist es leise, farblos, kalt, irgendwo unter Null, unter neutral, langsam und schwerfällig und eingepackt in feuchte Watte, die nichts rein, aber auch nichts raus lässt.
Manchmal lebt man auch auf ihr, der Nullinie, wenn man Glück hat häufig, irgendwo in der Neutralität.
Und manchmal fängt das Leben an zu leuchten, wird groß und bunt; die Sonne, die auf die Häuserfront fällt und eine Phalanx aus Farben daraus macht; Lichter und das ewige Blau über dem Kopf, das ebenso wie die Wand aus Wasser zuvor über einem steht, aber einen in sich aufnimmt, fliegen lässt. Die Sonne, die auf die geschlossenen Lider fällt und die Welt in Rot taucht, die auf den höchsten Stellen des eigenen Gesichts aufprallt und sich in die weiße Haut gräbt und die noch fadenscheinige, aber stärker werdende Wärme in einen hineinträgt, wo man sie versucht, aufzufangen, zu konservieren, für schlechte Tage einzulagern.
An manchen Tagen sieht man sich selbst an und merkt, dass es okay sein kann. Dass es sogar gut sein kann. Dann sieht man die Menschen, mit denen man sein Leben teilt, und weiß nicht mehr wohin mit sich, man möchte lachen vor Glück und tut es auch. Man merkt, dass die vielen kleinen, hinterhältigen Dinge, die zwar so häufig groß und überwältigend werden, auch so unbedeutend sein können, wenn man sie in Relation zu allem anderen setzt; wenn man es will, und wenn man es schafft, in den Momenten, in denen einem schon die Gischt des Tsunamis ins Gesicht spritzt, sich zur Ruhe zu zwingen.
In den Augenblicken, in denen das Leben einfach nur gut ist, in denen der seltene Vogel kommt und kurz bleibt, ehe er weiterfliegt, merkt man, was man eigentlich hat. Trotz allem, was passieren oder nicht passieren mag - das hier ist mein Leben, und ich wünschte, es würde häufiger jemand kommen, mit auf die Schulter tippen und sagen: jetzt.
Denn schneller als einem lieb ist ist der Vogel weitergeflogen und hat die leuchtenden Häuserfronten und die Sonne mit sich genommen. Alles türmt sich wieder auf (vielleicht hatte es sich auch nie abgetürmt), und irgendwann macht sich der Eindruck bemerkbar, dass man verlernt, Worte aneinanderzureihen, Sätze zu bilden, Sinn zu ergeben. Gleichermaßen drängt sich das Gefühl auf, auch aus Worten und Sätzen, die man liest, keinen Sinn mehr ziehen zu können; vage Bedeutungen verschwimmen im Kopf und schließen sich zu bunten Spiralen aus Konditionalformen zusammen, ein einziger Rausch aus Missverständnissen, hinein in den Ausguss aus Gedankenmüll, weg damit, weg damit.
Manchmal wird das Geradeausdenken schwierig, also denkt man in Kreisen, malt Flächen mit Farbe aus, statt Worte zusammenzukleben. Manchmal, manchmal auch häufig, braucht man leiernde Rhythmen und Stimmen und Melodien, weil alles andere zu konkret ist und man geradlinig ja nicht mehr vorankommt. Dann wacht man morgens auf und die Welt ist weiß, man fängt an, sein altes Leben zu vermissen und fragt sich einmal mehr, wo das eigentlich hinführen soll, aber das weiß man ja nicht. Alles scheint zeitgleich richtig und falsch zu sein. Man landet im Kinderliedland des eigenen Kopfes, wo alles alles bedeutet und deswegen gar nichts, wo einem nichts anderes übrig bleibt, als weiterzumachen und auf die Sonnentage zu warten; die, für die es sich lohnt, die Tage, an denen man das Tippen auf der Schulter spürt und die Stimme hört: jetzt.
Vielleicht sind wir auch einfach alle irgendwo auf der Strecke wahnsinnig geworden und keiner hats gemerkt.
Die Tage sind zu kurz und ähneln mehr denn je der Messywohnung; deckenhoch schwankende Stapel schlecht sortiertes Irgendwas, mit Mühe und dem System jahrelanger Unordnung findet man ungefähr die Hälfte von dem, was man sucht. Der Rest modert vor sich hin, wird vergessen, oder später wiedergefunden; zu viel von allem und nichts scheint entbehrlich, heute habe ich schon wieder das alles nicht gemacht, ich sollte anfangen Not To Do Listen zu schreiben, so viele Dinge, die ich nicht getan habe und dann abhaken könnte. Vielleicht ist man auch einfach zu langsam, vielleicht sollte man aufhören zu schlafen oder weniger grübeln.
Man schleppt ein ständiges Gefühl irgendetwas vergessen zu haben mit sich herum. Irgendetwas, auf dem Weg zwischen Vergangenheit und Zukunft. Es ist nicht das Jetzt, nein, das drängt sich sehr penetrant in den Vordergrund und schiebt damit den Konjunktiv in die hinteren Hirnregionen, wo er zum schlechten Gewissen wird. Das Jetzt ist groß und pulsiert wie eine Eiterbeule, manchmal tut es auch weh. Am Fuße des Jetzt hat sich viel bald, morgen, heute Abend, vielleicht später angesammelt und wartet, klein und ein bisschen unscheinbar und halb vergessen im alles unter sich begrabenden Schatten der Gegenwart, die mit zu viel gefüllt ist, was vielleicht nie hätte darin sein sollen und trotzdem auf eine perfide Art Sinn ergibt (da ist er wieder).
Und so oft droht einfach alles im Dunkel zu verschwinden, obwohl man sich nichts mehr herbeisehnt als Licht; so häufig liegt man nachts wach, obwohl man nur schlafen will; andauernd droht einen das Leben zu überfluten mit all seinen kleinen, hinterhältigen Komponenten, die einem in den Rücken fallen, sich anhäufen und groß werden, eine Flutwelle, die sich meterhoch auftürmt, den Himmel zur Erinnerung verkommen lässt und auf einen zurast, bis man in einer letzten Momentaufnahme den Dreck darin sieht, eine braune Wand, eingefroren in den Details der letzten Sekunde, ehe sie über einem zusammenschlägt, unter sich begräbt und alles, was war, mit sich nimmt.
So oft, zu oft, fühlt sich das Leben so an. Manchmal ist es laut dabei, schreit einen an, hundert Stimmen aus weit aufgerissenen Mündern, der Zug, der durch den Kopf rast, von nirgendwo nach nirgendwo fährt, voller Menschen mit Augen, die nur aus Weiß zu bestehen scheinen, Haare flattern im Wind.
Und manchmal ist es leise, farblos, kalt, irgendwo unter Null, unter neutral, langsam und schwerfällig und eingepackt in feuchte Watte, die nichts rein, aber auch nichts raus lässt.
Manchmal lebt man auch auf ihr, der Nullinie, wenn man Glück hat häufig, irgendwo in der Neutralität.
Und manchmal fängt das Leben an zu leuchten, wird groß und bunt; die Sonne, die auf die Häuserfront fällt und eine Phalanx aus Farben daraus macht; Lichter und das ewige Blau über dem Kopf, das ebenso wie die Wand aus Wasser zuvor über einem steht, aber einen in sich aufnimmt, fliegen lässt. Die Sonne, die auf die geschlossenen Lider fällt und die Welt in Rot taucht, die auf den höchsten Stellen des eigenen Gesichts aufprallt und sich in die weiße Haut gräbt und die noch fadenscheinige, aber stärker werdende Wärme in einen hineinträgt, wo man sie versucht, aufzufangen, zu konservieren, für schlechte Tage einzulagern.
An manchen Tagen sieht man sich selbst an und merkt, dass es okay sein kann. Dass es sogar gut sein kann. Dann sieht man die Menschen, mit denen man sein Leben teilt, und weiß nicht mehr wohin mit sich, man möchte lachen vor Glück und tut es auch. Man merkt, dass die vielen kleinen, hinterhältigen Dinge, die zwar so häufig groß und überwältigend werden, auch so unbedeutend sein können, wenn man sie in Relation zu allem anderen setzt; wenn man es will, und wenn man es schafft, in den Momenten, in denen einem schon die Gischt des Tsunamis ins Gesicht spritzt, sich zur Ruhe zu zwingen.
In den Augenblicken, in denen das Leben einfach nur gut ist, in denen der seltene Vogel kommt und kurz bleibt, ehe er weiterfliegt, merkt man, was man eigentlich hat. Trotz allem, was passieren oder nicht passieren mag - das hier ist mein Leben, und ich wünschte, es würde häufiger jemand kommen, mit auf die Schulter tippen und sagen: jetzt.
Denn schneller als einem lieb ist ist der Vogel weitergeflogen und hat die leuchtenden Häuserfronten und die Sonne mit sich genommen. Alles türmt sich wieder auf (vielleicht hatte es sich auch nie abgetürmt), und irgendwann macht sich der Eindruck bemerkbar, dass man verlernt, Worte aneinanderzureihen, Sätze zu bilden, Sinn zu ergeben. Gleichermaßen drängt sich das Gefühl auf, auch aus Worten und Sätzen, die man liest, keinen Sinn mehr ziehen zu können; vage Bedeutungen verschwimmen im Kopf und schließen sich zu bunten Spiralen aus Konditionalformen zusammen, ein einziger Rausch aus Missverständnissen, hinein in den Ausguss aus Gedankenmüll, weg damit, weg damit.
Manchmal wird das Geradeausdenken schwierig, also denkt man in Kreisen, malt Flächen mit Farbe aus, statt Worte zusammenzukleben. Manchmal, manchmal auch häufig, braucht man leiernde Rhythmen und Stimmen und Melodien, weil alles andere zu konkret ist und man geradlinig ja nicht mehr vorankommt. Dann wacht man morgens auf und die Welt ist weiß, man fängt an, sein altes Leben zu vermissen und fragt sich einmal mehr, wo das eigentlich hinführen soll, aber das weiß man ja nicht. Alles scheint zeitgleich richtig und falsch zu sein. Man landet im Kinderliedland des eigenen Kopfes, wo alles alles bedeutet und deswegen gar nichts, wo einem nichts anderes übrig bleibt, als weiterzumachen und auf die Sonnentage zu warten; die, für die es sich lohnt, die Tage, an denen man das Tippen auf der Schulter spürt und die Stimme hört: jetzt.
Freitag, 26. Dezember 2014
Des Drärchens dritter Teil
3.
Akt, II. Szene
Auf
dem Marktplatz im Dorf. Inzwischen ist es Nacht. Die Dorfbewohner
wetteifern mit dem Hofstaat um den Preis für den gelangweiltesten
Gesichtsausdruck, der Handlanger eilt hektisch umher, Gustavo
unterhält sich gedämpft, aber angeregt mit einer der dicken Frauen.
Die Königin steht inmitten der Menschen, ihre wallenden Gewänder
werden strategisch von intelligent platzierten Fackeln ausgeleuchtet.
Uhus schuhuen im Hintergrund und machen sich dabei ohne Zweifel über
das Spektakel lustig. Eine sehr alte Frau hinkt gebückt auf die
Königin zu und überreicht ihr mit gesenktem Haupt eine halb
zerfleischte Ratte.
KÖNIGIN
(angeekelt): Handlanger!
Man will mich für dumm verkaufen!
HANDLANGER
(eilig):
Nein nein, eure Majestät. (Wirft
einen vorsichtigen Blick auf das Geschenk der Alten und kann sein
angewidertes Zurückschrecken nur mit viel Mühe als spastisches
Kratzen am Ohr überspielen) Das
ist ein, äh, traditionelles … eine rituelle, ähm, Ehrerbietung
der …
GUSTAVO
(steht plötzlich lautlos hinter dem Handlanger, der unheilvoll
zusammenzuckt, als sein Lebensgefährte das routinierte Wort
ergreift): Das,
eure Majestät, ist eine altfernizische Dunkelblutratte. Sehr
selten, sehr wertvoll. Muss leider sofort nach ihrem Tod in Fetzen
gerissen werden, da sie sonst ihre Wirkkraft verliert. Sehr gut für
den Teint, Teuerste.
Der
Handlanger starrt Gustavo ungläubig an und nickt dann verhement.
KÖNIGIN:
Ach
… wirklich?
GUSTAVO
(entspannt): Aber
natürlich. Reibt euch jeden Abend das Blut ins Gesicht und ihr
werdet im Handumdrehen … zwan... (Der
Handlanger schüttelt panisch den Kopf) zehn...?
(Handlanger
schüttelt immer noch den Kopf, wenngleich weniger panisch) fünf
Jahre (der
Handlanger lächelt erleichtert und nickt) jünger
aussehen!
KÖNIGIN
(wirft interessierten Blick auf die blutigen Rattenfetzen in ihrer
Hand): Ach.
Der
Handlanger dankt der buckligen Alten überschwänglich. Daraufhin
entfernt sie sich, wird zunehmend schneller, bis sie eine
erstaunliche Geschwindigkeit erreicht hat und um eine
Fachwerkhausecke biegt. Gelächter holpert aus dem Off über den
Platz und ebbt erst ab, als es von einem krächzenden Hustenanfall
ersetzt wird.
HANDLANGER
(wirft Gustavo mit den Augen Dank zu und wischt sich mit dem Ärmel
über die schweißüberzogene Stirn. Seine Stimme zittert ein
wenig): Gut
… dann also der, äh, Nächste … (Er
würde sich einen neuen Job suchen. Gleich im neuen Jahr würde er
alles hinschmeißen und auswandern. Das heißt, gleich, nachdem er
die Königin an die Neujahrsandacht erinnert und selbige
durchgeführt hatte. Moment, nein, nachdem er die Königin nach
ihrem jährlichen Wutanfall über das Kreidegeschmiere am
Schlosseingang nach den heiligen drei Königen beruhigt hatte. Oder
vielleicht …)
Gustavo
tätschelt ihm nachsichtig die Schulter und gesellt sich wieder zu
der dicken Frau. Ein weiterer Bürger, ein älterer Mann, nähert
sich zögerlich der Königin, die ihn erwartungsvoll unter erhobenen
Brauen anblickt. Der Mann trägt ein Bündel unter dem Arm, aus dem
ein durchgelaufener Stiefel hervorblitzt. Der Handlanger schickt ein
Stoßgebet zum Himmel. Im selben Moment gehen sämtliche Fackeln auf
dem Marktplatz aus. Für einen Moment herrscht überraschtes
Schweigen, das nur von einem 'Huch!' durchbrochen wird, ehe jemand
'Autsch!' sagt und ein anderer 'Stell dich nicht so an!'; die
tanzwütige Menge formiert sich, ein leises 'Ach nicht schon wieder
…' ist zu vernehmen. Ehe die Musiker es jedoch geschafft haben,
ihre Weingläser wegzustellen und eilig ihre Instrumente im Dung zu
suchen, lodert eine einsame Fackel ins Leben und erhellt das nun
wieder von der Kapuze verdeckte Gesicht des Zauberlehrlings, der
etwas abseits zum übrigen Volk steht und grimmig guckt.
HANDLANGER
(entsetzt): Was
…? (Überfliegt
hektisch mit im Dunkeln zusammengekniffenen Augen seinen Ablaufplan,
ohne jedoch den entsprechenden Punkt darauf zu finden. Neuerlicher
Schweiß springt aus seiner Stirn)
GUSTAVO
(klatscht zweimal erfreut in die Hände): Großartig!
KLEINER,
DÜNNER MANN (trotzig an dicke Frau neben ihm gewandt): Du
weißt schon, dass der Typ schwul ist?
DICKE
FRAU (fröhlich): Aber
natürlich, Liebling.
Gemurmel
erhebt sich. Gemurmel erstirbt schlagartig. Zauberlehrling beginnt
mit überraschend lauter Stimme zu sprechen.
ZAUBERLEHRLING:
Königin
von Fernizien!
Das
Volk dreht sich synchron zur Königin und sieht sie erwartungsvoll
an. Irgendwo in den hinteren Reihen hält ein junger Mann einem
anderen jungen Mann eine Tüte Popcorn hin. Der andere wirft einen
skeptischen Blick darauf, zuckt mit den Schultern, und greift hinein.
KÖNIGIN
(verwirrt): Ja
bitte? Wir sind noch bei den Geschenken, das Füßeküssen kommt
später. Handlanger? Handlanger? Sag ihm, dass …
HANDLANGER
(erbleicht, schweigt).
ZAUBERLEHRLING:
Sei
still!
Die
Menge atmet kollektiv ein und belässt es dabei. Einer der beiden
jungen Männer versucht, geräuschlos weiterzukauen.
KÖNIGIN:
…
Bitte?
Die
Köpfe der Menge drehen sich zum Zauberlehrling, einem sehr langsamen
und sehr dunklen Tennismatch nicht unähnlich.
ZAUBERLEHRLING
(holt tief Luft und verlagert sein Gewicht von einem auf das andere
Bein. Das kleine Wesen boxt in seiner Manteltasche gegen seinen
Oberschenkel. Er hofft, dass es nicht zu übereifrig ist, sonst
könnte es doch unangenehme Folgen haben. Zumindest, solange es noch
in seiner Tasche steckt. Der Mantel war teuer.): Ihr
habt schon richtig gehört! Jetzt ist es an mir zu sprechen, und ich
spreche für das Volk!
GUSTAVO
(im Hintergrund leise an den Handlanger): Geht
es dir gut, Schatz?
ZAUBERLEHRLING:
Jedes
Jahr nehmt ihr eure Untergebenen aus und rühmt euch dabei noch mit
Großmut!
GUSTAVO
(immer noch im Hintergrund an den Handlanger): Du
sahst wirklich schon mal besser aus.
ZAUBERLEHRLING:
Dabei
gebt ihr eurem Volk nichts! Dieses Jahr wird sich das ändern!
KÖNIGIN:
Ach.
URALTER
MANN (mit durchdringender Stimme): Was
hat sie gesagt?
JUNGE
FRAU NEBEN IHM: Nicht
jetzt, Opa!
Ein
kurzes Schweigen schiebt sich zwischen die Massen. Der Wind frischt
auf und zerrt gefährlich an den Flammen der einzigen Fackel.
ZAUBERLEHRLING:
Dieses
Jahr werdet ihr eurem Volk etwas von eurem Reichtum geben, oder ich
werde einen Fluch auf euch loslassen!
Erneutes
lautes und kollektives Einatmen der Menge. Man hört ein leises
'Autsch!' als einer der beiden jungen Männer sich an einem
ungepoppten Korn einen Zahn ausbeißt.
KÖNIGIN
(offenbahr deutlich weniger eingeschüchtert als alle anderen, man
könnte auch sagen: belustigt): Ach,
und wie soll er aussehen, dein Fluch?
Die
Köpfe drehen sich erneut zum Zauberlehrling.
ZAUBERLEHRLING
(greift in seine Tasche. Das kleine Wesen beißt ihm in den Finger,
dann zieht er es hervor und hält es unheilvoll in den
Fackelschein): So
sieht er aus!
Die
Menge beginnt bereits, schon wieder entsetzt Luft einzusaugen, ehe
ihre Blicke auf das kleine, fellige Wesen fallen, das nun eifrig auf
der ausgestreckten Hand des Zauberlehrlings auf und ab hoppst. Sie
schaffen es gerade noch rechtzeitig, sich davon abzuhalten und
stattdessen die Augen zusammenzukneifen und irritiert die Stirn in
Falten zu legen. Die dramatische Pause wird nur vom Kauen eines der
beiden jungen Männer unterbrochen. Der andere schmollt.
URALTER
MANN (durchdringend an seine Enkelin): Jutta,
was ist
das? Kann mal einer das Licht anmachen? Das sind ja Verhältnisse
wie im Mittelalter!
GUSTAVO
(lauter): Ich
glaube, wir brauchen einen Arzt.
KÖNIGIN
(ruft im Zuge eines kleinen, wohlplatzierten brechtschen Einwurfs):
Sie
bricht in schallendes Gelächter aus und wirft ihren Kopf in den
Nacken, wo er bequem auf ihrer in der Kälte erstarrten Halskrause
zum Erliegen kommt!
ZAUBERLEHRLING
(düster und leise. Sofort ist Brecht wieder vergessen, zumal der
ohnehin noch nicht einmal geboren war zur Zeit des fernizischen
Königshofs. Der Fackelschein fängt des Zauberlehrlings
Gesichtszüge gekonnt ein und verleiht ihnen tiefe Schatten und mehr
Kanten, als nötig gewesen wären, um die Damenwelt von ihnen zu
überzeugen): Das
werdet ihr noch bereuen. Die negativen Gefühle sind Nahrung für
dieses … (er
wirft selbst einen ein wenig verwirrten Blick auf das kleine
Fellwesen in seiner Hand. Das Fellwesen hält einen Moment inne und
wirft einen Blick zurück) …
Wesen! Jetzt mag es klein sein, aber …
Die
Königin lacht lauthals. Ein Baby beginnt zu weinen. Das Fellwesen
wird größer.
ZAUBERLEHRLING:
Seht ihr! Seht her! Nun schaut schon her!!
Das
Volk blickt gehorsam auf den Zauberlehrling und saugt dieses eine Mal
in echtem Erstaunen den Atem ein. Das Wesen ist auf die doppelte
Größe gewachsen.
KÖNIGIN
(winkt gelangweilt ab): Ach,
so ein Unsinn.
ZAUBERLEHRLING:
Aber!
Das ist noch nicht alles. Diese – (er
wirft eine kleine Rauchbombe auf den Boden, die den Platz für
einige Sekunden in dichten Qualm hüllt. Er hofft innig, der
Auftritt möge auf Anhieb klappen. Dafür, dass sie von keinem
Theater Ferniziens angestellt wurden waren die Schauspieler ganz
schön teuer) NACKTEN,
HUNGERNDEN KINDER (der
Rauch verfliegt und das Volk schnappt in echter Empörung nach Luft;
der junge Mann verschluckt sich an seinem Popcorn, der andere lacht
hämisch) sind
von der Königin verstoßen und geächtet worden! Sie haben an den
Schloßtoren um Asyl gebettelt und sind abgewiesen worden! Die
Königin hat Kinder
vor die Tür geschickt; nackte,
hungernde Kinder!
Das
Wesen in der Hand des Zauberlehrlings wird zu schwer, als dass er es
noch halten könnte. Er zieht seinen Arm zurück. Die Wut unter dem
Volk schwappt hoch, und das Wesen wächst. Der Zauberlehrling freut
sich, könnten wir einen Close Up machen böte es sich nun an, um
seine gehässig zuckenden Mundwinkel einzufangen. Bedauerliches
Medium, dieses Theater).
ZAUBERLEHRLING:
Deswegen
werdet ihr dieses Jahr eurem Volk etwas zurückgeben!
KÖNIGIN:
Aber
… aber ich habe nichts bei mir.
Der
Handlanger kippt hinter ihr in den Matsch. Gustavo beugt sich über
ihn.
ZAUBERLEHRLING
(wenn möglich, noch gehässiger und düsterer als zuvor): Oh
doch …
Es
wird ruhig. Die Menge scheint nachzudenken. Der Uhu schuhut erneut.
Langsam werden die Gesichter der Umstehenden wieder heller. Die
nackten, hungernden Kinderdarsteller stöhnen und jammern. Endlich
versteht es auch die Königin.
KÖNIGIN:
Meine
Roben!
CHOR,
DER SICH SPONTAN AUS DER MENGE FORMT UND BEREITS ZU EINER
STEPPNUMMER ANSETZT: Ihre
Roben! Ihre Roben!
URALTER
MANN (mit hoher, stechender Stimme): Jetzt
seid doch endlich mal still!
ZAUBERLEHRLING
(mit dem unausweichlich triumphalen Blick unter buschigen
Augenbrauen hervor, den er so lange vor dem Spiegel geübt hat):
Eure
Roben … Ein Kleidungsstück dürft ihr behalten, mehr nicht. Nun
zeigt, wie großmütig ihr seid, und gebt eurem Volk, gebt den
nackten Kindern …
KÖNIGIN
(nach kurzem Überlegen, aber mit Nachdruck): Nein.
Zunächst
ungläubiges Schweigen. Dann totaler Amoklauf der Masse. Schreie,
Kreischen, hier und dort werden kleinere, leichtere Personen wütend
in die Luft geworfen. Scheiße wird schnell vom gefrorenen Boden
abgemeißelt und gesellt sich zu ihnen. Wütende Aufschreie schwappen
wie Wellen durch die Meute. Der Zauberlehrling steht wie im Auge des
Sturms darin; das Wesen wächst schnell, bis es schließlich die
Menge überragt und immer noch größer wird. Schließlich bäumt es
sich auf und setzt zum Brüllen an. Mit einem Mal ist die Menge ruhig
und fühlt sich klein und unwichtig. Dann fällt ihnen ein, dass das
Monster auf ihrer Seite steht. Sie wenden sich wieder der Königin zu
und schütteln wütend erhobene Fäuste in ihre Richtung.
KÖNIGIN:
Ich
… ja, also … (Blickt
sich um auf der Suche nach dem Handlanger. Dieser liegt bewusstlos
auf dem Boden, während Gustavo mit einem Mann diskutiert, der
behauptet, Arzt zu sein, aber offensichtlich Zierfischer ist)
MONSTER
(brüllt): [xxxx] ← nach Belieben mit Lauten füllen.
ZAUBERLEHRLING:
Nun?
Der
Tumult erstirbt. Die Königin schnaubt. Schließlich beginnt sie
langsam, ihre Roben zu öffnen. Das Volk starrt sie gebannt an dabei.
Die erste Robe fällt. Die vorderen Reihen drehen sich entsetzt zur
Seite, man hört ein leises 'Oh mein Gott!' und ein 'Autsch!' von
irgendwoher, aber die Königin fährt fort. Der Zauberlehrling selbst
hat nur schlechte Sicht auf das Geschehen, ist aber auch ganz froh
darüber.
KÖNIGIN:
Nur
damit das klar ist (eine
weitere Robe fällt mit prunkgeladenem Klatschen in den Dreck; ein
Stück daneben fällt Jutta in Ohnmacht, während ein uralter Mann
neben ihr anzüglich grinst und langsam rote Ohren bekommt), meine
Krone werde ich behalten!
ZAUBERLEHRLING
(bemerkt erst jetzt, dass eine Krone auch als Kleidungsstück
durchgehen kann. Kurzer Ausbruch kalten Angstschweißes. Dann
Schulterzucken): Bitte.
Nur zu!
Das
Monster bäumt sich erneut auf und erschreckt alle damit. Die
nackten, hungernden Kinderdarsteller fallen einer nach dem anderen
aus ihren Rollen, doch schließlich ist es geschafft. Die Königin
steht nackt bis auf die Krone vor ihrem Volk, das sich entgeistert
abwendet.
KÖNIGIN:
Zum
Zeichen meiner Großzügigkeit! Nehmt, und geht! (Sie
blickt sich suchend um, findet den Handlanger umgeben von Gustavo,
einem Zierfischer, dem kleinen, dünnen Mann und einigen
Schaulustigen mit Popcorntüten auf dem Boden liegen, und zuckt mit
den Schultern. Sie nimmt ihre zerfetzte Ratte an sich und schwingt
sich auf ihr Pferd, was panisches Jappsen der direkt Umstehenden
provoziert. Jutta, die sich soeben wieder erholt hatte, fält erneut
in Ohnmacht. Der uralte Mann neben ihr verlässt mit seltsam
breitbeinigen Schritten unauffällig das Geschehen).
Königin
ab. Das Volk starrt ihr einige Momente ungläubig nach, dann bricht
Jubel aus. Weitere Fackeln werden entzündet, auf einmal ist der
Marktplatz in gleißendes Licht getaucht. Das Monster, dass gerade
zum Brüllen ansetzen wollte, hält ein wenig erstaunt inne und lässt
es dann nach reiflichen Überlegungen bleiben. Die Bettler stürzen
sich auf die Roben der Königin, deren Gegenwert vermutlich halb
Fernizien durch die Fußball WM bringen könnte. Der Handlanger
erwacht aus seiner Ohnmacht und sieht Gustavos Gesicht über sich. Er
lächelt. Jutta kommt ebenfalls wieder zu sich und wird von einem
jungen Mann, dem ein Schneidezahn fehlt, aus dem Gewühl gezogen.
Zwei dicke Frauen und ein kleiner, dünner Mann verlassen verschämt
den Marktplatz, öffnen wahllos eine Haustür und schließen sie
hastig wieder, als sie dahinter einen uralten Mann entdecken und sich
mit dem Gesehenen lieber doch nicht weiter beschäftigen wollen. Der
Zierfischer wirft Zierfische unters Volk. Die königlichen Trompeten
stimmen einen treibenden Marsch an. Die nackten, hungernden
Kinderdarsteller blicken gelangweilt.
Der
Zauberlehrling lächelt leise in sich hinein und murmelt
unverständlich. Das muntere Treiben auf dem Marktplatz wird leiser,
die Lichter gehen zurück, bis nur noch er erleuchtet ist, eine
düstere Gestalt in einem teuren Umhang mit Kapuze. Er dreht sich um
und verschwindet mit großen, hageren Schritten in der Dunkelheit.
Vorhang.
Nachhall
Dereinst
im fernen Königreiche
Fand
sich des Tags nach Weihnachten
Die
nackte und erstarrte Leiche
Der
Königin am Fluß.
Angenagt
von Wölfen und Rattenblut im Gesicht
(modisch,
aber schlicht)
Und
nur bekleidet mit der Krone;
Ihr
Anblick war durchaus nicht ohne,
Kurz
nach dem Sturz vom Throne.
Ohne
Gewand war sie erfrorn,
Hätt
sie mal statt Gold den Mantel auserkorn
Als
Kleidungsstück der Wahl -
Nicht,
dass es jemand stören würde,
Das
Volk warf sie in den Kanal,
Und
ließ sichs gut gehen.
Soviel
zu 'es war einmal'.
Frohe
Weihnachten!
Mittwoch, 24. Dezember 2014
Des Drärchens zweiter Teil
2.
Akt, I. Szene
Der
Handlanger und Gustavo stehen auf dem Platz unter dem königlichen
Verkündigungsbalkon; der Handlanger wirkt nervös, Gustavo trägt
eine rote Samtrobe und eine Federboa, er wirkt gelangweilt. Zögerlich
gesellen sich erste Ausläufer des Hofstaats zu den beiden. Es ist
der 24. Dezember, kurz vor fünf.
HANDLANGER
(von einem Fuß auf den anderen tretend): Wo ist sie, wo ist sie,
wo ist sie …
GUSTAVO:
Reg dich ab, sie wird schon kommen. Und wenn sies nicht tut, wäre
auch keinem geschadet …
HANDLANGER
(wirft Gustavo einen düsteren Blick unter zusammengezogenen
Augenbrauen zu): Du bist dir darüber bewusst, dass dies mein
Job ist, Gustavo, ich bin dafür zuständig, alles in geordneten
Bahnen verlaufen zu lassen, ich …
GUSTAVO
(verdreht die Augen, murmelt): Jetzt geht das wieder los.
Sie
sehen sich für einen Moment angespannt in die Augen, der Handlanger
setzt soeben zum sprechen an, da geht ein kleiner Tumult durch die
dürftige Menschenmenge.
RITTER:
Ich glaube, sie kommt.
HOFDAME
I: Wurde aber auch Zeit. Mein Puder friert bereits an meinem
Gesicht fest.
HOFDAME
II: Das macht auch keinen Unterschied mehr …
HOFDAME
I: … was?
HOFDAME
II (holt tief Luft, macht unbestimmte Handgeste und setzt zu einer
ohne Zweifel lang geplanten und mindestens ebenso lang
zurückgehaltenen Rede an, ehe sie unterbrochen wird):
Pompöses
Trompetendröhnen, untermalt vom subtilen Stöhnen aller Anwesenden
sowie dem etwas weniger subtilen Stöhnen des Hofmarschalls und
seiner Geliebten, die, unweit des Platzes, in einem billigen
Tavernenzimmer wilden Sex haben, die königlichen Weihnachtsgrüße
vergessen haben und dafür in Kürze erst von der Gattin des
Hofmarschalls und, ein wenig später, vom sich dabei äußerst unwohl
fühlenden Handlanger zur Rede gestellt werden.
MEGER
VOHN: Volk – DIE KÖNIGIN!
GUSTAVO
(leise zum Handlanger): Wie lange er das wohl einstudiert hat.
Volk:
seufzt. Vereinzeltes Klatschen, gepaart vom demonstrativen Blick auf
die Taschenuhr, die zwar eventuell noch nicht erfunden war, aber der
Geste des demonstrativ-auf-die-Uhr-schauens sicherlich nur um ein
paar Jahrhunderte dicht auf den Fersen folgte.
KÖNIGIN
(schielt unauffällig auf einen Zettel, den sie geschickt in ihrem
Muff versteckt hat): Holdes Volk! Wie auch im letzten Jahr
wollen wir uns zusammentun und ins Dorf hinabsteigen, dem armen Volk
unseren guten Willen und unsere Nächstenliebe zeigen, das
Weihnachtsfest gebührlich zelebrieren und …
HANDLANGER
(formt stumm die Worte mit ihr): … frohen Mut verbreiten …
GUSTAVO:
Ach Gottchen.
HANDLANGER
(lächelnd, den Blick auf die Königin gerichtet): Halt den Rand,
Schatz.
Die
Königin schweift aus. Das Volk zittert ergeben und verflucht sich in
Gedanken dafür, jemals auf die blödsinnige Idee verfallen zu sein,
am Hof leben zu wollen. Schließlich endet die Königin und Stille
legt sich über die Menge, nur unterbrochen vom triumphalen Schrei
der Geliebten des Hofmarschalls, die der Situation scheinbar mehr
abgewinnen kann als die meisten anderen.
Der
Handlanger wirft dem Volk einen auffordernden Blick zu und klatscht
lautlos in die Hände. Zögerlich fällt das Volk ein, der leicht ins
Säuerliche verrutschte Blick der Königin glättet sich soweit wie
möglich. Gebieterisch hebt sie den Arm, um das Volk zum Schweigen zu
bringen; der Erfolg kommt prompt. Sie blickt leicht irritiert, ruft
aber dennoch zum Aufbruch.
KÖNIGIN:
So sei es denn, lasst uns gehen, treue Untergebene, lasst uns
unseren Großmut zeigen!
Das
Trompetendröhnen setzt einen Tick zu früh ein und schneidet der
Königin die letzten Silben ab, der Zug setzt sich in Bewegung.
Vereinzeltes Kichern ist zu hören, der Handlanger fasst sich an die
Nasenwurzel. Gustavo wirft seine Boa über die Schulter und zieht den
Handlanger am Arm hinter sich her. Der Hofstaat durchschreitet
gemächlich das Hoftor, weit unter ihnen wird das Dorf sichtbar.
2.
Akt, II. Szene
Der
Marktplatz im Dorf. Halb gefrorener Matsch mit Exkrementen türmt
sich am Straßenrand; vereinzelte Fackeln erhellen die Berge
malerisch. Fachwerkhäuser lehnen sich wohlig mit den Schultern
eineinander und beteuern einander unter vertrauenserweckendem Knarzen
ihre Zuneigung. Aus einem Brunnen in der Mitte des Platzes kommt
dumpfes Klopfen, wird lauter und hektischer und erstirbt schließlich.
Im Anschluss ein entferntes Rülpsen.
Menschen
ziehen über den Platz, mit Säcken auf dem Rücken. Einige ziehen
Karren hinter sich her. Vereinzelte Hunde streunen, ein paar Bettler
sitzen in der Scheiße am Wegesrand und verfluchen die Welt
erstaunlich eloquent. Der Zierfischer reibt seine Hände aneinander
und räuspert sich.
ZIERFISCHER:
Zierfische!
Köstliche Zierfische!
PASSANT
(bleibt stehen): Was?
Ein
paar dicke Frauen in langen Kleidern und ein kleiner, dünner Mann
treten aus einem der Fachwerkhäuser und werfen die Tür hinter sich
ins Schloss. Dabei fällt ein Holzbalken aus dem Fachwerk und
erschlägt im Hintergrund eine Ratte. Katzen stürzen sich auf sie,
Blut spritzt.
DICKE
FRAU I: Wann
die blöde Ische wohl dieses Jahr kommt.
DICKE
FRAU II: Von
mir bekommt sich nichts!
KLEINER,
DÜNNER MANN: Haben
wir an die Kartoffeln gedacht?
DICKE
FRAU II (stöhnt): Haben
wir.
KLEINER,
DÜNNER MANN (entrüstet): Schrei
mich nicht so an!
DICKE
FRAU II: Hab
ich doch gar nicht.
KLEINER,
DÜNNER MANN: Hast
du wohl!
DICKE
FRAU I (verdreht die Augen, schweigt und tritt beiläufig einen Hund)
Die
drei verschwinden im Getümmel. Am Bühnenrand werden wir ferner
Fackeln gewahr, die die fernizischen Hügel hinabwackeln und die
Karawane der Königin symbolisieren. Die Menge auf dem Marktplatz
formiert sich und verfällt in eine spontane Tanznummer, wobei sie
etwas wie „Oh nein, da kommt sie wieder, versteckt eure
Habseligkeiten oder besser noch euch selbst; ach was, zündet das
Dorf an und sagt der Versicherung, es war ein Unfall“ singen,
sinngemäß natürlich; bei Gelegenheit Hans Zimmer anrufen. Am
anderen Bühnenrand flackert ein kleines Licht auf und gewährt uns
einen kurzen Blick auf eine düstere Gestalt in einem langen Umhang,
der mit düsteren Blicken um sich wirft und leise murmelt. Dann
erlischt das Licht und die Karawane erreicht den Dorfeingang.
HANDLANGER
(eilt zur Königin und schüttelt sie zaghaft): Eure
Majestät!
KÖNIGIN
(schreckt hoch. Zu den ständigen Falten gesellen sich linksseitig
faltige Abrücke ihrer Stehkrause): Hmpf?
HANDLANGER:
Wir
sind im Dorf?
KÖNIGIN
(wird langsam wach): Wo?
HANDLANGER:
Im
Dorf!
KÖNIGIN
(Erkenntnis kriecht schwerfällig über ihr Gesicht und macht
daraufhin langsam durchdringendem Unwillen Platz, ehe ihr die zu
erwartenden Geschenke der Dorfbewohner einfallen): Man
kündige uns an!
GUSTAVO
(leise): Als
ob das hier irgendwem entgangen wäre.
HANDLANGER
(lächelt angestrengt und schweigt, gibt aber den königlichen
Trompetern ein Zeichen. Sogleich erzittert die gefrorene Scheiße
unter dem Tusch, aus dem Inneren der Dorfmauern hört man ein leises
'Autsch!' und ein geflüstertes 'Stell dich nicht so an!' als die
Tänzer und Sänger eilig ihre Nummer abbrechen und versuchen, eins
mit den Fachwerkhäusern zu werden.)
Die
königliche Karawane schickt sich an, in das Dorf zu reiten, langsam
erstirbt das Licht auf der Bühne. Dabei sehen wir wieder das
Flackern am anderen Bühnenrand, die düster beumhangte Figur
verfolgt die Königin mit den Augen, dreht sich schließlich um und
entfernt sich in großen Schritten in die andere Richtung. Vorhang.
3.
Akt, I. Szene
Ein
vollgestopfter Raum. Regale bedecken die Wände, darin Wurzeln und
Töpfe, getrocknete Frösche, Schweineohren, Gläser gefüllt mit in
Flüssigkeit eingelegten, nicht näher zu identifizierenden Tieren.
Mittig schwebt ein großer Kessel über einem leise prasselnden
Feuer, gelegentlich sieht man eine dickflüssige Blase daraus
hervorbrechen. Daneben ein Holztisch mit Stühlen, darauf einige
nackte, hungernde Kinder, die gelangweilt Dreck unter ihren
Fingernägeln hervorpulen und sich bis auf kurze, giftige
Gesprächsfetzen weitgehend ignorieren.
NACKTES,
HUNGERNDES KIND I (nach einer längeren Pause, an Kind neben ihm):
Und
was ist mit Shakespeare?
NACKTES,
HUNGERNDES KIND II (ohne den Blick zu heben): Pah.
Total ausgelutscht. Der wirds nie zu was bringen. Wollte ich gar
nicht.
NACKTES,
HUNGERNDES KIND I (nickt, hält kurz inne, dann leise): Hätten
sie dich denn genommen?
Alle
nackten, hungernden Kinder werden mit einem mal unauffällig sehr
still. Selbst die getrockneten Säugetiere in den Regalen scheinen
sich unmerklich nach vorne zu beugen.
NACKTES,
HUNGERNDES KIND II (widerwillig): …
nein, aber …
Alle
lehnen sich gleichzeitig wieder zurück und ergehen sich in Gemurmel.
Das Feuer scheint wieder lauter zu prasseln.
NACKTES,
HUNGERNDES KIND III (nach ein paar Minuten Pause, in denen alle
schweigend am Tisch gesessen und sich in würdevoller Mimik geübt
haben): Wann
wollte der Idiot nochmal zurückkommen? Und hieß es nicht, für
unser leibliches Wohl sei gesorgt?
Zustimmendes
Gemurmel erhebt sich. Ehe sich jedoch ernsthaft echauffiert werden
kann wird die Tür aufgerissen und eine düstere Gestalt in langem,
dunklem Umhang steht drohend im Raum, der Mantel weht ein wenig im
Wind, der Duft der Exkremente mischt sich mit dem beißenden Odeur
des Kessels (und der getrockneten Tiere). Sie schreitet in den Raum,
wirft die Tür hinter sich zu und zieht sich dramatisch die Kapuze
vom Kopf. Die nackten, hungernden Kinder schnappen unisono nach Luft
und fahren auf, einige von ihnen schlagen sich ihre knochigen Hände
vor den Mund. Das nackte, hungernde Kind rechts außen (V) blickt an
die Decke und schüttelt unmerklich den Kopf)
NACKTES,
HUNGERNDES KIND II: Er
ist so jung!
NACKTES,
HUNGERNDES KIND I: Beinahe
noch ein Kind!
NACKTES,
HUNGERNDES KIND IV: Kaum
zu glauben, dass er bereits ein Zauberer ist!
NACKTES,
HUNGERNDES KIND II: Man
gebe uns zu essen!
NACKTES,
HUNGERNDES KIND V: So
ein Blödsinn hier …
BEUMHANGTE
FIGUR: Ihr
macht das sehr gut. Method Acting, richtig? Ich kenne mich da ja
nicht aus. Und ich bin nur Zauberlehrling, aber vielen Dank.
NACKTES,
HUNGERNDES KIND III: Im
Inserat stand, es gäbe ein Buffet.
Die
übrigen Kinder nicken anklagend.
ZAUBERLEHRLING
(ein wenig unwillig; seiner Statur nach zu schließen ist das Wort
„Buffet“ keines, das es in seinen aktiven Wortschatz geschafft
hat): Später
… wir haben … zu tun. Sie ist angekommen.
Die
Kinder (beim aufmerksamen Zuschauer schleicht sich langsam die
Vermutung ein, dass es sich dabei nicht wirklich
um Kinder handelt) rutschen unangenehm auf ihren Stühlen hin und
her. Der Zauberlehrling durchquert den Raum eilig, nimmt einige Dinge
aus seinen Regalen und steckt sie in die zahllosen Innentaschen
seines ohne Zweifel teuren Mantels. Dann wendet er sich einer kleinen
Kiste zu, die auf dem obersten Regalbrett steht und unheilvoll
wackelt. Gelegentlich springt sie ein wenig, beruhigt sich jedoch in
der Regel daraufhin schnell wieder. Der Zauberlehrling betrachtet sie
einen Moment nachdenklich, dann nimmt er sie entschlossen an sich und
öffnet sie. Ein dumpfer Schein quillt aus ihr und legt sich über
sein kantiges Gesicht. Dann taucht er seinen rechten Arm mit
Nachdruck in die Kiste und zieht ein faustgroßes Wesen daraus
hervor. Wir erhaschen einen winzigen Blick darauf, einige der
nackten, hungernden Kinder schlagen sich erneut Hände vor den Mund.
Nicht einmal Nummer V verdreht die Augen. Dann ist das Wesen im
Mantel des Zauberlehrlings verschwunden, das Licht erstirbt langsam.
Wir hören Wind um die Häuserfront kratzen. Der Kessel ist das
Letzte, das noch zu erkennen ist, dann wird es dunkel.
Dienstag, 23. Dezember 2014
Des Drärchens erster Teil
Vorspiel
Dereinst
im fernen Königreiche
Fand
sich des Tags nach Weihnachten
Die
durchaus reichlich tote Leiche
Mit
vielen Falten in die (einstmals) weiche
Haut
gezeichnet; man muss beachten:
Es
war nicht, was die Leute dachten.
Nicht
Suff noch Elend war der Grund,
Nicht
Wahnsinn oder Ungesund(heit)
Aber
lest selbst, doch seid gewarnt!
Im
trüben Licht des Fackelscheins
Wird
durchaus einiges enttarnt.
Es
folgt ein Weihnachtsdrärchen
„Die
Krone der Königin – gewisse öffentliche Demütigungen in ein paar
(zeichnerisch vermutlich durchaus herausfordernden) Akten und einem
Nachhall“
Unter
anderem treten auf:
Der
Zauberlehrling
Die
Königin
Der
Handlanger
Gustavo
Nackte,
hungernde Kinder
Ein
Monster
Jutta
Ein
uralter Mann
Meger
Vohn
Zwei
dicke Frauen
Ein
kleiner, dünner Mann
Ein
Zierfischer
Zweifelhaftes
Intro
Es
war einmal in einem fernen Königreich eine Königin, die es
regierte, das Reich. Sie war großzügig und gutherzig und wurde von
allen geliebt; ihre Gefolgschaft war ihr treu und würde es immer
sein, daran bestand kein Zweifel. Sie war unermesslich reich, wie
Königinnen das nun mal sind, und trotz allem ließ sie es sich nicht
nehmen, jedes Jahr zu Weihnachten persönlich ihr Volk zu besuchen,
um ihm frohe Weihnachten zu wünschen.
So
auch in diesem Jahr, vor langer, langer Zeit, in einem fernen, fernen
Königreich …
1.
Akt, O. Szene
Im
Dorf, es ist früher Tag, der Morgen bricht gerade
aufmerksamkeitsheischend an und taucht die Szenerie in
orangeflüssiges Licht. Der Zierfischer baut seinen Stand auf, um den
Tag über Zierfische zu verkaufen (er blickt ein wenig mürrisch, die
Geschäfte laufen nicht so gut zurzeit). Der Zauberlehrling geht
leise und vollkommen aus dem Zusammenhang an ihm vorbei und murmelt.
ZAUBERLEHRLING:
Es war einmal in einem fernen Königreiche, gegen Mittag, an der
Eiche …
ZIERFISCHER:
Wie bitte?
ZAUBERLEHRLING
(bleibt einen Moment stehen, hält inne, geht weiter): Ach,
nichts …
Vorhang.
1.
Akt, I. Szene
Wir
befinden uns im fernen, fernen Reich der Königin; im Folgenden
Fernizien genannt. Der Thronsaal prunkt mit der Robe der Königin um
die Wette, die Shakespearsche Halskrause war gerade in Mode gekommen.
Der Handlanger steht angestrengt vor der Königin aufrecht und kann
sich nur mit Mühe davon abhalten, sich müde die Stirn zu reiben,
während die Königin auf dem Thron sitzt und jede ihrer Trauben
einem eingehenden Casting unterzieht, ehe sie sie einzeln verspeist.
KÖNIGIN:
Handlanger?!
HANDLANGER:
Ja, o meine Königin?
Er
schmachtete sie gewohnheitsmäßig an. Nicht, dass der Handlanger
heimlich in die Königin verliebt gewesen wäre, nein, niemals, denn
erstens war er schüchtern und zweitens schwul wie die Nacht schwarz,
obgleich er der Königin eine gewisse Anziehungskraft nicht
absprechen konnte, wenn sie majestätisch ihr knöchernes Gestell
durch den königlichen Schlossgarten schob und dabei gelegentlich
königinnenhaft in ihr Taschentuch hüstelte. Nach ihrer Krönung,
als sie noch eine junge Königin und er ein junger, frischer
Handlanger voller Tatendrang gewesen war, gingen einige Zeit Gerüchte
um über ihn und ihre Majestät. Man erzählte sich, die oberste
Hofstaatsstabsführerin hätte sogar eine Wette mit dem zweitobersten
Hofstaatsstabkommandatenausbilder am Laufen gehabt, dem Gemunkel
zufolge hatten sie um ein königliches Springpferd und eine halbe
Gans gewettet - allerdings ist nie ans Licht gekommen, wer die Wette
denn nun gewonnen hatte, denn kurze Zeit darauf wurde der königliche
Springreitsport gestrichen und dem Hofstaat eine vegetarische Diät
verordnet. Tja, was soll man machen.
KÖNIGIN:
Ich wünsche, dass mir morgen Abend der Graf von Nebenan und seine
reizende Familie Gesellschaft leisten zum Dinner. Oder noch besser
nur der Graf von Nebenan, ohne seine reizende Familie …
Eine
weitere, dunkle Geschichte aus dem Reich verwinkelter, herrschaftlicher Zwiespältigkeiten; der Handlanger seufzte.
HANDLANGER:
Aber eure Majestät, morgen Abend ist doch …
KÖNIGIN:
WAS ist morgen Abend?!
Sie
funkelte ihn an, ihm wurde flau im Magen. Eine Falte ihres Halses
kroch gemächlich über ihren spitzenbesetzten Stehkragen.
HANDLANGER:
Eure königliche Hoheit, morgen ist Weihnachten, und Ihr wisst, was
das bedeutet …
Sich
jetzt bloß nichts anmerken lassen. Er hasste es, sie jedes Jahr
daran erinnern zu müssen und hatte sich schon mehr als einmal
gefragt, weswegen er immer noch königlicher Handlanger war, warum er
es überhaupt geworden war. Er hätte damals die Ausbildung zum
Zierfischzüchter machen, oder gleich mit Gustavo nach Holland
auswandern sollen. Aber nein, sie waren geblieben, er war
Handlanger, Gustavo fühlte sich nach wie vor zur Frau berufen und
trat deswegen eher selten im mittelalterlichen, hofstätischen
Treiben auf, und sein Vater war mittlerweile tot, Herzinfarkt,
nachdem er Gustavo kennengelernt hatte und dieser ihm zur Begrüßung
kokett die Hand zum Handkuss hingehalten, danach höfisch geknickst
hatte und zart errötet war. Und das, wo er ihm so oft gesagt hatte,
er solle es nicht übertreiben; sein Vater war da etwas altmodisch.
Wie
dem auch sei, die Königin funkelte. Dann beruhigte sie sich.
KÖNIGIN:
Ach ja, Weihnachten … Haben sie meinem Hofstaat bereits Bescheid
gesagt?
Das
war auch so eine Sache. Er musste dem Hofstaat im Grunde nicht
Bescheid geben, die einzige Person innerhalb der Schlossmauern, die
Weihnachten vergaß, war die Königin selbst, und vielleicht noch der
Urgroßvater der ersten Schlossgrabenstehers, aber der war auch
hundertundsieben, der Urgroßvater, nicht der erste
Schlossgrabensteher, und hatte Alzheimer. Was zu dieser Zeit noch
eine unentdeckte Krankheit war, aber wen interessiert das schon; den
Urgroßvater des ersten Schlossgrabenstehers zumindest nicht, der
erfreute sich abgesehen davon nämlich bester Gesundheit und lernte
dabei noch jeden Tag neue Leute kennen.
HANDLANGER:
Nein, eure Majestät, aber das werde ich selbstredend auf der Stelle
nachholen, wenn ihr gestattet.
Die
Königin wedelte mit ihrer knöchernen Hand ein bisschen in der Luft
herum, als wollte sie eine lästige Fliege verscheuchen, während
ihre Mimik beschloss, zu proben wie sie sich zu verhalten hätte,
sollte besagte lästige Fliege verschluckt werden. Der Handlanger
machte sich eiligst auf den Weg.
Die
Sache war nun also - der Teil, der es noch unangenehmer für den
Handlanger machte, als es ohnehin schon war, jedes Jahr aufs neue von
der Königin zur Schnecke gemacht zu werden, nur, um daraufhin wie
jedes Jahr am Weihnachtsabend nicht zuhause zu sein, wo er doch
wusste, wie sehr das Gustavo kränkte, kochte er doch jedes Mal,
letztes Jahr hatte er sogar Eierflip gemacht - die Sache war nun
also, der Hofstaat hasste es genauso wie er, am 24. Dezember von der
Königin eingespannt zu werden, um das Volk zu besuchen, für das
sich doch eigentlich weder der Hofstaat noch die Königin
interessierte. Aber wehe, der Handlanger würde sie in einem Jahr
nicht ans kommende Fest erinnern, er wäre seinen Job, und mit
ihm vermutlich auch seinen Kopf, schneller los als sich Gustavo in
eine seiner Designerroben werfen könnte, um zur Hinrichtung zu
erscheinen. Was zur Folge hatte, dass er zunächst alljährlich vor
der Königin schlecht dastand, weil er sie an unliebsame, wenn auch
selbst auferlegte, Pflichten erinnerte, nur um daraufhin vor dem
gesamtem Hofstaat schlecht dazustehen, der natürlich all seinen
Ärger an ihm abließ.
Der
Handlanger fühlte sich miserabel.
1.
Akt, II. Szene
Der
Handlanger begibt sich auf den königlichen Verkündigungsbalkon,
Meger Vohn ihm dicht auf den Versen, der Mann mit der lautesten
Stimme der Welt; ein lautes Organ, ja, nur leider würde nie mehr aus
ihm werden als ein königliches Sprachrohr, war er doch
bedauerlicherweise dumm wie eine Sinkwanne.1Die
Sonne geht langsam unter, auf dem Platz unter dem Balkon tummelt sich
das mittelalterlich berobte Volk und handelt angeregt mit
Bierfässern, Giftpilzen und abgehackten Fingern. Ein Barde steht
etwas abseits und stimmt verzückt seine Laute, auf einer kleinen
Bühne finden letzte Proben statt. Im Hintergrund eine
Hexenverbrennung. Einige Statisten sollten mimisch Gestank
verdeutlichen, u.U. könnte ein ehemaliges Mitglied Monty Pythons
beiläufig am Bühnenrand eine Gans wiegen; aber nur, wenn es nicht
zu teuer ist.
Der
Handlanger räusperte sich. Meger Vohn räusperte sich mit.
HANDLANGER:
Hört, hört…
MEGER
VOHN: HÖRTHÖRT!
HANDLANGER:
Ja, ganz so laut wird es wohl nicht …
MEGER
VOHN: JA GANZ SO LAUT WIRD …
HANDLANGER:
Nein, verdammt, das sollen sie nicht wiederholen!
MEGER
VOHN: NICHT?
HANDLANGER:
Nein. Also, nochmal.
Der
Handlanger fasste sich kurz an die Nasenwuzel und sammelte sich.
HANDLANGER:
Hört, hört!
Nichts.
Er warf Meger Vohn einen skeptischen Blick zu.
HANDLANGER:
Hört, hört!!
Wieder
nichts.
HANDLANGER:
Hören sie mal, Herr Vohn, können wir das jetzt bitte …
MEGER
VOHN: HÖREN SIE MAL HERR VOHN …
HANDLANGER:
Nein, HERRGOTT, hören sie doch zu!
Meger
Vohn blickte schuldbewusst auf den polierten Boden des
königlichen Verkündigungsbalkons und nickte.
HANDLANGER:
Gut, habe ich ihre volle Konzentration?
Meger
Vohn nickte erneut und biss sich auf die Unterlippe. Bitte
lieber Gott, mach, dass das bald vorbei ist. Der Handlanger war noch
nie gut darin, anderen Anweisungen zu geben.
HANDLANGER:
Hört, hört!
MEGER
VOHN: Hört, hört!
Aus
dem Publikum kamen erste genervte Rufe, sie würden ja zuhören, und
ob man jetzt bitte weitermachen könne, das Lustspiel finge gleich
an.
HANDLANGER:
Die Königin lässt verkünden,
MEGER
VOHN: Die Königin lässt verkünden!
HANDLANGER:
Dass am morgigen …
MEGER
VOHN: Dass am morgigen!
Der
Handlanger atmete tief durch. Nicht genug, dass er sich fühlte wie
eine schlechte Zirkusnummer mit Papagei, der Papagei war auch noch
schwer von Begriff.
HANDLANGER:
Könnten sie bitte erst einen Satz abwarten, bevor sie mich
wiederholen?
MEGER
VOHN: Natürlich!
Der
Handlanger atmete einmal tief ein und betont langsam wieder aus.
HANDLANGER:
Dass am morgigen Abend, dem Weihnachtsabend …
Der
Handlanger wartete.
HANDLANGER:
Herr Vohn?
MEGER
VOHN: Ich habe keinen Punkt gehört. Das war kein ganzer
Satz.
Der
Handlanger war kurz davor, handgreiflich zu werden, hielt sich jedoch
eisern im Zaum. Als ob dieser Halbidiot die Interpunktion verstanden
hätte.
HANDLANGER:
Würden sie bitte dennoch wiederholen, was ich gerade gesagt habe?
MEGER
VOHN: Sehr wohl. Äh, könnten sie gerade vielleicht nochmal…?
Es
war zum die Wände hochgehen. Wäre schon bekannt gewesen, dass
Aufregung extrem schlecht für den Blutdruck ist, hätte sich der
Handlanger jetzt wahrscheinlich Sorgen um seine Gesundheit gemacht.
HANDLANGER:
Dass - am morgigen Abend. DEM. WEIH-nachts-abend!
MEGER
VOHN: DAS AM MORGIGEN ABEND DEM WEIHNACHTSABEND
HANDLANGER:
Sich um fünf Uhr eingefunden wird, um das Volk zu besuchen.
MEGER
VOHN: SICH UM FÜNF UHR EINGEFUNDEN WIRD UM DAS VOLK ZU
BESUCHEN.
HANDLANGER:
Bitte bringt Mäntel und feste Schuhe, eventuell einen Esel oder wenn
ihr habt ein Pferd. Frohe Weihnachten.
Damit
verließ der Handlanger das frustrierende Szenario, Meger Vohn hörte
er noch, als er seine Schlafgemächer erreicht hatte.
Handlanger
ab, Meger Vohn verbleibt noch ein Weilchen auf der Bühne und erfreut
sich nutzloser Sinnlosigkeiten.
1 Und
erfand 13 Jahre später, nachdem die Monarchie endgültig abgeschafft
und durch eine Diktatur ersetzt worden war und die Gänsezucht sowie
der Springreitsport wieder aufgenommen wurden, das Megafon und wurde
der reichste Mann der Welt. Und das, obwohl er seiner Zeit das
Studium abgebrochen hatte.
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