Samstag, 7. Juli 2012

Mein erster Stalker!


Salaam, Freunde.

Heute habe ich meinen ersten Stalker bekommen. Eigentlich glaube ich habe ich ihn zwar schon länger, ohne dass ich etwas davon gemerkt hätte (was, zugegebenermaßen das Attribut "Stalker" ein bisschen übertrieben wirken lässt. Aber klingt halt so gut...), und zwar etwa seit Oktober, November 2009. Da habe ich nämlich, damals noch jünger und noch dümmer als heute, in einer badischen Metropole nahe des Rheins gewohnt, weil ich mich in dem Irrglauben wägte, vielleicht unter Umständen wenn gar nichts anderes geht später mal Lehrer zu werden, weswegen ich eine dort ansäßige Bildungseinrichtung zur Heranzucht und Weitervermtitlung von Lehrkräften besuchte. Da man sich aber nicht nur mit eben diesem, sondern auch mit anderem, wie z.B. Essen, Schlafen, Alkohol und Parties beschäftigt hat, war man zu gegebener Zeit auch gelegentlich andernorts als in besagter Bildungszucht anzutreffen, beschäftigt mit einem oder mehrerem der besagten Dinge. An dem Abend, der mir meinen Teilzeitstalker beschert hat, habe ich mich zum genauen Zeitpunkt mindestens zwei der Tätigkeiten hingegeben: Alkohol und Parties.
Wir präzisieren: PH Party. Man langweilt sich ein winziges Bisschen und versucht zunächst, das mit Alkohol zu bekämpfen, was nur moderat funktioniert. Man verlässt den Club und stellt sich davor, weil man da rauchen kann und sich vielleicht mit jemandem unterhalten, der sich auch langweilt. Man findet also einen weiteren vom Leben angeödeten und fängt ein Gespräch an, das auch ganz lustig ist, man unterhält sich über Psychologie Heute und fühlt sich in seinen Sicherheit spendenden Pegel gehüllt ungemein intelektuell.
Dann beschließt man allerdings, dass es genug ist für den einen Abend und kündigt an, die Heimreise anzutreten. Das Gegenüber stimmt zu und sagt:
"Ich komm noch mit zur Straßenbahn."
Man läuft also los und kommt an die Haltestelle, wo die Bahn fahren soll- und genau das tut sie auch, einem selbst aber leider nur vor der Nase weg. Das veranlasst einen zu folgender Aussage:
"Dann lauf ich heim."
Und, zum allergrößten Entsetzen, erwidert der andere, der, mit dem man aus Langeweile ein Gespräch angefangen und ihn auf der Wortstrecke von Hallo bis Wie heißt du für unattraktiv befunden hat:
"Gut, ich lauf noch mit."
Entsetzen, da: er in die exakt andere Richtung musste und es ungefähr ziemlich kalt war, außerdem spät und verhältnismäßig dunkel. Aber gut.
Man läuft also weiter, er erzählt bestimmt irgendwas, so genau hört man nicht hin. Bei nächster Gelegenheit versucht man ihn diplomatisch davon zu überzeugen, dass man auch alleine heimfindet und er doch sonst den ganzen Weg zurück muss (*winkender Zaunpfahl). Daraufhin er:
"Na gut. Aber kann ich dich irgendwie erreichen? Email? Facebook? Handy?!"
Oh, denkt man sich. Der is ja hartnäckig. Bedauerlicherweise ist man selbst müde, betrunken und lustlos und hat absolut keine Ambitionen,  sich noch länger mit der Materie zu beschäftigen, also (und hier ein GROßER, GROßER FEHLER) gibt man ihm seine Handynummer. Und denkt, er wird schon nicht mehr dran denken.
Am nächsten Tag stellt man fest, dass er das doch hat, daran gedacht. Man hat nämlich eine SMS auf dem Handy. Von ihm. Man windet sich also ein bisschen in seinem Unbehagen und ringt sich schließlich durch, diplomatisch, aber eindeutig zu antworten. Vielleicht wars n bisschen zuviel Diplomatie und zu wenig Eindeut, aber in jedem Fall kommen noch paar mehr SMS, dann ist Ruhe und man denkt:
"So, das wars jetzt."

Ungefähr zwei Monate später ist Silvester und man feiert. Um Mitternacht tut man das auch noch, und zwar im Freien, mit Sektflasche in der Hand. Dann klingelt das Handy (das eine Mal, wo die neujährliche Netzüberlastung tatsächlich hilfreich gewesen wäre, war sie natürlich nicht da. Quasi nicht erreichbar.) und man geht hin, weil, man weiß ja nicht. Und man hört: dumpf und vage, es kracht und rummst überall und die Leute schreien sich Dinge in die Ohren wie "Gutes Neues!"; wir erinnern uns: es ist Silvester, eine Männerstimme, die man nicht einordnen kann. Also fragt man mal:
"Bist du der ... ?" (Der war er übrigens nicht.)
Murmel, murmel. Irgendwann ein Satz:
"Ich bin der --- aus Brasilien!"
Man denkt sich, hm, okay, der muss sich verwählt haben, ich war nie in Brasilien. Das sagt man der mysteriösen Stimme auch, wünscht ein Gutes Neues wie alle und legt auf. Erst Stunden später dämmert einem, dass die Stimme nicht "Brasilien", sondern "Brazil" gesagt hat, was der Name des zwei Monate zuvor besuchten und gelangweilt verlassenen Clubs an der rheinischen Megacity war, in dem man besagten --- kennengelernt und ihm seine Nummer gegeben hatte. Oh, peinlich. Man schämt sich, aber die Angelegenheit verliert sich trotzdem im trüben Hirngewässer postneujährlicher Demenz.

Und nun, wir schreiben das Jahr 2012 und man wohnt schon lang nicht mehr am Rhein, jetzt wohnt man am Neckar. Das mit dem Lehramt hat sich auch erledigt, wie auch so manch anderes, die selbe Telefonnummer hat man aber noch. Und --- hat sie scheinbar auch noch, denn: es klingelt.
I: "Hallo?"
---: "Hallo, hier ist der ---. Kennen wir uns?"
I: "Weiß nich. Nee. Warum?"
---: "Weil ich deine Nummer hier hab. Hast du zufällig mal in [einer Megametropole am Rhein] gewohnt?"
I: "Ja. Du auch?"
---: "Ja. Dann kennen wir uns bestimmt von da."
I: "Wir kennen uns aber gar nicht. Lösch einfach meine Nummer."
---: "Ja, aber...."
I: "Wäre die logische Konsequenz."
---: "Ja, das wäre eine logische Konsequenz..."
I: "Ja, dann is doch super. Also."
---: "Na, man könnte das ja auch anders handhaben..."
I: "Wie'n?"
---: "Ach...."
I: "Komm, einfach löschen."
---: "Ja, das könnte man so machen. Geht ja ganz schnell."
I: "Genau."
---: "Ja...okay. Schönes Leben noch."
I: "Ja, komm. Behalt die Nummer halt und meld dich in nem Jahr nochmal, um mich zu fragen, ob wir uns kennen. Is aber auch nicht so sinnvoll."
---: "Ja, haha, nein..."
I: "Ich lösch deine Nummer dann auch [ich hatte seine Nummer gar nicht mehr]."
---: "Ja, gut, wenn das das ist, was du willst...."
I: "Jep. -lacht- "
---: "Warum lachst du jetzt?"
I: "Weil mir das nich so oft passiert, sowas hier. Ich lösch Nummern einfach immer. Machen glaub ich die meisten so."
---: "Ja, aber, das kostet ja nix jetzt."
I: "Hä?"
---: "Nochmal nachzufragen."
I: "Nee, nur Geld. Und Zeit. (Und Nerven.)"
---: "Ja, ich dachte..."
I: "Was dachtest du?"
---: "Ach..."
I: "Wir löschen jetzt beide die Nummern und die Sache hat sich erledigt. Hat ja jetzt keinen Sinn hier."
---: "Ja, nagut, okay... also dann...."
I: "Also dann. Machs gut."
---: "Ja..."

And then we hung up. Was lernen wir daraus?
-Gebt Fremden nicht eure Handynummern, es sei denn, ihr wollt sie *ögeln
-Traue keinem, der 'Psychologie Heute' ließt

In der steten Hoffnung, in drei Jahren nicht nochmal was von --- zu hören und sich durchaus dessen bewusst, dass der gute Mann vielleicht wirklich einfach gerade alle Handynummern seines Mobiltelefons durchkämmt hat und nun jede einzelne anruft, die er nicht mehr zuordnen kann (aber dann wäre die Geschichte nur halb so unterhaltsam gewesen, gebts doch zu)-

Cheers!

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