Mittwoch, 10. Dezember 2014

Apocalypse in an empty theatre


Die Stimmen schweigen beharrlich und mit einer gewissen Penetranz in den Äther hinein. Irgendwie hat man gelernt, ihr Schweigen zu ignorieren und so zu tun, als wäre das Leben etwas ganz normales ohne sie, obwohl man natürlich weiß, dass es das nicht ist, dass es nicht normal ist, sein Leben in Uniräumen und Clubs zu verbringen, nicht, wenn man man selbst ist, nicht in diesem Dasein. Trotzdem funktioniert es momentan und es funktioniert ganz gut, auch wenn man spürt wie sie unruhig werden, die Stimmen, sie räuspern sich ein wenig nervös an guten, demonstrativ an weniger guten und einfach gar nicht mehr an schlechten Tagen. Let's face it, Schweigen ist scheiße, inneres wie äußeres; die Menschen müssen mehr kommunizieren, ob mit sich oder anderen sei jetzt mal dahin gestellt.
Die emotionale Sinuskurve schwingt, steil und mit unangenehmen Spitzen oben und unten versehen, immer wieder an den stummen Stimmen vorbei, hoch und runter, mehr runter als hoch. Ab und zu nimmt sie dabei ein paar willkürlich aneinandergereihte Worte mit und wirft sie aufs virtuelle Papier, manchmal auch auf echtes, lang lebe das unkaputtbare Analogicum, die Analogue Humanities freuen sich. Trotzdem - irgendwann wird man von innen heraus zerspringen, als sei man mit Porzellan ausgekleidet gewesen, zurück bleibt eine Schale, zäh vom Wind, aber jederzeit bereit, in sich zusammenzufallen, zu implodieren und sich in Rauch aufzulösen, man weiß es. Vielleicht sollte man über eine Pause nachdenken. Aber Weihnachten kommt, diese durchtriebene Kollaboration der Geschenkpapier-, Buch-, hässliche Krawatten-, Schokoladen- und Bildungsindustrie. Perfide. Bis dahin: weiteratmen und Frauenzeitschriften meiden; im Zweifel für das Katzenvideo (honestly, we need all the warm and fuzzy happiness we can get. Desperately. Anyone offering [asked the vultures and stopped gnawing on the leathery, dead bones that used to be their souls while looking up; eyes too wide and bloodshot; nervously twitching eyelids, pinkish rims above blueish rings]?).

Weitere Fakten, die zu beachten wären:
1) The unicorn is not a unicorn. It's a donkey with a plunger stuck to its face.
2) Ein voller Kühlschrank macht mich genauso nervös wie ein leerer.
3)Everyone knows how to talk, and no one knows what to say.

Im Folgenden lustige Anekdötchen zur Auflockerung und allgemeinen Erheiterung der Massen.


Anfang Dezember
Kapitel 1, die Neunzehnte

Man steht auf der Brücke über der Autobahn und sieht weißen und roten Lichtern beim Dasein zu. Pink Floyd untermalt den kleinen Ausflug mit einer Untertasse voller geheimer Dinge, an der man sich festhalten kann; an Geheimnistuerei und aufgesetztem Lächeln, man lebt aneinander vorbei, während keiner sagt, was er denkt, sondern stattdessen höflich zur Seite tritt; nein, natürlich ist das in Ordnung, darfs auch noch die andere Wange sein und vielleicht eine Extrascheibe für die lieben Kleinen?
Die Knie frieren von innen an der Strumpfhose fest. Wäre man obdachlos stünden die Chancen gut, in der Nacht draufzugehen. Ist man aber nicht. Auch wenn man manchmal den Eindruck hat, in der kosmischen Hackordnung nicht deutlich weiter oben zu stehen, man versucht es ja, aber irgendwas läuft da schief, mentale Obdachlosigkeit, vielleicht sollte man eine Petition starten oder wenigstens einen Häkelkurs belegen.
Das neue Leben ist knapp zwei Monate alt und schläft nicht durch. Man ist sich noch nicht ganz sicher, wie sehr man es mag, oder ob überhaupt - das heißt, nein, man mag es, wie man Kinder wohl mag, wenn sie selbst gemacht sind, man ist ja quasi verpflichtet. Und im Grunde wollte man das ja alles auch, nur manchmal ist es anders als man dachte. Trotzdem macht man weiter und irgendwie beugt man sogar der Instantdepression vor, meistens, die sich alle zulegen, die sich keine aus ganzen Bohnen leisten können. Im Großen und Ganzen aber ist es schon okay, man hält sich über Wasser, und das neue Leben wird ja auch irgendwann älter; zurzeit scheißt es noch recht viel und auch gerne an der Windel vorbei. Über kurz oder lang aber sollte sich das ändern, das Zahnfleisch ist ja auch eher schlechtes Gehwerkzeug, das wussten wir aber auch schon vorher. Also schieben wir Literatur zwischen uns und die Welt, um nicht daran verrückt zu werden (der Welt, that is) und das Man zwischen das Ich und den Text, um nicht über sich selbst zu sprechen (was man natürlich doch tut, wen wollen wir hier eigentlich verarschen). So richtig davon ablenken, dass man den Eindruck hat, auf der Stelle zu treten, kann das aber auch nicht. Stellt sich nur die Frage: hat man nur den Eindruck, oder ist dem wirklich so? Man weiß es nicht, man weiß es nicht. Was man weiß, ist dass sich die Einstellung stetig ändert und einen damit vermutlich recht effektiv daran hindert, Klarheit über irgendwas zu bekommen, seis jetzt Leben oder Studieren oder der übrige Mist, was bleibt da noch, weiß man auch nicht, irgendwas wirds schon sein, hofft man. Auch wenn man merkt, dass man eigentlich nichts anderes macht. "Leben" ist ja auch ein recht weit gefasster Begriff, das muss man schon zugeben, doch.
Vielleicht sollte man einfach aufhören, nachzudenken. Gelegentlich sortiert man die angesammelten Zettelwerke der vergangenen Jahre aus und findet immer wieder folgendes: a) Entscheidungsbäume. Und b) Erinnerungen an rare, klare Momente. Kürzlich unter besagter Rubrik gefunden: Don't think. Just DO.
Gesagt, nicht getan. Man ist sich vage darüber bewusst, dass sich nicht viel am Gesamtzustand ändern wird, wenn man jetzt sein Leben nimmt und über den Haufen wirft. Haben wir schon circa acht Mal getan, hat uns nie zum Menschen des Jahres gemacht. Sollte unterlassen werden. Sagt man jetzt.
Wäre doch aber so nett, sagt man dann morgen.
Oder vielleicht lieber doch nicht?, übermorgen.
Im Grunde ist es ja eigentlich ganz in Ordnung so wie es gerade ist. Letztendlich wird man nie das richtige finden, das perfekte. Und das weiß man eigentlich auch. Das sagt sogar die Literaturwissenschaft (na, dann ...).
Aber, aber! ruft das kleine Männchen im Hinterkopf und springt mit Anlauf und Elan mit den Füßen auf den Boden, stampft quasi stereo, und fuchtelt mit den Armen. Jajaja, sagt man und winkt ab. Irgendwie ist man über die Jahre zu müde geworden, um noch auf das Männchen zu hören, den Gnom, der nur darauf wartet, mal wieder so richtig einen drauf zu machen, wenn man gerade nicht hinschaut. Bevors uns noch zu wohl wird hier. Irgendwie hat man sich wohl doch entwickelt, auch wenn man es aus dem Moment heraus vielleicht nicht sehen kann (oder will). Es könnte ja doch durchaus sein, dass man ein, zwei Dinge richtig gemacht hat in seinem Leben. Die Masse der Dinge, die diesen zwei gegenüber stehen, wirkt aber immer noch so anheimelnd wie die Sohle des Wanderstiefels von unten auf die Ameisenkarawane wirken dürfte, man fühlt sich irgendwie fad und zäh wie alter Kaugummi. Du hast doch noch das ganze Leben vor dir! orakelt Omma demgegenüber und man ist sich nicht ganz sicher, ob man lachen oder weinen soll deswegen, und entscheidet sich dafür, beides gleichzeitig zu tun, leichte Schräglage zur Hysterie, was soll man da nur machen [Umziehen! Umziehen! kreischt das Männchen. Wir schweigen und nehmen einen wohl überlegten Schluck Wein.].
Vielleicht sollte man einfach ins Bett gehen. Oder mehr Wein trinken. Oder beides. Vielleicht sollte man sich nachts nicht auf Brücken stellen und dabei Pink Floyd hören (hey, sie lag auf dem Weg, ja). Vielleicht sollte man einfach mal aufhören, so viel nachzudenken, und einfach machen. Vielleicht kommen wir dann ja irgendwann wirklich zu Kapitel zwei.


Immer noch Anfang Dezember, später.
Mäandernde Gedanken running rampant.
Auch nachts sind Schäfchenwolken am Himmel, nur dunkler

Spätestens wenn man merkt, dass man sich selbst nicht mehr mag manchmal sollte man vielleicht mal über Reklamation nachdenken. Oder, Renovierung -

Glück ist, wenn man morgens aufsteht und weiß, warum.
Glück ist, wenn man morgens gar nicht erst aufstehen muss.
Glück ist, wenn man zu spät an den Bahnhof kommt und merkt, dass der Zug auch Verspätung hat.
Glück ist eine Flasche Rotwein.
Glück ist ein lieber Mensch, der tatsächlich freiwillig seine Zeit mit einem teilt und das, obwohl er bereits gemerkt hat, was für ein hoffnungsloser Weirdo man ist.
Glück ist, ein Dach über dem Kopf und genug Geld zum leben zu haben.
Glück ist -
zu merken, was für ein Glück wir eigentlich haben, diesen Mist hier lesen zu können, diesen Mist schreiben zu können, die Zeit zu haben, uns mit Unwichtigkeiten wie Blogs zu beschäftigen.

Glück ist der richtige Film zur richtigen Zeit, die richtige Musik im rechten Moment; Glück ist jetzt, ob ich es glaube oder nicht.
Glück ist, Dinge wieder tun zu können, die man bereits abgehakt hatte. Glück ist, jemanden zu finden, der mit einem weglaufen würde, um den Rest zu vergessen, nur nicht bleiben, gehen, ohne zu sagen, warum -

Glück ist - jetzt. Mehr als sonst, mehr als zuvor. Auch wenn man es nicht merkt, nicht wahrhaben kann oder will, nicht sieht, schmeckt oder riecht - hier, das ist Glück. When the lucky break hits it's like being Cinderella and hopefully midnight doesn't come.

Glück ist glauben ans Warum. Glück ist eine durchwachte Nacht in der Großstadt. Glück ist der Sonnenaufgang, der darauf folgt. Glück ist das Meer und der Verkehr, der an der Ampel steht, die Musik, die durch die Nachtluft hallt, Glück ist, ganz vorne an der Theke zu stehen und Glück sind Freunde, die einen auffangen, wenn das zu oft vorkam in einer Nacht. Glück ist der seltene Vogel, der sich auf deiner Schulter niederlässt, ein paar Takte in dein Ohr singt und weiterfliegt - Glück ist weglaufen und ankommen und wieder weiter gehen. Glück ist die Suche und nochmals die Suche; und wenn ich jemals behaupte, gefunden, gefunden, zu haben, dann schlagt mich, schlagt mich weich wie Kompott, denn niemand findet, niemand weiß - Glück ist die Unwissenheit und der Zweifel und die Aussicht auf mehr, mehr Leben, mehr Menschen, mehr Welt; denn nichts wenn nicht das spornt uns an, weiterzumachen.

Glück ist JETZT; Glück ist immer irgendwo, irgendwie. Nur meistens sieht man es nicht.

-

Die Sinuskurve. Vereinzelte Blätter hängen noch stoisch am Zweig und wehren sich aufmüpfig gegen das Fallen, sieben Stockwerke, wer kanns ihnen verübeln. Das Geschrei auf dem Fussballfeld ist abgeebbt, vielleicht kommen sie später wieder. Alles wird ganz leise und der Tee wird kalt.
Und ob ihrs glaubt oder nicht, die Dämonen, die an meinem Fenster kleben, wollen auch nur leben.

*salutes.



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