Sonntag, 27. Mai 2012

Sprachloser Text ohne Worte


Heute sage ich gar nichts und bediene mich stattdessen der Worte eines anderen, weil es gerade einfach nicht geht, das selber Dinge sagen; meine Worte sind irgendwo zwischen früher und jetzt stecken geblieben und müssen erstmal alles realisieren, bevor sie sich wieder zu, ja, Wort melden. Außerdem ist so ein bisschen literarische Bildung ja nie ganz deplatziert, zumal mein Kopf schon weiß, was es zu sagen gilt, aber die Worte nun mal nicht wollen; und der gute Erich schafft das ganz hervorragend an deren Stelle, wie ich finde. Hier nun also fremder Federschmuck und als einzige konkrete Aussage meinerseits heute ein Danke, auch wenns nicht so ganz die acht Jahre waren- trotzdem.

Sachliche Romanze

Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen: sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wußten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingen ins kleinste Café am Ort
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.

(Erich Kästner)


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